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Maenner wie Tiger

Maenner wie Tiger

Titel: Maenner wie Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Catto
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ich sah, am Motor. »Es nützt nichts, Leo!« sagte ich. »Man kann ihnen nichts sagen. Soll sie der Teufel holen!« In meiner Erinnerung tauchte ein Satz auf, den ich in der Schule gehört hatte. »Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens«, zitierte ich.
    Regen begann auf uns niederzuprasseln. So rasch ich konnte, lief ich zum Lazarett.
     
    Man ließ mich nicht schlafen. Kaum war ich eingenickt, weckte mich Leo, nicht zu brutal: Er hielt mir die Nase zu. »Hol den Priester!« sagte er.
    »Was ist?«
    »Tomasino.«
    »Geht er hinüber?«
    »Hol den Priester, sag’ ich dir!«
    Es hatte zu regnen aufgehört, der Mond versuchte durch Wolkenfetzen zu dringen. Ich hastete zum Rockefeller-Hotel hinüber. Der Boden war aufgeweicht, dicke Tropfen platschten von den Bäumen.
    Ein Mann schlüpfte aus dem Dunkel, sachte, einer Katze gleich, die sich einschmeicheln will. Er faßte mich beim Arm. »Senhor Juan!« Es war Charley.
    »Du?«
    »Senhor Juan, ich bitte Sie!«
    »Laß mich! Ich mag dich nicht sehen!«
    »Ich bin unschuldig!«
    »Auch gut. Unschuldige sterben bald. Für dich war’s ohnedies das beste.«
    »Wer hätte das gedacht? Ich schwör’ Ihnen: Ich hatte keine Ahnung. Die Mädchen …«
    »Ich hab’ andere Sorgen. Laß mich los! Es geschieht dir nur recht!«
    »Ich fürchte mich, Senhor Harry unter die Augen zu kommen. Er wird mich umbringen.«
    »Was geht’s mich an? Du kannst dich ja im Urwald verkriechen.«
    Vor dem Rockefeller-Hotel schüttelte ich ihn ab und ging hinauf. Im Vorraum war es dunkel. Ich wußte nicht, in welchem Zimmer Pater Luis sein würde. Zuerst suchte ich ihn in meinem. Dort fand ich die Mädchen: zwei auf dem Bett, eine auf einem Stuhl. Der Priester trat hinter der Tür hervor, leise, wie ein Gespenst. Das Herz sprang mir in den Mund. Er legte den Zeigefinger auf seine Lippen.
    »Man braucht Sie im Lazarett«, flüsterte ich. »Er stirbt.«
    »Ach so.«
    Er blieb stehen, blickte auf die schlafenden Mädchen und ließ den Tod warten. Erst dann holte er den Behälter mit Meßgeräten und ging mit mir hinunter. Dort drückte sich Charley ins Dunkel der Veranda wie ein verprügelter Hund.
    »Warten Sie hier auf mich!« befahl mir Pater Luis.
    Ich hatte nasse Füße, ich spürte mein Alter. »Der soll warten«, antwortete ich und zeigte auf Charley.
    Pater Luis sah ihn zögernd an. »Warten Sie hier, bis ich wiederkomme?« fragte er.
    »Ja, bis Sie wiederkommen, ehrwürdiger Vater«, wiederholte Charley beflissen. Eine winzige gute Tat, dachte ich. Wenigstens für eine seiner vielen Sünden will er büßen.
    »Tomasino wird nicht warten!« mahnte ich Pater Luis. »Rasch! Kommen Sie!«
    Wir eilten ins Lazarett hinüber. Noch bevor wir das Krankenzimmer betraten, konnten wir Tomasino hören, der nach Luft rang. Ich wollte bei der Türe bleiben. Luke stand neben dem Bett, machtlos und grimmig, wie mir schien. »Sie können jetzt gehen!« sagte ihm der Priester. Luke war mit dem irdischen Tomasino fertig. Er zuckte die Achseln und ging mit mir unters Vordach.
    »Eigentlich sollten Sterbende mehr Sinn für Dankbarkeit haben«, sagte Luke. »Aber sie suchen sich immer die tiefste Nacht aus.«
    »Wohin gehst du?«
    »Zu Leo hinüber. Ich brauch’ einen Drink. Ein paar Finger hoch sind noch drin in dieser Flasche da.«
    »Du wirst doch nicht Tomasino allein lassen?«
    »Ach was! Jeder muß allein damit fertig werden.«
    Drinnen im Krankenzimmer konnte ich den Priester hören, der jetzt seine Stimme erhob, rasch, eindringlich, ich konnte Tomasinos gebrochene Antworten hören.
    »Luke, trotzdem …«
    » Hör auf zu quengeln! Ich hab' jetzt zwei Nächte bei ihm gewacht. Jetzt soll Gott bei ihm wachen.«
    Lauschend spähte Luke über den Platz. »Hör sie dir an!« Im Tagraum drüben tobte es. Fenster klirrten, so heftig dröhnte die Musik. Drinnen tanzten sie, Männer mit Männern. »Das ist wirklich eine tolle Nacht!«
    »Übergeschnappt sind sie«, sagte ich. Das war denn doch zu viel. »Es ist ja nur Dampf, den sie ausstoßen«, sagte Luke. »Keine Angst. Nur Dampf. Was denn sonst? Wie Eiter«, fuhr er fort, »den muß der Körper auch ausstoßen.«
    Wie allerdings, das sagte Luke nicht. Er blickte zum Rockefeller-Hotel hinüber. Die Fenster oben waren dunkel.
    »Komm mit, wenn du willst.«
    »Nein, ich will hier warten«, antwortete ich.
    Müde, vornübergebeugt und mit schlaffen Schultern trottete er hinüber in den Lichtschein der Baracke und verlor sich dann im Dunkel.
    Auch ich

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