Maennerfallen - Ein Mira-Valensky-Krimi
Ich bedanke mich artig und setze mich. Sieht so aus, als wäre am Podium Platz für vier Leute. Noch ist von Seifried nichts zu sehen. Mitarbeiterinnen von Alpha Books versuchen, die Journalisten zu beschwichtigen, ihnen Plätze zuzuweisen, sehen immer wieder auf die Uhr, wirken überfordert. Ist ja auch kein Wunder. Derartige Pressekonferenzen sind im Verlagsgeschäft selten. Üblicherweise kommen Redakteure, die sich über einen Termin mit dem Autor freuen, angenehme Fragen stellen, vielleicht etwas mehr übers Privatleben wissen wollen, als ihr Gegenüber preisgeben will, aber das ist es dann auch schon. – Wen hat Farah Seifried mit? In einer Minute ist es sechzehn Uhr. Ich gehe einmal davon aus, dass die Deutschen pünktlich sind. Anders als wir im kleinen schlampigen und für sie südländischen Österreich. Oder zumindest Ostösterreich. Ich hätte Regina verständigen sollen. Aber der Termin ist offiziell ausgeschrieben, also wird die Redaktion schon jemanden schicken. Oder will mir der Fotochef eins auswischen? So weit geht er wohl doch nicht. Trotzdem: Keiner zu sehen von unserer Crew.
Die Flügeltüren gehen auf. Eine Horde von Fotografen und Kameraleuten mit Scheinwerfern und Blitzlichtern im Rückwärtsgang. Sie müssen die Verlagsleute irgendwo draußen erwischt haben. Wieder einmal frage ich mich, ob ich bei so etwas mitspielen will. Es sieht so aus, als wäre dieser Chefinspektor Salcher in Ordnung. Soll er also ermitteln. Die Medienhysterie hat nichts mit der Empörung über eine der allerschlimmsten Straftaten zu tun, nur mit der Sensation, die eine versuchte Vergewaltigung in diesem speziellen Fall ist.
Ich bleibe trotzdem. Die Kameraleute verteilen sich vor, hinter, neben dem Podium. Plötzlich eine laute Stimme: „Wenn nicht alle Medienvertreter sofort den Podiumsbereich verlassen, gehen wir wieder.“ Das ist Farah Seifried. Anders als gestern klingt sie autoritär und selbstbewusst.
Noch immer wird wie verrückt gefilmt und fotografiert, aber die Meute zieht sich zurück, zumindest bis vor die erste Stuhlreihe. Ich stehe auf. Jetzt kann ich sehen, warum der Einzug der „Alpha“-Leute derart große Aufregung verursacht hat: Neben Seifried sitzt Thomas Pauer, neben ihm seine Frau. Sie hält ihn an der Hand, so, dass alle es sehen können. Ist sie freiwillig da? Sie tut mir leid. Sie sieht sehr jung aus, jünger als auf den wenigen Pressebildern, die es von ihr gibt, jünger als sechsundzwanzig. Und dann ist da noch ein Mann, den ich nicht kenne.
„Einen schönen Nachmittag, meine Damen und Herren. Üblicherweise haben unsere Pressekonferenzen einen anderen, weit angenehmeren Zweck. Da stellen wir Bücher vor. Aber wir wollen uns auch dann nicht den Medien verweigern, wenn es um unfreundliche, um nicht zu sagen kriminelle, Anschuldigungen geht.“ Die Verlagschefin redet frei.
„Ich fasse die wichtigsten Fakten zusammen: Thomas Pauer hat sich gestern um zwanzig Uhr mit einer Studentin der Publizistik getroffen, um ihr ein Interview für eine Hausarbeit zu geben. Die Initiative zu diesem Treffen ging allein von ihr aus. Die Begegnung …“
Hat sie alles einstudiert oder ist sie wirklich derart beherrscht, dass sie auch unter diesen Umständen geschliffen formulieren kann?
„… fand in seiner Hotelsuite statt, so wie die meisten der vielen Treffen, die Thomas Pauer bei seinem Wienaufenthalt zu absolvieren hatte. Die Suite hat einen eigenen Büroraum. Die Tür zum Schlafzimmer war, nur um diversen Spekulationen vorzubeugen, geschlossen.“
Pauer sieht beinahe ausdruckslos auf die versammelten Medienleute. Rummel ist er gewohnt, so einen aber nicht. – Hat sie ihm ein Beruhigungsmittel gegeben? Muss man so etwas durchstehen, wenn man ein „echter Mann“ ist? Seine Frau hat große helle Augen, sie starrt konzentriert geradeaus.
„Die Studentin hat zuerst einige Fragen gestellt. Plötzlich hat sie angefangen, meinem …“ Sie stockt. – Meinem was? Was wollte sie sagen?
„… Herrn Thomas Pauer eindeutige Avancen zu machen. Sie hat gemeint, dass sie noch nie so richtig guten Sex gehabt habe, und ob das stimme, was er in seinem Buch geschrieben hat. Er hat versucht, höflich abzuwehren, aber sie wurde immer aufdringlicher.“
Pauer nickt langsam mit dem Kopf.
„Als er sie schließlich gebeten hat, zu gehen, begann sie, mit Gegenständen zu werfen, sich auszuziehen und Herrn Pauer auch körperlich zu attackieren.“
Hinter mir höre ich leises Kichern. „Wenn sie uns jetzt
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