Maennerschlussverkauf - Roman
ganz furchtbar leidtue, dass wir aus Versehen irgendwie in der falschen Suite gelandet sind. Ob das hier nicht die Nummer 904 sei? Und dass wir wohl vorhin einfach statt links rechts hätten langgehen müssen. Verschwörerisch fügte ich mit einem neckischen Augenzwinkern hinzu, dass ich rechts und links andauernd verwechsle.
So was schweißt Frauen meist direkt zusammen, denn warum sollte es Stacey Fairy da anders gehen als mir und neunundneunzig Prozent der weiblichen Weltbevölkerung?
Entsprechend erwartungsvoll strahlte ich den Popstar an, doch sie musterte mich nur mit Augen, die mich irgendwie an die von Verena erinnerten, und erwiderte recht einsilbig: »Fuck you!«
Das war anscheinend das Stichwort für ihre Bodyguards, denn im nächsten Moment packte einer von ihnen mich am Arm, zwei weitere stürzten sich auf das Kamerateam, und in Sekundenschnelle hatten sie uns aus der Suite befördert. Allerdings ohne uns vorher die Kamera abzunehmen …
»Was zum Teufel hast du dir bloß dabei gedacht?!«, schreit Verena mich in diesem Moment zum vermutlich neunundneunzigsten Mal an, während sie in ihrem Glaskastenbüro wie eine böse Königin in ihrer Folterkammer thront.
Neben ihr sitzt eine recht zufrieden dreinschauende (auch wenn sie versucht, das zu verbergen) Vanessa mit verschränkten Armen und fixiert mich mit ihren Schlangenaugen, während Vampirella kurz davor ist, mir eine zu kleben. Zumindest fühlt es sich so an.
»Das Interview dürfen wir im Leben nicht mehr ausstrahlen!!!! Wahrscheinlich dürfen wir nie wieder IRGENDETWAS von Stacey Fairy ausstrahlen!!!! DAS IST EINE KATASTROPHE !!!!!«
Ich rutsche tiefer in meinen Sitz und wünsche mir auf der Stelle einen Unsichtbarkeitsumhang oder so etwas in der Art herbei. Die Begrüßung in der Redaktion hatte ich mir nun wahrlich anders vorgestellt. Aber schon, als Vanessa in der Hotellobby meine Geschichte gehört hat, ist sie leichenblass geworden, hat sofort Verena angerufen und ist schnurstracks mit mir zurück in den Sender gefahren. Jetzt sitze ich hier wie eine Schwerverbrecherin und lasse mir von einer Vampirin und ihrer Beachbabe-Assistentin das Fell über die Ohren ziehen. Von der Möchtegernjuristin über die Starreporterin zur Schwerverbrecherin. Die Karriere, die ich in den letzten zwei Tagen hingelegt habe, ist schon – wenn auch auf eine sehr zweifelhafte Art und Weise – sehr beeindruckend.
»Anna!!!! So heißt du doch????«, reißt Verena mich aus meinen Überlegungen, »Anna, wie lange bist du bei uns? Den zweiten Tag? Und ruinierst schon unsere gesamte Sendung??? Anna, du bist so was von gefeu…!«
Weiter kommt sie nicht, denn in dem Moment reißt Leonie die Tür zum Büro auf, stürzt herein und brüllt völlig außer Atem: »Das Management von Stacey Fairy hat eben angerufen, sie wollen unbedingt, dass wir die Bilder von der Suite bringen, und zwar alle – in einer Exklusivstory mit Interview! In einer Umfrage ist wohl rausgekommen, dass Stacey ihren Fans nicht authentisch genug ist, und jetzt wollen sie sie ganz echt präsentieren, mit allen Fehlern, Bauch-weg-Höschen und so weiter. Damit die Frau auf der Straße sich wieder mit ihr identifizieren kann oder so. Die Plattenverkäufe sind wohl rückläufig …« Nicht ohne Triumph blickt Leonie in die Runde und zwinkert mir heimlich zu.
Ich beginne unwillkürlich von meiner Schockstarre in ein breites Grinsen überzugehen und beobachte mit Genugtuung, wie sich auf Vanessas Gesicht das genaue Gegenteil abspielt. Die Vampirella scheint leicht verwirrt zu sein, fängt sich aber recht schnell wieder.
»Nun gut, wenn die das so wollen …«, meint sie. »Also, uns soll es ja recht sein, nicht?« Sie sieht mich an. »Glück gehabt, Anna! Versteh einer die Stars … Und jetzt raus aus meinem Büro, ich habe zu tun.«
Das lasse ich mir nicht zweimal sagen, springe wie aus der Pistole geschossen auf, murmele ein schnelles »Danke« und husche erleichtert hinter Leonie aus der Tür.
Draußen empfangen mich ein bis über beide Ohren grinsender Manuel und lautes Getuschel, das eher ehrfürchtig als böse klingt. Anscheinend hat sich die Nachricht vom Exklusivbeitrag wie ein Lauffeuer verbreitet. Ein paar Redakteure fangen sogar an zu klatschen.
»A star is born!«, sinniert Manuel andächtig und schließt mich in die Arme.
Ich muss unwillkürlich lachen und will ihm einen Klaps auf den Hintern geben, doch mitten in der Bewegung halte ich inne – hinter Manuels Rücken steht Tom und
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