Märchen aus 1001 Nacht
mit dem Beutel voll Gold nach Hause und da ich fand, dass alle ausgegangen waren, nahm ich zehn Goldstücke und tat den Rest zugleich mit dem Beutel in einen groÃen irdenen Krug voll Kleie, der seit langer Zeit in einem Winkel des Zimmers gestanden hatte, um die Sache vor meinem Weib und meinen Kindern geheim zu halten. Als ich jedoch auf dem Basar war, mir etwas Hanf zu kaufen, kehrte meine Frau zurück und gleich hernach kam ein Mann zu ihr, der Walkererde zum Haarwaschen verkaufte. Da sie sie brauchte, jedoch nichts zum Bezahlen hatte, ging sie zu dem Mann heraus und sagte: âMir ist alles Geld ausgegangen, doch besitze ich etwas Kleie; sag mir, willst du sie für deine Tonerde nehmen?â Der Mann willigte ein und so nahm meine Frau die Erde von ihm und gab ihm dafür den Krug voll Kleie, mit dem er dann seines Weges ging. Wenn ihr nun fragt: âWarum vertrautest du die Sache nicht deinem Weibe an und sagtest ihr, dass du das Geld in den Krug getan hättest?â, so antworte ich meinerseits, dass ihr mir einschärftet, das Geld diesmal aufs sorgfältigste zu hüten und mich in Acht zu nehmen. Ich glaubte, ich hätte das Geld an der sichersten Stelle untergebracht und mochte meinem Weibe nichts davon sagen, damit sie nicht etwas davon nähme und für den Haushalt ausgäbe. O meine Herren, ich bin von eurer Güte und Huld überzeugt, doch Armut und Notdurft stehen in meinem Schicksalsbuch geschrieben. Wie kann ich da auf Reichtum und Wohlergehen hoffen? Solange ich jedoch den Odem des Lebens atme, werde ich eure hochherzige Huld nicht vergessen.â Da sagte Saadi: âMir scheint, ich habe vierhundert Aschrafis zwecklos ausgegeben, indem ich sie dir schenkte; die Absicht jedoch, in der ich sie dir gab, war die, dass du aus ihnen Nutzen ziehen solltest und nicht, um Ansprüche auf dein Lob und deine Danksagungen zu erheben.â So empfanden beide Mitleid mit mir und bedauerten mich in meinem Missgeschick, worauf Saad, ein rechtschaffener Mann, der mich seit Jahren kannte, eine Bleimünze, die er von der StraÃe aufgehoben hatte und in seiner Tasche trug, hervorholte und, nachdem er sie Saadi gezeigt hatte, zu mir sagte: âSiehst du dieses Bleistück? Nimm es und durch die Gunst des Schicksals sollst du sehen, was für Segen es dir bringen wird.â Als Saadi es gewahrte, lachte er und spottete darüber und sagte foppend: âWas für einen Nutzen soll Hassan von diesem Deut Blei haben und wozu soll es ihm dienen?â Saad versetzte jedoch, indem er mir das Bleistück reichte: âAchte nicht auf Saadis Worte, sondern behalte es. Lass ihn lachen, wenn es ihm beliebt; eines Tages wird es, so Allah, der Erhabene, will, geschehen, dass du durch dies Stück ein reicher und groÃer Mann wirst.â
Ich nahm das Stück Blei und steckte es in meine Tasche, worauf sich die beiden von mir verabschiedeten und ihres Weges gingen. Sobald sie mich verlassen hatten, machte ich mich wieder ans Werk und drehte Seile, bis die Nacht hereinbrach; und als ich meine Sachen auszog, um mich zu Bett zu legen, fiel das Stück, das Blei, das mir Saad gegeben hatte, aus der Tasche, worauf ich es aufhob und es achtlos in eine kleine Wandnische legte. In derselben Nacht aber traf es sich, dass einer meiner Nachbarn, ein Fischer, eine kleine Geldmünze nötig hatte, um sich etwas Garn zum Ausbessern seines Schleppnetzes zu kaufen, was er während der dunkeln Stunden zu tun gewohnt war, um vor Anbruch der Dämmerung Fische zu fangen und von dem Erlös seines Fanges für sich und seine Familie Lebensmittel zu kaufen. Da er noch in der Nacht aufzustehen pflegte, befahl er seiner Frau, die Runde bei ihren Nachbarn zu machen und eine Kupfermünze zu borgen, um sich das erforderliche Garn zu kaufen; und die Frau ging von Haus zu Haus, doch konnte sie nirgends einen Heller geborgt erhalten, bis sie schlieÃlich müde und enttäuscht heimkehrte. Da fragte sie der Fischer: âWarst du auch bei Hassan, dem Seiler?â Sie versetzte: âNein, ich hab es nicht bei ihm versucht. Sein Haus ist das entlegenste aller Nachbarhäuser und glaubst du wohl, dass ich, wenn ich dorthin gegangen wäre, etwas gebracht haben würde?â Da rief der Fischer: âFort mit dir, du faulstes aller Weiber und nichtsnutziger Trottel! Mach dich auf der Stelle auf den Weg, vielleicht hat er ein Kupferstück, uns zu borgen.â Infolgedessen verlieÃ
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