Märchen aus 1001 Nacht
hatte, begleitete den Hauptmann, um ihm das Haus zu zeigen. Er führte ihn geradewegs dorthin und zeigte ihm das Zeichen, indem er sprach: âHier wohnt der, den wir suchen.â Als sich der Hauptmann jedoch umblickte, sah er, dass alle Häuser die gleichen Kalkzeichen trugen, sodass er verwundert fragte: âWoher weiÃt du, welches von all den Häusern, die das gleiche Zeichen tragen, das Haus ist, von dem du sprichst?â Da wurde der Räuber aufs Tiefste bestürzt und vermochte zuerst keine Antwort zu geben; dann schwur er hoch und teuer: âIch machte ganz gewiss ein Zeichen an eine der Türen und weià nicht, woher es kommt, dass all die anderen Türen ebenfalls gezeichnet sind; auch weià ich nicht bestimmt, welches Haus ich zeichnete.â Hierauf kehrte der Hauptmann zum Basar zu seinen anderen Leuten zurück und sagte zu ihnen: âWir haben uns umsonst gemüht und geplagt und haben das Haus, das wir suchten, nicht gefunden. Lasst uns jetzt zum Wald zu unserem Stelldichein zurück kehren; ich will ebenfalls dorthin kommen.â Da zogen alle ab und versammelten sich in der Höhle; und als alle Räuber vollzählig erschienen waren, verurteilte der Hauptmann den Räuber, der gelogen und sie vergeblich in die Stadt geführt hatte, als schuldig und lieà ihn töten. Dann sprach er: âDem von euch, der zur Stadt geht und mir solche Kundschaft bringt, dass wir Hand an den Räuber unsres Gutes legen können, will ich ganz besondere Huld erweisen.â Da trat ein andrer aus der Schar vor und rief: âIch bin bereit, hinzugehen und Erkundigungen einzuziehen und ich will dir zu deinem Wunsch verhelfen. â Der Hauptmann gab ihm Geschenke und VerheiÃungen und schickte ihn aus; und der Beschluss des Schicksals, dem sich niemand zu widersetzen vermag, wollte es, dass dieser zweite Räuber ebenfalls zum Hause des Schneiders Baba Mustafa, wie der erste Räuber, gelangte. Er überredete den Schneider in der gleichen Weise mit Goldstücken, ihn mit verbundenen Augen zu leiten und so wurde er gleichfalls zu Ali Ba- bas Tür geführt. Als er hier das Werk seines Vorgängers gewahrte, machte er auf den Pfosten ein Zeichen mit rotem Kalk, um so das Haus besser von den anderen, die noch das weiÃe Zeichen trugen, zu unterscheiden. Dann schlich er sich heimlich zu seinen Gefährten zurück. Mardschane aber entdeckte wiederum das rote Zeichen an der Tür und markierte in schlauer Vorsicht alle anderen Häuser in der gleichen Weise, ohne einem zu sagen, was sie getan hatte. Inzwischen war der Räuber bei seinen Kameraden eingetroffen und sprach, sich rühmend: âO Hauptmann, ich habe das Haus gefunden und es so gekennzeichnet, dass ich es von allen anderen unterscheiden kann.â Als sie nun aber wieder zur Stadt kamen, fanden sie alle Häuser mit rotem Kalk gezeichnet, sodass sie zum zweiten Mal enttäuscht umkehrten und der Hauptmann den Spion im höchsten Verdruss ebenfalls töten lieÃ. Alsdann sprach er bei sich: Zwei Leute haben sich vergeblich bemüht und ihre gerechte Strafe erhalten; ich bin überzeugt, dass kein anderer es versuchen mag, ihre Nachforschungen fortzusetzen und will mich deshalb selber aufmachen und das Haus jenes Burschen ausfindig machen. Hierauf machte er sich auf den Weg und fand mit Hilfe des Schneiders Baba Mustafa, der bei diesem Geschäft eine Menge Goldstücke eingeheimst hatte, Ali Ba- bas Haus. Er machte an demselben jedoch kein äuÃeres Zeichen, sondern prägte es sich auf der Tafel seines Herzens und der Seite seines Gedächtnisses ein, worauf er in das Dickicht zurückehrte und zu seinen Leuten sagte: âIch habe das Haus gefunden und mir scharf ins Gedächtnis eingeprägt; es ist jetzt keine Schwierigkeit, es zu finden. Macht euch sofort auf, kauft mir neunzehn Maultiere und bringt sie hierher zugleich mit achtunddreiÃig groÃen Lederschläuchen, von denen der eine mit Senföl angefüllt ist. Ohne mich und die zwei, die getötet sind, zählt ihr siebenunddreiÃig Seelen; ich will einen jeden von euch gerüstet und bewaffnet in einen Schlauch stecken und will zwei auf je ein Maultier laden; auf dem neunzehnten Maultier soll ein Mann auf einer Seite in einem leeren Schlauch stecken und auf der anderen soll der volle Ãlschlauch hängen. Ich meinerseits will als Ãlhändler verkleidet die Maultiere in die Stadt treiben, dass
Weitere Kostenlose Bücher