Märchen aus 1001 Nacht
herbei und wendete sich nach rechts und links, worauf er auf den Baum, auf welchem wir saÃen, loskam und empor kroch. Als er meinen Gefährten er reicht hatte, verschlang er ihn bis zu den Schultern und ringelte sich mit ihm fest um den Stamm, dass ich hörte, wie seine Knochen im Leib des Drachen zerbrachen; nachdem er ihn dann vollends vor meinen Augen verschlungen hatte, kroch er wieder vom Baum herunter und verschwand, während ich die Nacht über auf dem Baum blieb. Bei Tagesanbruch stieg ich, infolge der ausgestandenen Ãngste und Schrecken wie ein Toter, vom Baum und wollte mich ins Meer stürzen, um von den irdischen Plagen erlöst zu werden; doch fiel es mir zu schwer, das Leben aufzugeben, da einem das Leben lieb ist. Und so nahm ich denn fünf breite Stücke Holz und band, so fest ich nur konnte, eines von ihnen quer über meine FüÃe, drei andere gleiche Stücke über meine linke und rechte Seite und meinen Bauch und zuletzt ein langes und breites Stück wieder quer über meinen Kopf, ähnlich dem ersten an meinen FüÃen. In dieser Weise, rings von Holz umgeben, warf ich mich der Länge nach auf die Erde und lag wie in einer Kammer da. Zur Nachtzeit erschien der Drache wie gewöhnlich und kam, als er mich gewahrte, auf mich zu. Da er mich jedoch wegen des Holzes, das mich von allen Seiten umgab, nicht verschlingen konnte, ringelte er sich um mich, während ich ihm, halbtot vor Furcht und Grausen, zusah; und wie er nun mir nirgends beikommen konnte, wich er bald zurück und kam bald wieder heran, jedesmal, wenn er mich verschlingen wollte, von meiner hölzernen Schutzwehr daran gehindert. Dies dauerte von Sonnenaufgang bis zum Anbruch der Morgenröte, bis er endlich, sobald es hell wurde und die Sonne aufging, in grimmigster Wut von dannen zog.
Sobald er meinen Blicken entschwunden war, streckte ich meine Hand aus und befreite mich aus dem Holz, infolge der Schrecknisse, die ich vor dem Drachen ausgestanden hatte, einem Toten gleich. Hierauf erhob ich mich und durchwanderte das Eiland, bis ich an seinen Strand kam, von wo ich plötzlich, wie ich aufs Meer ausschaute, fern auf hoher See ein Schiff gewahrte. Da riss ich einen groÃen Ast von einem Baum ab und schwenkte ihn unter lautem Geschrei; und die Schiffsleute sprachen, als sie mich sahen: âWir müssen schauen, was das ist; vielleicht istâs ein Mensch.â Hierauf kamen sie näher und als sie mein Rufen vernahmen, legten sie bei der Insel an und nahmen mich zu sich aufs Schiff. Auf ihre Fragen erzählte ich ihnen zu ihrer höchsten Verwunderung alle meine Erlebnisse von Anfang bis zu Ende und alle die Drangsale, die ich ausgestanden hatte, worauf sie mich mit einigen von ihren Sachen bekleideten und meine BlöÃe bedeckten; dann brachten sie mir etwas Speise und reichten mir, nachdem ich mich satt gegessen hatte, kühles SüÃwasser zu trinken, sodass sich mein Herz wieder aufrichtete, meine Seele sich erholte und tiefe Ruhe in mir einkehrte. Ich lobte Allah, den Erhabenen, der mich wieder zum Leben erweckt hatte, für seine überreiche Huld und dankte ihm und nachdem ich bereits des Unterganges gewiss war, wurde mein Mut wieder so ge- kräftigt, dass mir alles nur wie ein Traum vorkam. Wir reisten nun weiter und der Wind war uns mit Allahs, des Erhabenen, Erlaubnis günstig, bis wir zu einer Insel, welche den Namen Es-Sa- lahita führt, gelangten, wo der Kapitän das Schiff anlegte. Hier stiegen alle Kaufleute und Passagiere ans Land und holten ihre Waren hervor, um zu kaufen und verkaufen, während der Schiffsherr sich zu mir wendete und sagte: âHöre meine Worte: du bist ein armer fremder Mann und sagst, dass du groÃe Schrecknisse ausgestanden hast; ich möchte dir daher durch ein Geschäft zur Heimkehr in dein Land verhelfen, dass du mich dauernd dafür segnest.â Ich erwiderte: âSchön, der Segen soll dir zuteil werden.â Da sagte er: âWisse, mit uns reiste ein Mann, der uns abhanden kam und wir wissen nicht, ob er noch lebt oder bereits tot ist, da wir nie wieder etwas von ihm gehört haben. Nun möchte ich dir seine Ballen übergeben, dass du sie unter deine Obhut nimmst und hier auf der Insel verkaufst. Einen Teil des Ertrages sollst du als Entgelt für deine Mühe und den Dienst erhalten, den Rest aber wollen wir mit uns nach Bagdad nehmen und wollen uns dort nach seinen Angehörigen
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