Märchen aus 1001 Nacht
des Wesirs die Tür aufgehen hörte, erhob er sich vom Bett und kleidete sich an, da er wusste, dass niemand anders als der Sultan eintreten durfte. Es fiel ihm jedoch sehr schwer, da er sich noch nicht lange vom Abtritt getrennt hatte und sich noch gern ein wenig gewärmt hätte.
Als nun der Sultan bei seiner Tochter, der Herrin Bedr el-Budur, eingetreten war, küsste er sie zwischen die Augen und wünschte ihr guten Morgen, worauf er sie nach ihrem Bräutigam fragte und ob sie mit ihm zufrieden wäre. Sie gab ihm gar keine Antwort, sondern sah ihn böse an und erwiderte ihm auf seine wiederholten Fragen kein einziges Wort. Infolgedessen verlieà der Sultan sie wieder und begab sich zur Königin, der er mitteilte, was sich zwischen ihm und der Herrin Bedr el-Budur zugetragen hatte. Die Königin, die den Sultan nicht auf die Herrin Bedr el- Budur erzürnt fortlassen wollte, sagte zu ihm: âO König der Zeit, dies ist der Brauch der meisten Ehepaare; sie schämen sich nach der Hochzeitsnacht und sind ein wenig scheu. Nimm es ihr daher nicht übel, nach kurzer Zeit wird sie wieder zu sich kommen. Ich will jedoch selber zu ihr gehen und sie sehen.â Hierauf erhob sich die Königin und begab sich, nachdem sie ihre Sachen angelegt hatte, zu ihrer Tochter, der Herrin Bedr el-Budur. Sie trat auf sie zu, wünschte ihr guten Morgen und küsste sie zwischen die Augen, doch gab ihr die Herrin Bedr el-Budur nicht die geringste Antwort. Alsdann fragte die Königin sie: âMeine Tochter, was ist der Grund von diesem deinem Benehmen? Sag mir, was dir widerfahren ist, dass du mir keine Antwort gibst, wo ich zu dir komme und dir guten Morgen wünsche.â Da erhob die Herrin Bedr el-Budur ihr Haupt und sagte zu ihrer Mutter: âNimm es mir nicht übel, meine Mutter; es geziemte sich mir wohl, dich in aller Feierlichkeit und Verehrung zu empfangen, wo du mich mit deinem Besuch beehrst, ich bitte dich jedoch, den Grund für mein Benehmen anzuhören und zu schauen, wie diese Nacht die übelste war, die ich jemals zubrachte. Kaum hatten wir uns niedergelegt, meine Mutter, da hob jemand, dessen Gestalt uns unbekannt ist, das Bett auf und trug uns an einen finsteren, schmutzigen und schäbigen Ort.â Alsdann erzählte die Herrin Bedr el-Budur ihrer Mutter, der Königin, alles, was ihr während der verflossenen Nacht zugestoÃen war und wie man ihren Bräutigam fortgenommen hatte und sie allein geblieben war. Nach kurzer Frist sei dann ein andrer Jüngling gekommen und hätte sich an Stelle ihres Bräutigams niedergelegt, doch hätte er sein Schwert zwischen sich und sie gelegt, bis gegen Morgen derselbe, der sie fortgenommen hätte, wieder gekommen sei und sie in den Palast zurückgetragen hätte. Gleich darauf sei dann ihr Vater, der Sultan, eingetreten, doch hätte sie vor Furcht und Zittern weder das Herz noch die Zunge gehabt, mit ihm zu reden. Wenn ihr Vater, der Sultan, hierdurch verletzt sei, so bäte sie sie, ihm den Grund von ihrem Benehmen anzugeben, damit er es ihr nicht verüble und sie schelte, sondern entschuldige. Als die Königin den Bericht ihrer Tochter, der Herrin Bedr el-Budur, vernommen hatte, sagte sie zu ihr: âMeine Tochter, hüte dich, hiervon etwas vor irgendjemand verlauten zu lassen, damit es nicht heiÃt: Die Tochter des Sultans hat den Verstand verloren. Du hast sehr wohl daran getan, nichts hiervon deinem Vater zu sagen. Hüte dich, hüte dich, meine Tochter, dass er etwas hiervon erfährt.â Die Herrin Budur antwortete ihr: âMeine Mutter, ich habe zu dir mit gesunden Sinnen geredet und habe meinen Verstand nicht verloren. Dies widerfuhr mir und wenn du es mir nicht glaubst, so frag nur meinen Bräutigam.â Die Königin versetzte: âSteht jetzt auf, meine Tochter und schlag dir diese Wahngebilde aus dem Kopf; leg deine Sachen an und besieh dir die Hochzeitsfeierlichkeiten und Feste, die sie deinetwegen in der Stadt anrichten; hör auf die Trommeln und den Gesang und schau all die Dekorationen, die deiner Hochzeit zu Ehren gemacht sind, meine Tochter.â
Nach diesen Worten lieà die Königin auf der Stelle die Putzweiber kommen, welche die Herrin Bedr el-Budur ankleideten und zurechtmachten, worauf sich die Königin zum Sultan begab und ihm mitteilte, die Herrin Bedr el-Budur hätte während der Nacht allerlei dummes Zeug zusammengeträumt, weshalb er es
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