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Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm

Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm

Titel: Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wilhelm
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Nähe irgendwo einen Helden gibt?«
    Li Dsing antwortete: »Ja, ich weiß wohl einen, dem scheint die Herrschaft vom Himmel bestimmt zu sein.«
    »Und wer ist das?« fragte der andere.
    »Der Sohn des Herzogs Li Yuan von Tang. Er ist erst zwanzig Jahre alt.«
    »Könnt Ihr mich ihm einmal vorstellen?« fragte der Fremde.
    Und als Li Dsing es bejahte, fuhr er fort: »Die Zeichendeuter sagen, in Taiyüanfu sei ein besonderes Zeichen in der Luft. Vielleicht kommt es von jenem Manne her. Morgen könnt Ihr auf mich warten an der Fenyang-Brücke.«
    Nach diesen Worten stieg er auf sein Maultier und ritt weg, und zwar ging es so rasch, als flöge er davon.
    Das Wedelmädchen sprach: »Mit dem ist nicht gut Kirschen essen. Ich bemerkte, dass er anfangs keine gute Absicht hatte. Darum habe ich ihn durch die Verwandtschaft uns verbunden.«
    Darauf brachen sie miteinander auf nach Taiyüanfu, und an der genannten Stelle stießen sie richtig auf den Drachenbart. Li Dsing hatte einen alten Freund namens Liu Wendsing, der war ein Zeltgenosse des Prinzen von Tang.
    Er stellte den Fremden dem Liu Wendsing vor, indem er sprach: »Dieser Fremde kann aus den Linien des Gesichts weissagen und möchte den Prinzen sehen.«
    Liu Wendsing führte ihn daraufhin beim Prinzen ein. Der Prinz war in ganz einfacher Hauskleidung, hatte aber etwas Eindrucksvolles in seinem Wesen, das gegen alle anderen Menschen abstach. Als der Fremde ihn erblickte, da versank er in tiefes Schweigen und wurde aschfahl im Gesicht. Nachdem er einige Becher Wein getrunken hatte, verabschiedete er sich.
    »Das ist der wahre Herrscher«, sprach er zu Li Dsing. »Ich bin beinahe ganz sicher darüber, aber mein Freund muss ihn auch noch sehen.«
    Dann machte er einen bestimmten Tag mit ihnen aus und eine bestimmte Herberge.
    »Wenn Ihr vor dieser Tür dann dieses Maultier seht und daneben noch einen ganz mageren Esel, so bin ich mit meinem Freunde dort.«
    Am bestimmten Tag ging Li Dsing hin, und richtig sah er das Maultier und den Esel vor der Tür. Er raffte die Kleider zusammen und stieg ins obere Stockwerk hinauf. Da saßen der Drachenbart und ein Taoist beim Wein. Wie er Li Dsing erblickte, war er hocherfreut, hieß ihn sitzen und mit trinken. Als sie genug getrunken hatten, gingen alle drei zusammen wieder zu Liu Wendsing. Der spielte gerade mit dem Prinzen Schach. Der Prinz erhob sich ehrerbietig und forderte sie zum Sitzen auf.
    Sobald der Taoist sein leuchtendes und heldenhaftes Wesen sah, ward er bestürzt und begrüßte ihn mit einer tiefen Verbeugung, indem er sprach: »Das Spiel ist aus!«
    Beim Abschied sagte der Drachenbart zu Li Dsing: »Geht morgen nach Sianfu, und wenn die Zeit gekommen ist, so fragt nach mir an dem und dem Ort.«
    Damit ging er pustend weg.
    Li Dsing und das Wedelmädchen packten ihre Sachen zusammen, verließen Taiyüanfu und gingen nach Westen weiter. Zu jener Zeit starb Yang Su, und es erhoben sich große Wirren im Reich.
    Nach einigen Tagen kam Li Dsing mit seiner Frau an den vom Drachenbart bestimmten Ort. Sie klopften an eine kleine Holztür, da kam ein Diener heraus, der sie durch lange Gänge führte. Prächtige Gebäude erhoben sich vor ihnen, vor denen eine Schar von Sklavinnen standen. Sie traten in einen Saal, in dem die kostbarste Aussteuer aufgebaut war, die man sich denken konnte, Spiegel, Kleider, Schmuck, alles war von einer Pracht, wie sie auf Erden sonst nicht zu sehen war. Schöne Sklavinnen führten sie zum Bade, und als sie ihre Kleider gewechselt hatten, wurde ihr Freund gemeldet. Er trat herein, in Seide und Fuchsfelle gekleidet und glich in seinem Äußeren fast einem Drachen oder Tiger. Erfreut begrüßte er sie und rief auch seine Frau herbei, die von ausnehmender Schönheit war. Ein Festmahl wurde aufgetragen, und die vier setzten sich zu Tische. Der Tisch war bedeckt mit den kostbarsten Speisen, deren Namen sie nicht einmal kannten. Becher und Teller und alle Eßgeräte waren von Gold und Jaspis, mit Perlen und Edelsteinen geschmückt. Zwei Chöre von Musikantinnen bliesen abwechselnd Flöten und Schalmeien. Sie sangen und tanzten, und es war, als wären sie in den Palast der Mondfee versetzt. Die Regenbogengewänder flatterten, und die Tänzerinnen waren von einer Schönheit, die alles Irdische überstieg.
    Als sie einige Runden getrunken hatten, da befahl er den Dienern Betten herbeizubringen, auf denen gestickte seidene Decken ausgebreitet waren. Nachdem sie sich an allem satt gesehen hatten, überreichte

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