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Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm

Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm

Titel: Märchen aus China - Vollständige Ausgabe mit Anmerkungen in der Übersetzung von Richard Wilhelm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wilhelm
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Kost bekommen wie Blumen, wie Kräuter, wie Salbe, wie Zucker. Einen Rest davon hatten sie in die Hauptstadt mitgebracht; doch wie sie an die Luft kam, ward sie fest wie Stein. Der Kaiser befahl, sie in dem Schatzhaus aufzuheben. Dann verlieh er den drei Brüdern Rang und Titel und beschenkte jeden mit tausend Rollen feinen Seidenzeugs. Er ließ auch nachforschen, warum wohl jener Fischer, als er in die Höhle geriet, von den Drachen nicht umgebracht worden war. Da stellte sich heraus, dass seine Fischerkleidung mit Leinöl und Baumwachs getränkt war. Die Drachen hatten sich vor dem Geruch gefürchtet.

54. Hilfe in der Not
    Zwanzig Meilen östlich von Gingdschou ist der Mädchensee. Er hat einige Meilen im Geviert. Er ist von dichtem, grünem Gebüsch und hohen Wäldern rings umgeben. Sein Wasser ist klar und tiefblau. Oft zeigt sich darin allerlei Wundergetier. Die Leute der Umgegend haben dort einen Tempel errichtet für die Drachenprinzessin. In dürren Zeiten wallfahrten sie alle dahin, um zu beten.
    Westlich von Gingdschou, zweihundert Meilen weit, ist ebenfalls ein See, dessen Gott Tschauna heißt und viele Wunder wirkt. Zur Tang-Zeit war in Gingdschou ein Beamter namens Dschou Bau. In seiner Amtszeit begab es sich, dass im fünften Monat plötzlich Wolken sich erhoben, die sich wie Berge auftürmten, und zwischen denen Drachen und Schlangen sich wanden; die fluteten hin und her zwischen den beiden Seen. Sturm und Regen, Donner und Blitz erhoben sich, also dass Häuser einfielen und Bäume entwurzelt wurden. Auch wurden Menschen getötet und am Getreide großer Schaden angerichtet. Dschou Bau nahm die Schuld auf sich und betete zum Himmel um Verzeihung für das Volk.
    Am fünften Tage des sechsten Monats saß er in seinem Rathaus und sprach Recht. Da fühlte er sich plötzlich müde und schläfrig. Er nahm den Hut ab und legte sich aufs Kissen. Kaum hatte er die Augen geschlossen, da sah er einen Krieger in Helm und Panzer mit einer Hellebarde in der Hand vor den Stufen des Saales stehen, der meldete: »Eine Dame ist draußen, die einzutreten wünscht.« Dschou Bau befragte ihn: »Wer bist du denn?« Die Antwort war: »Ich bin Euer Torwart. In der unsichtbaren Welt pflege ich dieses Dienstes schon viele Jahre.« Unterdessen kamen zwei Grünröcke die Stufen herauf, knieten vor ihm nieder und sprachen: »Unsere Herrin ist gekommen, Euch zu besuchen.« Dschou Bau erhob sich. Da sah er liebliche Wolken, aus denen feiner Regen herunter rieselte, und ein fremder Duft bezauberte ihn. Plötzlich sah er eine Frau in einfachem Gewand, aber von ausnehmender Schönheit aus der Höhe hernieder schweben mit einem Gefolge von vielen Dienerinnen. Sie alle waren reinlich und schmuck und dienten der Frau wie einer Prinzessin. Als sie in den Saal trat, erhob sie die Arme zum Gruß. Dschou Bau trat ihr entgegen und lud sie zum Sitzen ein. Von allen Seiten strömten farbige Wolken heran, und purpurner Äther erfüllte den Hof. Dschou Bau ließ Wein und Speisen auftragen und bewirtete sie aufs Prächtigste. Die Göttin aber saß mit gerunzelten Brauen starr blickend da und sah recht traurig aus. Dann erhob sie sich, trat vor ihn hin und sagte errötend: »Ich wohne hier in der Nähe seit vielen Jahren. Unbill, die mir widerfahren ist, lässt mich die Schranken des Ziemlichen überschreiten und gibt mir den Mut, Euch eine Bitte vorzutragen. Doch weiß ich nicht, ob Ihr mich retten wollt.«
    »Darf ich hören, worum es sich handelt«, antwortete Dschou Bau. »Ich stehe Euch, wenn ich helfen kann, gerne zur Verfügung.«
    Die Göttin sprach: »Mein Geschlecht wohnt seit Jahrhunderten in der Tiefe des Ostmeers. Da traf uns das Unglück, dass unsere Schätze den Neid der Menschen erregten. So Pi-Los Ahn hat unseren Stamm durch Feuer fast gänzlich ausgerottet. Unsere Vorfahren mussten flüchten und sich verbergen, von einer Rache konnte keine Rede sein. Vor kurzem hat noch dazu unser Feind So Pi-Lo selbst einen kaiserlichen Brief in der Höhle des Dungting-Sees abgeben wollen. Unter dem Vorwand, Perlen und Schätze zu erbitten, wollte er in das Drachenschloss eindringen und unseren Stamm ausrotten. Zum Glück hat ein Weiser seine verräterische Absicht erkannt und ihn verhindert, hinzugehen. Statt seiner wurden Lo Dsï-Tschun und seine Brüder ausgesandt. Dennoch fühlen sich die Unseren vor künftigem Schaden nicht sicher. Darum verzogen sie zum fernen Westen. Mein Vater hat sich viel Verdienste um die Menschen erworben und ist dort

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