Märchen, Der Falke unter dem Hut ab 9 Jahre
Neugierde pikt, schlimmer als mich dein Flohbiß, verrate ich dir, was ich vorhabe. Ich gehe an den königlichen Hof, weil ich die traurige Prinzessin zum Lachen und Sprechen bringen will und weil ich dem wilden Schimmelhengst Schneeweiß die Hufe beschlagen soll. Gelingt mir das, werde ich bald König von Frankreich sein, und dann darfst du, falls du tust, was ich dir sage, mit meiner königlichen Erlaubnis den dicksten und faulsten Hofbeamten nach Herzenslust zwacken und beißen.“
„Recht so, wackerer Schmied. Du kannst auf mich zählen. Ich werde es mir in deinem Ohr einrichten und dich nicht mehr belästigen, aber wenn es an der Zeit ist und du brauchst mich, gibst du mir ein Zeichen.“
Nun wanderte der Schmied schnurstracks los, mit der Grille im Bart, mit dem Mäuschen auf dem Barett und dem Floh im Ohr, und stand schon wenige Stunden später vor dem königlichen Tor.
Die Diener und Mägde liefen zusammen und wollten sich ausschütten vor Lachen, doch Jean-Robert blieb völlig ernst und fragte: „Was seht ihr mich so an? Führt mich lieber zu eurer traurigen Prinzessin, es wird höchste Zeit, daß auch sie einmal lachen kann.“
„Dreh dich nur um“, rief der Torwächter, „da kommt unser König aus der Kirche, und neben ihm geht Prinzessin Tristesse.“
Jean-Robert, der Schmiedegeselle, ging beherzt auf die beiden zu und sagte: „Ich grüße dich, König von Frankreich, und bitte dich um die Hand deiner Tochter!“ Dann verneigte er sich vor der Prinzessin, blinzelte ihr zu und sagte: „Du gefällst mir über die Maßen, und das ist die allerletzte Minute, in der du trübselig vor dich hin blickst!“ Dann faßte er sich an den Bart, da begann die schwarze Grille zu zirpen, das Mäuschen ging mit allerliebsten Schritten auf dem Barett hin und her und begann zur Grillenmusik zu tanzen. Schon verzog die Prinzessin den Mund zu einem Lächeln, da zupfte Jean-Robert an seinem Ohrläppchen, der Floh sprang sogleich auf die Nasenspitze des Burschen und von dort mit einem Satz auf die der Prinzessin und stach und zwackte sie ganz gehörig.
„Au!“ schrie sie und abermals: „Au, was ist das?“
Der König blickte verblüfft auf seine Tochter, und die wunderte sich und sagte: „Ich kann ja sprechen?“
„So ist es!“ sagte Jean-Robert. „Und damit wäre die eine Hälfte der Aufgabe gelöst. Jetzt führt mich zu dem Schimmelchen Schneeweiß, damit ich es beschlage!“
Der König war noch so überrascht, wie schnell der Bursche die Aufgabe gelöst hatte, daß es ihm die Sprache verschlug. Doch da bat Prinzessin Jacqueline: „Vater, ich will nicht, daß man ihn zu dem wilden Schimmel führt. Vielleicht geschieht ihm ein Unglück, und dann habe ich wieder niemanden, mit dem ich lachen kann.“
Doch da hättet ihr unseren Schmiedegesellen sehen sollen.
„Was denn, du hast Angst, meine Schöne, daß mir euer Schimmelchen etwas tut? Ich bin ein Schmiedegeselle, und dazu ein ganz besonderer. Zeigt es mir! Das wäre ja gelacht, wenn ich nicht einen Hengst beschlagen könnte.“
Sie führten Jean-Robert zum Marstall und wiesen auf den schwervergitterten Käfig, in dem der schneeweiße Schimmel angekettet war.
„Ach, du allerherrlichstes Schimmelchen!“ rief der Schmiedegeselle und wieherte lustig und kräftig drauflos. „Was haben sie bloß mit dir gemacht! Angekettet, das schönste und edelste aller Tiere. Doch jetzt ist die letzte Minute deiner Gefangenschaft gekommen, denn ich bringe dir die Freiheit. Zuvor aber müssen wir deine zierlichen Füßchen etwas beschlagen.“
Damit legte er sein Ränzel vor dem Gitter nieder, die vier silberblanken Hufeisen und die zwanzig goldenen Nägel daneben und sagte: „Sieh her, was ich für dich mitgebracht habe. Diese Stümper wollten dich mit Eisen beschlagen, du aber sollst auf Silber und Gold gehen, wie es dir zukommt.“
Schneeweiß wieherte laut und kräftig, als der Schmiedegeselle die Tür aufmachte und ihm die Ketten abnahm. Doch als das Pferd die Nägel spürte und die Hammerschläge hörte, stellte es sich auf die Hinterbeine und wollte zuschnappen.
Flugs rief der Schmied: „Flink an die Arbeit, meine Freunde!“
Da sprang die Grille dem Schimmel in das linke Ohr und begann laut zu zirpen, das Mäuschen kletterte in das rechte Ohr und quiekte unentwegt. Die Mutter aller Flöhe aber kroch dem Pferd in die Nüstern und biß sich darin fest.
Das war auch Schneeweiß zuviel.
„Auf hören, auf hören!“ wieherte er. „Pfeif deine Freunde
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