Märchen, Der Falke unter dem Hut ab 9 Jahre
Elender! Möge dich die Erde verschlingen!“
„Du hast doch selbst gesagt: ,Was du erwischst, das schlachte.“ Und ich habe sie alle erwischt“, erwiderte der Knecht seelenruhig. „Aber ich sehe, du bist wütend?“
„Nein, nein, ich bin nicht wütend. Es tut mir nur leid, daß du die ganze Herde umgebracht hast.“
„Na schön, wenn du nicht wütend bist, so will ich auch weiter arbeiten“, sagte der Knecht.
Auf diese Weise arbeitete der jüngere Bruder mehrere Monate lang und brachte seinen Herrn zur völligen Verzweiflung, so daß er sich endlich entschloß, den Knecht wieder loszuwerden. Laut Vereinbarung sollte er bis zum ersten Kuckucksruf im Frühjahr bleiben.
Der Winter fing aber erst an, und bis zum ersten Kuckucksruf war noch eine lange Zeit. Der Herr grübelte lange und verfiel endlich darauf, dem Knecht einen Streich zu spielen.
Er führte seine Frau in den Wald, ließ sie auf einen Baum klettern und befahl ihr, laut wie ein Kuckuck zu rufen. Er selbst ging nach Hause und sagte dem Knecht, er solle mit ihm zur Jagd gehen. Kaum waren sie im Walde, da begann die Herrin laut zu rufen: „Kuckuck, Kuckuck!“
„Oh! da gratuliere ich dir! Der Kuckuck ruft, deine Dienstzeit ist um.“
Doch der Knecht durchschaute den Streich im Nu.
„Nein“, sagte er verwundert, „hat man so etwas schon gehört? Einen Kuckuck mitten im Winter? Ich muß ihn unbedingt töten, um zu sehen, was das für ein Vogel ist.“
Dabei legte er an und zielte genau auf den Baum, auf dem die Frau saß. Mit einem Schrei stürzte sich der Herr auf ihn und konnte ihn kaum davon abbringen, den Kuckuck zu erschießen.
„Daß dich der Teufel hole, du Räuber! Du hast mich ganz krank gemacht!“ „Du bist wütend, wie ich sehe?“ frohlockte der Knecht.
„Ja, ja, mein Lieber, ich bin wütend!“ platzte der Herr heraus. „Komm, ich zahle dir vertragsgemäß die zweitausend Rubel, aber laß mich in Zukunft ungeschoren.“
So bekam der jüngere Bruder seine zweitausend Rubel, bezahlte die Schulden seines Bruders und machte sich dann zufrieden auf den Heimweg.
Das geschwätzige Eheweib
Ein russisches Märchen
Ein armer Bauer hatte ein Eheweib, das war geschwätzig wie nie eins auf Erden. Nichts gab es, was die Frau für sich behalten hätte. Ihr brauchte bloß etwas zu Ohren zu kommen, schon wußte es das ganze Dorf.
Eines Tages ging der Mann in den Wald, baute eine Fanggrube für Wölfe und stieß beim Graben auf einen Schatz. Wer freut sich nicht über so ein unverhofftes Glück! Doch der Bauer erschrak. Wie bring ich ihn nach Hause, ohne daß es die Frau merkt? Was soll ich bloß tun? Hört sie davon, macht die Neuigkeit gleich die Runde. Am Ende erfährt es noch der Gutsherr, und dann heißt es: Ade, ihr Goldtaler. Der Herr nimmt sie mir samt und sonders fort. Mein der Wald, mein auch das Gold!
Also grübelt und grübelt er, bis er schließlich ersann, wie er’s am schlauesten anfangen könnte. Den Schatz grub er wieder ein, machte die Stelle kenntlich und wanderte seinem Hause zu.
Am Fluß sah der Bauer in seinem Fischnetz nach, das er dort ausgelegt hatte: Ein Hecht zappelte in den Maschen. Er nahm den Fisch heraus und setzte seinen Weg fort. Bald kam er zu seiner Hasenfalle, in der sich ein Hase gefangen hatte. Dreimal Glück an einem Tag, dachte er, bezwang sein Gelüst, holte das Tier heraus und klemmte statt seiner den Hecht in die Falle; den Hasen trug er zurück zum Netz und tat ihn hinein.
Spätabends kam er nach Haus.
„Mach Feuer im Herd, Tatjana, back Plinsen.“
„Warum denn, wieso?“ fragte das geschwätzige Weib. „Es geht schon zur Nacht, warum soll ich den Herd heizen? Und wo ist es Brauch, daß man Plinsen zur Nachtzeit bäckt? Wollen froh sein, wenn wir uns morgen eine Mittagsmahlzeit machen können.“
„Tu, was ich dich geheißen habe, und widersprich nicht! Hab heute einen Schatz gefunden, den müssen wir nachts hereinbringen. Mein Magen ist leer.“
Ach, wie freute sich da die Frau! Flugs machte sie Feuer im Herd und buk Plinsen.
„Iß, lieber Mann, solang sie heiß sind.“
Der Bauer aber aß eine Plinse, und dabei ließ er unbemerkt zwei oder drei in seinem Wegesack verschwinden.
„Du verschlingst aber heute Plinsen, Mann! Ich kann gar nicht so schnell backen, wie du ißt.“
„Der Weg ist weit, und der Schatz ist schwer, da muß ich mich stärken.“
Als der Sack bis oben hin mit Plinsen gefüllt war, sagte der Bauer: „Nun hab ich genug. Iß auch du, und dann wollen
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