Märchen unter dem Wüsenhimmel
enthoben, als sein Vater und seine Großmutter das Büro betraten.
„Ich gehe jetzt lieber, aber glaube nicht, dass dieses Thema beendet ist“, versprach Malik. „Ich will wissen, was in dich gefahren ist.“ Und damit schloss er die Tür hinter sich.
Der König und die Königmutter nahmen in den beiden Ledersesseln vor dem Schreibtisch Platz. Fatima sah wie immer wundervoll aus. An diesem Tag trug sie ein rotes Kleid, das ihre schlanke Gestalt betonte. Givon trug einen Anzug, wie gewöhnlich während des Arbeitstages. Abends oder an Wochenenden bevorzugte er die traditionelle Tracht von El Bahar, bestehend aus Hose und Hemd aus Baumwolle unter einer Robe.
„Was glaubt Malik denn, was in dich gefahren sein könnte?“, fragte Fatima.
„Nichts von Bedeutung.“
„Wir sind wegen Heather gekommen“, eröffnete der König auf seine übliche unverhohlene Art. „Es ist an der Zeit, dass du wieder heiratest, und sie ist die Braut, die ich für dich auserwählt habe.“
„Es spricht vieles für diese Verbindung“, warf Fatima ein und beugte sich zu Jamal vor. „Heather hat ein großes Interesse an der Geschichte von El Bahar. Sie liebt das Land und versteht die Sitten. Ihre Ausbildung in der Schweiz hat sie darauf vorbereitet, die sozialen Funktionen erfüllen zu können, die von ihr gefordert werden. Sie ist intelligent und gesund, und sie wünscht sich Kinder. Persönlicher gesehen, glaube ich, dass sie dich recht gern mag.“
„Sie kennt mich nicht gut genug, um mich zu mögen“, konterte Jamal. „Und darum geht es nicht. Heather ist, wie du gesagt hast, eine intelligente Frau. Sie ist nicht daran interessiert, zu diesem Zeitpunkt zu heiraten. Es sollte ihr freigestellt sein,sich ihren zukünftigen Ehemann auszusuchen. Lasst sie jemanden kennenlernen und sich verlieben.“
„Wer sagt denn, dass sie sich nicht in dich verlieben wird?“, wandte Fatima ein. „Du bist in mehr als nur einer Hinsicht ein Prinz.“
Jamal lächelte seine Großmutter an, aber er antwortete nicht. Seiner Erfahrung nach wurden Prinzen nicht wegen ihrer Persönlichkeiten geliebt.
„Willst du mir etwa trotzen?“, fragte König Givon.
„Vater, ich werde mich deinen Wünschen fügen. Ich weiß sehr wohl, dass es meine Pflicht ist, zu heiraten und Erben zu produzieren. Ich bitte dich nur, dir deine Wahl noch einmal zu überlegen. Ich habe gestern Abend etwas Zeit mit Heather verbracht und festgestellt, dass sie eine liebliche junge Frau ist. Ich würde es hassen, sie in einer Ehe gefesselt zu sehen, die sie nicht wünscht.“
„Selbst wenn diese Ehe mit dir ist?“
Besonders dann, dachte Jamal, aber er sprach es nicht aus.
„Ich halte sie für die richtige Wahl“, beharrte der König. Er beugte sich vor und legte die Hände auf den Schreibtisch. „Ich irre mich nicht in diesem Punkt.“
„Du hast dich in Yasmin geirrt“, konterte Jamal tonlos. „Du hast dich in Maliks Frau geirrt.“
Finster blickte Fatima ihn an. „Du wirst nicht von Maliks Frau sprechen“, sagte sie streng. „Was Yasmin angeht, da haben wir uns beide geirrt, aber zum Glück für dich und El Bahar ist sie fort.“
In diesem Punkt stimmte Jamal ihr zu. Im Gegensatz zu Heather hatte Yasmin sich nichts mehr ersehnt, als mit einem Prinzen verheiratet zu sein. Sie hatte das Leben als Prinzessin sehr genossen. Nur ihn hatte sie nicht gemocht. Leider war er jung und dumm gewesen und hatte die Wahrheit zu spät erkannt. Er hatte den Fehler begangen, sich in seine oberflächliche Frau zuverlieben. Diesen Fehler wollte er nie wieder begehen.
„Tut es Heather nicht an“, bat er. „Sucht mir eine andere Frau, und ich werde bereitwillig heiraten.“
„Nein.“ König Givon erhob sich. „Sie ist diejenige. Die Hochzeit wird Ende des Monats stattfinden.“ Und damit stürmte er aus dem Raum.
Jamal wandte sich an seine Großmutter. „Kannst du nicht mit ihm reden?“
„Ich will es nicht. Heather ist die perfekte Wahl für dich.“ Sie lächelte. „Bitte sie um ihre Hand, Jamal. Ich glaube nicht, dass sie ablehnen wird.“
Drei Tage später 1in dem Garten spazieren, in dem sie jenen ersten Kuss getauscht hatten. Seitdem hatte er sie wie seine Familie gemieden und vergeblich versucht, einen Ausweg zu finden. Doch an diesem Morgen hatte der König ihm einen funkelnden Diamantring gebracht. Die Bedeutung war unmissverständlich.
Er konnte sich den Wünschen seines Vaters nicht widersetzen. Er hatte ihm oft genug getrotzt, vor allem als Teenager,
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