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Märchensommer (German Edition)

Märchensommer (German Edition)

Titel: Märchensommer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Katmore
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du meinst.“
    Ein leises Grollen kam aus meiner Kehle. Der Blödmann sollte gefälligst aufhören, mich auszulachen! Doch warum kümmerte mich das überhaupt? Es konnte mir doch völlig egal sein, was er von mir dachte. Argh!
    Ich blickte zornig rüber zu dem dösenden Bündel im Sitz neben ihm. „War ja klar, dass der Drache schlafen kann wie ein Stein, während die Welt um uns herum auseinanderfällt. Gleichgültig, wie eh und je“, maulte ich.
    Doch dann bemerkte ich, wie Julian mit seiner freien Hand Charlenes Unterarm sanft auf und ab streichelte. Was zum Teufel—? Also war er doch ihr Liebhaber. Ein Ballon aus Eifersucht stieg in mir auf und platzte dann direkt unter meinem Hals. Nicht auszudenken, was so ein sanftes Kraulen bei ihr bewirken würde, wenn mich Julians kleinste Berührung schon total aus der Bahn warf.
    Das Streicheln hörte abrupt auf.
    Wieso? Hatte er etwa mitbekommen, wie sehr mich das gerade störte? Ich runzelte die Stirn. Im nächsten Moment verschwanden Julians Lippen zu einem Strich. Er zog langsam seine Hand von meiner Mutter ab und hielt damit das Buch fest. Seine langen Wimpern versteckten seine blauen Augen vor mir, als er sich viel zu offensichtlich auf die Seiten konzentrierte.
    Ein leises Stöhnen kam vom Fensterplatz. Meine Mutter wurde unruhig, doch Julian machte keine Anstalten, sie weiter zu streicheln. Absichtlich, da war ich ganz sicher. Er versuchte vermutlich seine Sorge um sie vor mir zu verstecken; oder was auch immer er da gerade mit ihr veranstaltet hatte. Magie? Um ihren Schmerz zu lindern? Nein, Blödsinn. Das konnte gar nicht sein.
    Charlene begann sich in ihrem Sitz zu regen und wachte schließlich auf. Ihr Gesicht war vor Schmerz verzogen. Eine Minute später saß sie aufrecht, eine Gänsehaut überzog ihre Unterarme und sie starrte durch das kleine Fenster auf die Wolkendecke um uns herum. War das gerade wirklich nur geschehen, weil Julian sie nicht mehr berührte?
    Langsam ließ ich meinen Blick zurück zu Julian gleiten. Seine Augen waren nun geradewegs auf mich gerichtet. Das Blut gefror mir in den Adern.
     
     
    Obwohl der Rest des Fluges ohne weitere Turbulenzen vonstattenging, war ich dennoch mehr als erleichtert, als wir endlich aussteigen konnten und ich wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Meine Mutter hakte sich bei Julian ein und ich folgte ihnen dicht auf.
    Meine Stirn war binnen Kurzem schweißnass. Ich wischte mir mit dem Ärmel meiner Kapuzenjacke drüber. Verglichen mit den milden Temperaturen in Großbritannien wirkte Frankreich wie eine Sauna. Das Innere des Flughafens war Gott sei Dank klimatisiert, somit war das Warten auf unsere Koffer nicht ganz so unerträglich. Als wir das Terminal verließen, wartete bereits ein Pärchen bei einem dunklen Geländewagen auf uns.
    Der großgewachsene Mann in hellbraunen Shorts und schwarzem T-Shirt hatte seinen Arm um die Frau mit rötlich blonden Haaren gelegt. Als wir zu ihnen kamen, umarmte meine Mutter die beiden herzlich und begrüßte sie auf Französisch. Julian bekam von der Frau, die mir wie Ende dreißig vorkam, ein Küsschen links und rechts auf die Wange. Er musste sich dabei leicht zu ihr nach unten lehnen, denn sie war kaum größer als ich.
    Als Nächstes drehte sie sich zu mir und strahlte dabei wie eine 100 Watt Glühbirne. Ich lehnte mich instinktiv zurück und hob schützend meine Hände. „Ich denke, wir können das mit dem Küssen überspringen.“
    „Hallo, Chérie “, sagte sie freundlich und streckte mir ihre Hand entgegen. „Ich bin Marie Runné, deine Tante.“ Sie verschluckte das H beim Hallo , machte aus ich ein iesch und noch nie hatte ich gehört, wie jemand ein R so lustig rollte.
    Aus einem Meter Sicherheitsabstand schüttelte ich ihre Hand. Ich wollte kein Risiko eingehen, plötzlich doch auch noch umarmt und geküsst zu werden.
    „Das ist mein Ehemann, Albert.“ Sie zog den letzten Teil seines Namens hinaus, als hieße er Al bär . Der Name passte zu ihm. Groß genug für einen Bären war er ja, obwohl mich das erste Grau in seinen Haaren eher an einen Wolfsrücken erinnerte.
    „ Bonjour, Jona. Meine Frau und ich sind sehr glücklich, dass du dich entschieden hast, eine Weile bei uns zu leben.“
    Anstatt seine Hand zu schütteln, steckte ich meine nun tief in die Hosentaschen. „Ich hatte keine Wahl.“
    Maries Stimme blieb sanft wie die einer Katze, als sie sagte: „Es war sehr mutig von dir, so weit zu reisen, und dann auch noch an einen Ort, den du

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