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Mafiatod

Mafiatod

Titel: Mafiatod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald E. Westlake
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schüttelte den Kopf. »Manche Akten bewahren wir sieben Jahre auf, manche fünfzehn, einige zwanzig Jahre. Dieser Fall liegt so weit zurück, dass keine Akten mehr vorhanden sein können. Ihr Vater schied ja vor mehr als zwanzig Jahren aus.«
    »Die Akten wären aber noch vorhanden, wenn Sie für die Mandanten immer noch tätig wären?«
    Er lächelte mit geschlossenen Lippen. »Höchstwahrscheinlich.«
    »Was ist denn mit Morris Silber?«
    »Ist das der Fall, über den in der Times berichtet wurde?«
    »Ja.«
    »Bedaure. Morris Silber war schon damals bedeutungslos. Ich weiß nicht, wo er heute steckt und ob er überhaupt noch lebt.«
    »Aber mein Vater hatte seine Akte.«
    »Ja, natürlich.«
    »Fällt Ihnen sonst noch jemand ein?«
    Diesmal lächelte er mit geteilten Lippen und spreizte die Hände, die ein wenig zitterten. »Es ist so lange her.«
    »Gewiss. Sie sagten, Sie wollten McArdle senior anrufen.«
    »Selbstverständlich.«
    Er telefonierte einige Minuten. Er nannte McArdle »Andrew«, nicht Andy oder so ähnlich. Er sagte nichts Überraschendes. Nachdem er aufgelegt hatte, fragte er: »Haben Sie einen Wagen?«
    Bill machte zum zweiten Mal den Mund auf. »Ja.«
    »Er wohnt in Long Island, hinter King’s Park an der North Shore. Er hat dort draußen ein Anwesen.« Krishman erklärte Bill den Weg genau, und Bill nickte. Dann standen wir auf, um uns zu verabschieden. Ich dankte ihm für seine Auskünfte; er beglückwünschte meinen Vater zu so prächtigen Söhnen.
    An der Tür drehte ich mich noch einmal um. »Wie vielen Berufsverbrechern halfen Sie, den Maschen des Gesetzes zu entgehen, bevor Sie sich 1940 davon zurückzogen?«
    »Keine Ahnung.«
    »Mehr als hundert?«
    Ein Lächeln mit geschlossenen Lippen. »O ja. Viel mehr.«
    »Fürchten Sie nicht die ausgleichende Gerechtigkeit?«
    »Nach so langer Zeit? Kaum.«
    »Sie werden nie das Strafgesetz zu fürchten haben?«
    »Nie. In diesem Punkt bin ich sicher.«
    »Und Sie haben offenbar weder Ihr Geld noch Ihre gesellschaftliche Stellung verloren. Haben Sie Magengeschwüre oder etwas Ähnliches?«
    »Nein. Ich bin vollkommen gesund. Mein Arzt sagt, ich werde über neunzig werden. Zielen Sie damit auf etwas Bestimmtes?«
    »Ja. In Bezug auf meinen Bruder, nicht in Bezug auf Sie. Er muss aufgeklärt werden. Er glaubt noch immer an gute und schlechte Menschen. Dass man so oder so geboren wird und so oder so bleibt. Und dass die Guten immer siegen und die Schlechten immer unterliegen.«
    Er lächelte mit geschlossenen Lippen. »Das glauben viele. Es ist für sie ein Trost.«
    »Bis die Kugeln pfeifen«, sagte ich.

8
     
    Zu McArdles Besitz hatten wir sechzig Kilometer zu fahren. Wir nahmen den Weg über die Triborough Bridge und den Expressway. Die ersten fünfzehn bis zwanzig Kilometer ging es nur durch die Stadt, die vom Expressway durchschnitten wurde. Nach Floral Park und Mineola kamen die Vororte. Ab und zu erhaschten wir zu unserer Linken einen Blick auf den Sund von Long Island. Aber nach einer Insel sah es ebenso wenig aus wie Manhattan.
    Die letzten zwei Kilometer legten wir auf einer asphaltierten Privatstraße zurück. McArdle teilte sie mit zwei anderen Millionären, und sein Haus war das letzte der drei Gebäude; dort bildete die Straße eine Schleife. Innerhalb der Schleife war ein Vogelbad, und wir sahen einen Schwarzen mit einem Benzinrasenmäher. Das Haus bestand aus behauenen Steinen und Ziegeln und hatte ein Schindeldach. Den Eingang schirmten Glaswände ab.
    Als wir ausstiegen, hielt der Schwarze mit seiner Arbeit inne und wischte sich das Gesicht mit einem weißen Taschentuch ab. Er hielt einen grauen Hut in der linken Hand und stülpte ihn sich dann wieder auf. Er ließ den Rasenmäher die ganze Zeit laufen; das Geknatter klang laut, aber irgendwie auch weit entfernt. Der Schwarze sah uns nicht richtig an, aber er schaute auch nicht richtig weg.
    Wir gingen über die vordere Veranda und stellten fest, dass die Drahtgittertür vor der Haustür abgeschlossen war und dass es auch keine Klingel gab. Ich rüttelte an der Klinke und rief. Ein Bursche in weißem Kittel, der ein Küchentuch über dem Arm trug, öffnete die Haustür. Er betrachtete uns durch das Drahtgitter.
    »Kelly«, sagte ich. »Wir werden erwartet.«
    Er zeigte nach rechts. »Unten am Strand«, erklärte er und verschwand wieder im Haus.
    Hinter dem Haus erstreckte sich ein sichelförmiger Wald.
    Ein brauner Pfad führte durch die Bäume zur linken Seite des Hauses und

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