Mafiatod
Feuerzeug schnippen, dann war er wieder dran. » Also, worum geht’s?«
»Sie schrieben einmal einen Artikel über meinen Vater Wil lard Kelly.«
»So? Wann?«
»1931.«
»Heiliger Bimbam, kommen Sie mir nicht damit!«
»Sind Sie nicht der Verfasser?« Seine Stimme klang eigentlich zu jung.
»Doch. Aber daran sollten Sie mich lieber nicht erinnern.«
»Oh. Kann ich zu Ihnen kommen und mit Ihnen sprechen?«
»Warum nicht? Aber kommen Sie heute Nachmittag, wenn Sie können. Um acht muss ich arbeiten gehen.«
»Abgemacht.«
Wir aßen zu Mittag, gingen aber nicht mehr ins Hotel. Dann fuhren wir nach Queens. Wir schlugen dieselbe Richtung wie gestern ein, als wir zu McArdle gefahren waren, bogen jedoch zum Woodhaven Boulevard ab.
Die Querstraßen waren alle nummeriert, aber einige hießen Avenue, andere Road und wieder andere Street. Dann entdeckten wir die 74th Street und nach dem nächsten Block schließlich die 74th Road, in die wir wollten.
Beeworthy wohnte genau in der Mitte einer Reihe von zweistöckigen Ziegelsteinhäusern. Auf dem schmalen Rasen des Vorgartens steckte ein weiß gestrichenes Schild mit gezackten Rändern, das in reflektierenden Buchstaben die Aufschrift BEEWORTHY trug.
Eine Frau, die weder Eddie Kapp zum Bruder noch Robert Campbell zum Mann gehabt hatte, machte die Tür auf und lächelte uns an. »Sie müssen Kelly sein. Beide?«
»Ja, ich bin Ray, und das ist Bill.«
»Kommen Sie herein. Arnie ist unten im Arbeitszimmer und kramt.«
In dem Haus sah es aus, als ob hier ein Kapitän zur See im Ruhestand lebte. Kleine und luftige Zimmer mit vielen Kinkerlitzchen.
Wir gingen in den ausgebauten Keller hinunter. Zur Rechten war eine Tür aus knorrigem Tannenholz mit einem Schild: BITTE KNURREN . Die Aufschrift war von Hand geschrieben, die Buchstaben wie mit dem Lineal gezogen.
Sie klopfte, und von drinnen ertönte ein Knurrlaut. Sie öffnete die Tür und sagte: »Die beiden Kellys sind da.«
»Noch mehr Kaffee«, lautete die Antwort.
»Ich weiß.« Sie drehte sich zu uns herum. »Wie mögen Sie den Kaffee?«
»Nur schwarz. Beide.«
»Kommt sofort.«
Sie ging hinauf, und wir betraten das Arbeitszimmer. Arnold Beeworthy war ein mächtiger Patriarch mit buschigem grauem Schnurrbart. Vielleicht hatte er immer wie ein Vierzigjähriger ausgesehen. Wenn er schon 1931 für die Times geschrieben hatte, musste er jedenfalls an die sechzig sein.
Das Arbeitszimmer war klein und quadratisch. Plunder und Krimskrams rings an den Wänden und auf den Tischen. Zur Rechten ein alter abgenutzter Schreibtisch mit unterschiedlichen Schubfachgriffen. Darüber waren Cartoons, Kalender, Fotografien, Zündholzheftchen und Notizen mit Reißzwecken an die Wand geheftet. Links vom Schreibtisch stand ein Aktenschrank, dessen zweites Schubfach herausgezogen war. Zuoberst auf dem Durcheinander des Schreibtischs lag eine aufgeklappte Mappe.
Sein Drehstuhl quietschte. Er sagte: »Zum Aufstehen ist es noch zu früh. Guten Tag.« Er streckte uns eine dicke Hand entgegen.
Nach der Begrüßung ließ sich Bill auf einem Holzstuhl nieder, und ich fand an der von Beeworthy bezeichneten Stelle, nämlich hinter einem Vorhang, einen Klappstuhl.
»Seit 1931 ist viel Zeit vergangen«, sagte er und klopfte auf die aufgeschlagene Mappe. »Da ich mich nicht mehr an den betreffenden Artikel erinnerte, musste ich ihn heraussuchen.« Er ließ den Stuhl herumkreiseln und schlug mit der flachen Hand an die Seite des herausgezogenen Aktenschubfachs. »Hier bewahre ich alle meine blödsinnigen Artikel auf. Irgendwann einmal kann man sie immer brauchen. Es ist erstaunlich.« Er lächelte ironisch. »Vielleicht werde ich ein Buch schreiben und bei George Braziller veröffentlichen. Fantastisch, wie Dinge, die im Leben so spannend sind, in gedruckter Form langweilig werden. Ich möchte wissen, ob das Umgekehrte auch zutrifft. Es ist eine dumme Welt. Und was kann ich für Sie beide tun?« Sein dicker Finger wies auf Bill. »Sehen Sie Ihrem Vater ähnlich?«
»Ich glaube«, antwortete Bill. »Wenigstens wird es immer behauptet.«
»Alles hängt zusammen. Als Sie anriefen, konnte ich mir unter einem Kelly nichts vorstellen. Dann las ich mein Geschreibsel, und da erinnerte ich mich, wie dieser Schuft, der Silber, vor Gericht ausgesehen hatte, und dann erinnerte ich mich auch an den Verteidiger. Trug einen blauen Anzug. An die Farbe seines Schlipses kann ich mich nicht erinnern. Jedenfalls tut es mir leid, dass ich diesen Artikel
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