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Mafiatod

Mafiatod

Titel: Mafiatod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald E. Westlake
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»Verzeih, ich habe mich schlecht benommen. Es war sehr nett von dir, herzukommen.«
    »Es war nicht leicht für dich«, antwortete er.
    »Ich möchte lieber nicht nach Binghamton zurückkehren. Noch nicht.«
    »Du musst selbst wissen, was du mit deinem Leben anfängst, Ray. Aber bei uns bist du immer willkommen.«
    »Danke.«
    Wir schwiegen eine Weile. Er wollte etwas sagen, fand aber keine Worte. Ich konnte ihm nicht helfen; ich wusste ja nicht, was er sagen wollte. Schließlich räusperte er sich und begann: »Was nun Betsy betrifft …«
    »Betsy?«
    »Bills Töchterchen. Wir haben die ganze Zeit über für sie gesorgt.«
    »Ach so. Ich hatte sie ganz vergessen.«
    »Wir würden sie gern behalten. Ich möchte sie adoptieren.« Er wartete; aber ich hatte nichts zu sagen. »Wärst du damit einverstanden?«
    »Ja, natürlich. Warum fragst du mich überhaupt?«
    »Du bist ihr Onkel. Du bist ihr nächster Blutsverwandter.«
    »Ich kenne sie nicht einmal, ich habe sie nie gesehen. Ich habe auch kein Zuhause, gar nichts.«
    »Dann werde ich das Verfahren einleiten. Vielleicht musst du etwas unterschreiben, das weiß ich nicht. Wie kann ich mich mit dir in Verbindung setzen?«
    »Ich schreibe dir, wenn ich eine feste Adresse habe.«
    »Gut.« Wieder räusperte er sich. »Ich breche jetzt auf. Ich fahre nicht gern in der Dunkelheit.«
    Ich begleitete ihn zu seinem Wagen. Er sagte: »Richtig, ja. Noch etwas. Bills Haus …«
    »Ach, um Gottes willen, nicht jetzt! Ein andermal, nächstes Jahr, lass mich jetzt in Ruhe!«
    »Ja, ja, schon recht. Ich verstehe dich. Vergiss nicht, mir deine Adresse zu schicken. Bis dahin kümmere ich mich um alles.«
    Nachdem er weg war, ging ich in einen Schnapsladen und verlangte zwei Flaschen Old Mr. Boston, bevor mir einfiel, dass ich ja nur eine brauchte. Trotzdem nahm ich beide mit ins Hotelzimmer. Ich saß mit untergeschlagenen Beinen auf dem Bett, rauchte und trank und dachte nach. Ganz allmählich entspannte ich mich. Ganz allmählich konnte ich meine Gedanken ordnen.
    Draußen wurde es dunkel, während ich mich mühsam zu einem Entschluss durchzuarbeiten versuchte, von dem ich noch nicht einmal wusste, wie er überhaupt aussehen könnte. Kurz nach neun klopfte Kapp an die Tür.
    Ich stand auf und ließ ihn herein. »Ist dein Onkel abgereist?«, fragte er.
    »Ja, heute Nachmittag«, antwortete ich.
    »Ich habe aufgepasst. Niemand ist dir gefolgt. Anscheinend gibt man sich mit der Selbstmordtheorie zufrieden.«
    »Du etwa nicht?«
    »Unsinn. Du doch auch nicht. Wenn diese Arbeit von einem Berufskiller erledigt worden ist, sind die Kerle heute viel nachlässiger als zu meiner Zeit.«
    »Ich weiß.«
    Er deutete mit steifem Finger auf seine Stirn. »Der Einschusswinkel war verkehrt. Verstehst du, was ich meine? Das sah ich sofort. Zu hoch.«
    »Ja, ich weiß.«
    »Was trinkst du da? Ich habe eine Flasche House of Lords mitgebracht.« Unter dem Arm hatte er eine braune Tüte. Er holte die Flasche hervor und zeigte sie mir. »Magst du davon?«
    »Ich bleibe lieber bei meiner Marke.«
    Ich setzte mich wieder aufs Bett, und er nahm den Sessel in der Ecke. »Hast du Lust zum Reden, Ray?«, erkundigte er sich.
    »Ich denke schon.«
    »Bevor wir Bill tot auf dem Bett fanden, wollte ich dich etwas fragen. Du weißt sicher, was ich meine.«
    »Ich vermute es.«
    »Ich möchte den Schritt tun, Ray. Ich möchte mir eine Basis suchen, ein paar Leute zusammentrommeln und ihnen mitteilen, dass sie auf mich zählen können. Als Erstes werden sie mich fragen: ›Hast du deinen Sohn bei dir?‹ Was soll ich dann antworten?«
    Ich schwieg. Ich las das Etikett auf der Old-Mr.-Boston-Flasche. Was ich da trank, enthielt siebzig Prozent Alkohol.
    Er wartete, und dann sprach er schnell, als ob er aufholen müsste. »Ich will dir sagen, wie die Dinge stehen, Ray. Es wird geschehen, so oder so. Die Leute kommen zurück, und sie entscheiden, auf wessen Seite sie stehen. Ob du Ja oder Nein sagst, es macht gar keinen Unterschied. Verstehst du, was ich meine? Es wird auf jeden Fall geschehen.« Er hielt einen steifen Finger in die Höhe und sah mich an. »Und wenn du Nein sagst, hat das nur eine einzige Konsequenz. Dann wird Eddie Kapp nicht das Oberhaupt sein. Wer der Anführer werden wird, weiß ich nicht – vielleicht gibt es deswegen zuerst Streit –, jedenfalls nicht Eddie Kapp. Dann eise ich meine Schwester von ihrem Mann los und gehe mit ihr nach Florida, wie ich es vorhatte.«
    »Dort unten soll es sehr

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