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Mafiatod

Mafiatod

Titel: Mafiatod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald E. Westlake
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schön sein«, warf ich ein.
    Er zog die Brauen zusammen. »Ist das deine Antwort?«
    »Ich weiß nicht. Sprich weiter.«
    »Gut. Ich möchte dich bei mir haben. Ich meine, abgesehen von allem anderen. Verstehst du, was ich meine? Zum Teufel, du bist mein Sohn. Ich habe mir das nie so vorgestellt; ich hatte keine Ahnung, dass es mir so nahegehen würde. Als ich ins Gefängnis kam, warst du nur ein kleines Bündel in einer Wiege. Ich sah dich vielleicht drei- oder viermal. Du warst noch gar kein Mensch. Verstehst du, was ich meine?«
    »Und jetzt hast du ein volles Herz.«
    »Richtig. Und mein Glas ist leer.« Er schenkte sich aus der Flasche House of Lords erneut ein. »Ich erwarte nicht, dass du ebenso für mich empfindest. Zum Donnerwetter, ich bin ja kein richtiger Vater. Aber es geht mir nahe, das kann ich beschwören. Du bist mein Sohn. Verstehst du, was ich meine?«
    »Ja, ich verstehe, was du meinst. Verzeih mir. Ich wollte dich nicht kränken.«
    »Na ja. Aber es gibt zwei Gründe, warum ich dich an meiner Seite haben möchte. Erstens, weil du mein Sohn bist, ganz einfach. Und zweitens, weil ich den geplanten Schritt tun kann, wenn du bei mir bist. In New York lässt sich viel Geld verdienen, das kannst du mir glauben, Ray. Weiß der Himmel, wie viel es heutzutage sein mag.«
    Ich hob die Hand. »Warte einen Augenblick. Lass mich dir auch etwas sagen. Das spielt alles keine Rolle, es bedeutet mir gar nichts. Die New Yorker Gangster sind mir egal. Wenn du die Führung übernimmst, bin ich nicht dein Erbe.«
    »Wenn du es so auffasst …«
    »So fasse ich es auf. Hast du noch mehr Gründe?«
    »Hängt davon ab, was du tun möchtest«, erwiderte er.
    »In welcher Beziehung?«
    »Willst du immer noch Rache üben? Dann solltest du dich nämlich mit mir zusammentun. Wir werden hinter denselben Leuten her sein.« Er trank ein halbes Glas. »Es hängt also davon ab, ob du das willst oder nicht.«
    »Klar.« Ich holte mir die Flasche vom Nachttisch. Da ich das Glas nicht brauchte, warf ich es auf Bills Bett. Ich trank aus der Flasche; dann hielt ich sie in der Hand und betrachtete sie, während ich sprach. »Ich habe darüber nachgedacht. Hier im Zimmer, seit mein Onkel abgefahren ist. Ich habe versucht, zu entscheiden, was ich nun anfangen soll. Willst du hören, was ich mir überlegt habe?«
    »Selbstverständlich. Genau das möchte ich erfahren.«
    »Also, ich habe mir Folgendes überlegt. Erstens einmal muss jeder Mensch entweder ein Zuhause oder ein Ziel haben. Begreifst du das? Entweder einen Aufenthaltsort oder eine Tätigkeit. Ohne das eine oder das andere schnappt man über. Oder man verliert alles Menschliche, wie ein Penner. Oder man fängt an zu saufen oder bringt sich um oder so. Es bleibt sich gleich, entscheidend ist, dass man das eine oder andere haben muss.«
    »Ja, das verstehe ich«, antwortete er. »So, wie ich mir wünschte, mit meiner Schwester zu leben. Dann hätte ich zwar kein Ziel, aber ein Zuhause gehabt. Das begreife ich.«
    »Schön. Was mich nun betrifft, so war ich ein Kind, weiter nichts. Ich hatte also immer ein Zuhause. Auch als ich in Deutschland bei der Air Force war, wusste ich doch, dass da eins war, und zwar in Binghamton in der Burbank Avenue, wo mein Vater lebte. Dann wurde er umgebracht, und ich hatte kein Zuhause mehr. Aber stattdessen hatte ich ein Ziel: Rache. Mein Ziel bestand darin, den Mörder meines Vaters zu töten. Das genügt für ein Ziel, nicht wahr?«
    »Und ob.«
    »Ja, wahrhaftig. Nur kamst du dann. Und jetzt ist mein Vater gar nicht mein Vater. Ist es ebenso gut, einen Pflegevater zu rächen? Nein.«
    »Und dein Bruder?«
    »Du meinst meinen Halbbruder. Warte. Lass mich dir sagen, wie ich mir alles zurechtgelegt habe. Augenblicklich bin ich in der Schwebe. Ich habe weder Zuhause noch Ziel, bloß Bruchstücke eines Ziels. Die Fortsetzung der Rache für meinen Vater, der nicht mein Vater ist. Rache für meine Schwägerin, die ich nie kennengelernt habe. Meine Nichte schützen, die mich im Grunde gar nicht kümmert. Dir bei deiner Palastrevolution beistehen, wobei ich nichts zu gewinnen habe. Den Verlust meines Auges wettmachen, das ich nie wiederbekommen kann. Mein eigenes Leben retten, das die Rettung nicht wert ist, wenn ich kein Ziel habe. Meinen Halbbruder rächen, bei dessen Tod wenigstens ein Teil meines eigenen Blutes geflossen ist.«
    »Und was stört dich dabei?«
    »Bei der Rache für Bill? Ich brauche eben mehr als das. Als Ziel genügt es nicht.« Ich

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