Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Magazine of Fantasy and Science Fiction 09 - Die Kristallwelt

Magazine of Fantasy and Science Fiction 09 - Die Kristallwelt

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 09 - Die Kristallwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.A.
Vom Netzwerk:
Norton in ein kostbares blaues Abendkleid und eine Nerzstola gekleidet. Das letzte Glied jeden Fingers war überpinselt, und übrig waren nur rote Stumpen. Der Körper lief in einer zerfurchten Kehle aus; der Kopf war völlig verschwunden.
    »Jetzt wird niemand erkennen können, wer sie ist«, sagte Greg triumphierend. »Die kostbare Kleidung wird die Polizei von dem Ort ablenken; keine Fingerabdrücke, kein Gesicht wird da sein, um sie je mit mir in Verbindung bringen zu können. Ich bin gerettet. Gerettet.«
    Er zitterte vor Schwäche und Müdigkeit, als er sich umdrehte und sich aus dem Topf eine Tasse kalten Kaffees einschenkte. Er trank ihn in drei großen Zügen aus, fühlte sich ein wenig ruhiger und wandte sich noch einmal um, um sein Werk zu betrachten. Die öde Umgebung, in der der Körper gelegen hatte, war geblieben, auch das Blut. Aber Adela befand sich nicht mehr im Porträt.
    »Die Polizei!« sagte Greg laut. Seine Stimme klang unsicher. »Sie müssen sie gefunden haben – den Körper ins Leichenhaus gebracht haben.«
    Ganz plötzlich hatte er das Bedürfnis, mit Dr. Moonstar zu sprechen. Er drehte sich um und eilte zurück zum Bett. Sein Fuß stolperte über etwas; er fiel lang hin und flog mit dem Kopf gegen die Wand. Benommen setzte er sich auf und untersuchte, worüber er gefallen war.
    Auf dem Fußboden, nicht weit von der Staffelei entfernt, lag der in Terpentin getränkte Lappen, mit dem er die verdammenswerten Einzelheiten von dem Porträt gewischt hatte. Darunter befand sich ein runder Klumpen, der Gegenstand, über den er gestolpert war. Er wußte, was es war, aber trotzdem hob er den Lappen und starrte auf Adelas Kopf, der auf zehn Fingerspitzen ruhte.
    Als er wenig später die schweren Tritte auf der Treppe hörte, wußte er, wem sie gehörten und weshalb sie kamen. »Moonstar!« kreischte er und hastete taumelnd auf das Bett zu. »Moonstar, wecken Sie mich auf! Ich habe einen Alptraum! Wecken Sie mich!«
    Wie ein Kind versteckte er sich unter der Bettdecke und zog das Kissen über das Gesicht. Er hörte, wie sich die Tür öffnete, hörte, wie sich die Schritte über den Boden auf den Terpentinlappen zu bewegten – seinem furchtbaren Geheimnis entgegen.
    »Moonstar!« schluchzte er und fühlte, wie ihn das Bewußtsein verließ.
    Greg richtete sich auf der Couch auf, er zitterte vor Erleichterung. »Doktor, ich habe gerade den schlimmsten ...«, begann er, hielt dann aber inne, als er den Kopf gedreht hatte. Moonstars Wolke war leer. Der Tisch und der Block waren zwar dort, aber nicht Moonstar. Auf dem Tisch stand ein Schild mit der einfachen Aufschrift: »Doktor ist auf Urlaub.«
    Greg blieb regungslos auf der Kante der Couch sitzen und starrte auf das Schild. Er wußte, daß er nur so lange würde sitzen können, bis die Müdigkeit ihn wieder übermannte. Und wenn er einschlief ...
    Wild warf er den Körper herum, streckte sich bäuchlings auf der Couch aus und klammerte sich daran fest wie ein Ertrinkender. »Ich will nicht einschlafen!« schrie er. »Ich werde nicht zurückkehren und diesen Traum beenden.«
    Seine Liegestatt schaukelte leicht hin und her; Greg hob den Kopf, um zu sehen, was geschah. Der feuerrote Ball erschien wieder in der Leere. Die Wolken lösten sich in den Strahlen, die der Ball aussandte, auf. Greg, der in Schweiß gebadet war, biß die Zähne in furchtbarem Entsetzen aufeinander und klammerte sich noch fester an seine letzte Zufluchtsstätte. Der Ball wurde noch röter, strahlender, wärmer. Die Wolken verblaßten und verschwanden.
    Greg, der sich noch immer an die Couch klammerte, fiel benommen in die schwarze Leere; er war zu erschreckt, um den Schrei der Verzweiflung, der in seiner Brust aufstieg, wirklich von sich zu geben. Er fiel immer schneller und schneller – ein heftiger Wind versuchte, seinen Griff von der Couch zu lösen. »Ich lasse nicht los, ich will nicht!« schluchzte er und begrub das Gesicht in der elastischen Oberfläche der Couch, an der er sich noch immer verzweifelt festhielt.
     
    *
     
    »Wie sieht es aus?« fragte der Polizeileutnant.
    »Nicht gut«, sagte der junge Arzt und nahm sein Stethoskop von der Brust des blassen, keuchenden jungen Mannes in der dahinrasenden Ambulanz. »Ein sonderbarer Heiliger ist das. Seine Frau kam heute morgen zur Klinik und fragte, ob der Arzt ihr etwas für die Nerven ihres Mannes verschreiben könnte; sie sagte, er benähme sich in letzter Zeit so komisch. Ich arbeite nur halbtags dort, deshalb

Weitere Kostenlose Bücher