Magazine of Fantasy and Science Fiction 13 - Expedition nach Chronos
auf, heißes und wildes Begehren. Ja, er wollte sie haben, so wie sie ihn haben wollte. Aber er zögerte. Er lauschte, ob der Wind nicht wieder auffrischte. Sie aber lag da und wartete. Geschmeidig bewegte sich ihr Körper, und sie streckte die Arme nach ihm aus.
Das ist ja lächerlich, dachte er wütend. Sie ist eine Frau. Sie ist die einzige Frau, vielleicht die letzte. Warum zögere ich? Warum habe ich Skrupel oder Bedenken? Die Situation ist beispiellos. Sie muß mich ja haben wollen, denn ich bin der letzte Mann. Aber ich habe die Macht, über mich zu bestimmen. Ich habe die Autorität. Daran kann kein Zweifel bestehen.
Aber da war noch etwas anderes, das er in seinem jetzigen Zustand nicht mehr identifizieren konnte. Später vielleicht, aber nicht jetzt.
Er griff nach ihrer Hand. Sie zog ihn hinab. Er fiel auf die Knie. Sie lag langgestreckt im Gras, die Augen geschlossen und den Mund leicht geöffnet. Ihre Jacke war nicht mehr verschlossen. Mit zitternden Händen fand er die ledernen Verschlüsse ihres Rocks.
Als sie wieder sprach, war ihre Stimme heiser und rauh.
»Vor Jahren, damals, war ich bereit, Leslie. Ich war gerade siebzehn geworden. Aber ich ... weißt du, es geschah nie. Beinahe wäre es geschehen ... vielleicht verstehst du, was ich meine. Es weckte mich auf. Die ganzen Jahre habe ich mich danach gesehnt, ich habe gewartet – mein Gott, es war eine so lange Zeit.«
Nur mit Mühe beherrschte er sich. Ihr Mund war weit geöffnet, und ihre Arme zogen ihn herab. Aber es gelang ihm freizukommen. Mit erschreckender Klarheit hatte er erkannt, worum es ging. Nicht Unsicherheit oder Skrupel hatten ihn bisher zurückgehalten, sondern einzig und allein die Verantwortung.
Sie hatte keine, kannte sie auch nicht. Sie wurde von primitivem Begehren beherrscht. Ohne Verstand und Sinn. Sie dachte nicht einmal an die nächste Minute. Die ganze Verantwortung lag bei ihm. Es war eine verdammt große und ungewöhnliche Verantwortung.
Hoch aufgerichtet stand er im Schatten einer Säule und sah ihr entgegen. Sie war aufgestanden und stolperte auf ihn zu. Ihre Lippen murmelten unverständliche Worte, als sie ihn mit ihren Armen umfing. Er stieß sie von sich. Sie schwankte, im Gesicht einen gequälten Ausdruck.
»Mein Gott, was ist denn nur mit dir los?« schluchzte sie verzweifelt.
»Es war eine lange Zeit – du hast es auch gesagt, Anna. Aber das ist kein Grund für uns, die Beherrschung zu verlieren. Wir sind immer noch zivilisiert. Zieh deine Jacke wieder an.«
»Was ...?«
»Du sollst die Jacke anziehen, hast du nicht gehört?«
Sie blieb stehen und schüttelte verwundert den Kopf.
»Verstehst du denn nicht, Leslie? Verstehst du denn überhaupt nichts? Warum willst du mir nicht helfen, Leslie?«
»Für mich ist es auch nicht leicht.« Seine Worte klangen schärfer, als er beabsichtigt hatte. Sie fiel vor ihm auf die Knie.
»Das ist es nicht allein. Versteh' mich doch: die ganze Zukunft hängt nur von uns beiden ab. Nur von uns, hörst du?«
»Ich weiß das«, sagte er ruhig und ernst. »Darum sollten wir ja so vernünftig sein und uns beherrschen. Wir müssen praktisch denken, du hast es auch gesagt.«
»Wie meinst du ...?«
»Wir dürfen nichts verkehrt machen. Du hast recht: von uns hängt die ganze Zukunft ab.«
Sie zog die Jacke an und setzte sich auf die Bank. Sie sah ihn forschend an.
»Ist vielleicht etwas mit dir nicht in Ordnung?«
»Zum Teufel, mit mir ist alles in Ordnung! Du wirst es schon noch herausfinden!«
»Wann? Sage mir, wann ...!«
Er seufzte.
»Nun hör mir einmal gut zu. Auf keinen Fall bin ich bereit, einen großen Fehler zu begehen. Aus diesem einen Fehler werden Tausende. Wir bestimmen die Zukunft, vergiß das nicht. Die Zukunft und ihren Verlauf. Wir müssen uns damit abfinden. Es ist alles schon einmal geschehen, und es soll nicht wieder geschehen.«
»Lieber Himmel!« flüsterte sie. Der Mond ging auf, und ihre langen Haare schimmerten silbern. Sie knöpfte endlich die Jacke zu. »Gut, Leslie, ich will versuchen, dich zu verstehen, aber ...«
»Dann komm jetzt mit«, sagte er.
Im Keller des »Gebäudes der Wissenschaft« entzündete Leslie einige Kerzen. Hier unten war die psychologische Versuchsabteilung gewesen. Er zeigte Anna die Käfige, in denen früher einmal Meerschweinchen und weiße Mäuse gewesen waren. Überall standen halbverfallene Apparate herum. Keine der vorhandenen Maschinen war noch zu gebrauchen, weil es keine Energie mehr gab.
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