Magazine of Fantasy and Science Fiction 17 - Grenzgänger zwischen den Welten
erfüllen. Deshalb blieb mir nichts anderes übrig, als widerwillig zuzustimmen.
Heute morgen fielen die Reporter über mich her. Zu Anfang mußte ich mich noch beherrschen, um nicht unhöflich zu sein. Aber nachdem ich das erste Dutzend unsinniger Fragen beantwortet hatte, vergaß ich ganz, wen ich vor mir hatte, weil ich über mein Lieblingsthema sprechen konnte. Vielleicht müßte ich noch hinzufügen, daß ich mich seit Jahren ausschließlich mit der Maschine beschäftige, nachdem ich bereits während meiner Studienzeit den Plan gefaßt hatte, später ein Gerät dieser Art zu bauen. Trotz meiner natürlichen Antipathie gegen diese glotzäugigen Zeitungsmenschen, konnte ich meinen berechtigten Stolz nicht völlig verbergen. Ich glaube sogar, daß ich diesen Leuten gegenüber ein wenig angegeben habe.
Selbstverständlich wollten sie vor allem etwas über die für sie so erstaunliche Tatsache hören, daß die Maschine ihrer Konstruktion nach zu keinem unüberlegten Schachzug fähig ist, so daß sie nie eine Partie verlieren kann. Ich erklärte ihnen dieses Phänomen so einfach wie möglich und hoffte dabei nur, daß die Abendausgaben meine Erklärungen nicht völlig entstellt wiedergeben würden.
›Die Maschine kann nicht verlieren‹, führte ich aus, ›weil sie nicht über ein Selbst bewußtsein verfügt. Sie weiß nicht, daß sie existiert; nur in dieser Beziehung unterscheidet sie sich von einem menschlichen Gehirn. Und weil ihr dieses Bewußtsein ihrer Existenz fehlt, kann sie nicht auf erreichte Leistungen stolz sein und hat folglich auch keine Angst davor, eine Partie zu verlieren. Sie werden mir beipflichten müssen, daß ein Mensch eine Partie Schach nur deshalb verliert – falls er nicht ohnehin für dieses Spiel zu dumm ist –, weil er sich Sorgen macht, wie sie ausgehen wird.‹
An dieser Stelle machte ich eine Pause und stopfte mir bedächtig eine Pfeife, um auf diese Leute wie der Prototyp eines Wissenschaftlers zu wirken – das gebe ich ganz offen zu. Dabei hatte ich wirklich nur Dummköpfe vor mir, die darüber staunten, daß eine so komplizierte und teure Maschine jedem Menschen in einem rein mathematischen Spiel überlegen war. Und deshalb stopfte ich mir auch eine Pfeife, weil ich wußte, daß ich damit intelligent für sie aussah – als ob die Intelligenz von der Physiognomie abhängig wäre!
Vielleicht gab ich mir auch nur deshalb Mühe, weil ich deutlich merkte, daß meine eigene Schöpfung mir den Rang abzulaufen drohte, denn die Reporter hatten sich bisher kaum mit mir befaßt. Jedenfalls wirkte der Trick mit der Pfeife auf die Kameramänner, die mich sofort fotografierten. Ich lächelte und blies eine Rauchwolke an die Decke meines Arbeitszimmers ...«
»Entschuldigung«, unterbrach ihn der Mann hinter dem Schreibtisch. »Ich dachte, Sie hätten die Reporter in das Laboratorium geführt.«
»Oh, nein«, antwortete Hunnecker. »In der Umgebung eines Elektronenrechners herrscht strenges Rauchverbot; die Maschine steht in einem Raum mit Klimaanlage, weil sie gegen Staub, Rauch und andere Partikel in der Luft empfindlich ist.«
»Aha«, meinte der Uniformierte, und Hunnecker fuhr mit seiner Erzählung fort:
»›Nachdem die meisten Ihrer Leser vermutlich nicht selbst Schach spielen‹, sagte ich zu den Reportern, ›kann ich die Arbeitsweise der Maschine vielleicht besser durch das bekannte ‚Zahlenspiel‘ illustrieren. Sie werden sich daran erinnern, daß bei diesem Spiel die Beteiligten einen Kreis bilden und nacheinander Zahlen aufsagen, wobei die Reihenfolge nur bei den Zahlen geändert wird, die durch sieben teilbar sind oder die eine Sieben enthalten – wie zum Beispiel siebzehn. Der betreffende Spieler muß ‚Halt!‘ sagen, und dann wird in entgegengesetzter Richtung weitergezählt. Wird das Spiel schneller, fällt irgend jemand bestimmt an einer der schwierigen Stellen herein. Dazu gehören siebenundzwanzig, achtundzwanzig, alle Zahlen mit siebzig und selbstverständlich auch Zahlen wie einundneunzig, achtundneunzig, einhundertzwölf und so weiter, weil die durch sieben teilbaren Zahlen immer schwieriger zu erkennen sind.‹
Die Reporter schrieben eifrig mit, als ich fortfuhr: ›Ein Mensch, der an diesem Spiel teilnimmt, wird allmählich nervös. Er läßt sich von seinen Gefühlen beeinflussen und fürchtet sich unbewußt vor dem Augenblick, in dem seine Konzentration nachläßt, weil er dann einen Fehler macht. Aber meine Maschine reagiert anders, denn sie würde
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