Magazine of Fantasy and Science Fiction 25 - Planet der Selbstmörder
überlegte, welche Möglichkeiten sich nun ergaben. Die Existenz einer Bande von Entführern, zu denen mindestens einige Polizisten zu gehören schienen, war kaum noch zu leugnen. Marty Stevens mußte am Eingang der Passage überfallen worden sein und hatte geistesgegenwärtig ihre Halskette abgerissen. Sie war zu ihm unterwegs gewesen, um ihm eine ihrer Ansicht nach wichtige Mitteilung zu machen. Stand Vera Marrock etwa auf der anderen Seite? Hatte sie Brunig oder ein anderes Bandenmitglied gewarnt, so daß Marty entführt worden war? Hatte Brunig in diesem Fall nur improvisiert, oder hatte er mit Piersons Auftauchen gerechnet? Konnte Brunig die Halskette selbst auf den Gehsteig gelegt haben? War es nicht sogar wahrscheinlich, daß eher Jan entführt werden sollte, während Marty nur als Köder gedient hatte? Vermutlich war sein Telefon im Hotel abgehört worden. Alle diese Möglichkeiten hatten etwas gemeinsam: Marty steckte mit ihm in der Patsche.
Du hast dich noch idiotischer als sonst benommen, warf er sich vor und begann sein Gefängnis zu untersuchen. Der Raum war etwa fünf mal acht Meter groß und unmöbliert. Die Wände bestanden aus Steinquadern, die Decke war mit Schaumplatten verkleidet. Als Pierson die Tür verließ und in den Raum hineinging, stellte er fest, daß der Raum nicht viereckig, sondern L-förmig war.
Der zweite Teil enthielt vier Feldbetten, und auf einem der Betten lag Marty Stevens. Sie war völlig unbekleidet. Jan fürchtete zunächst, sie sei tot; dann sah er, daß sie regelmäßig atmete, und ihre Haut war warm, als er ihren Puls fühlte, der beruhigend kräftig war. Jan atmete erleichtert auf und mußte sich beherrschen, um nicht hysterisch zu lachen. Die ganze Angelegenheit wurde immer grotesker. Wo hatte es jemals Entführer gegeben, die es nur auf die Kleidung ihrer Opfer abgesehen hatten?
Marty stand offenbar unter der Einwirkung einer der zahlreichen Drogen, die auf allen Planeten erhältlich waren. Jan kitzelte ihre linke Fußsohle und konnte kaum eine Reaktion feststellen. Ihm war klar, daß sie nicht so liegenbleiben durfte. Er verstaute einige Kleinigkeiten aus der Jacke in den Hosentaschen und breitete die Jacke dann über Marty aus. Daß er dabei widerstrebend zögerte, war eines Gentlemans unwürdig, aber er machte diesen Fehler wieder gut, indem er auch noch sein Hemd für Marty opferte, weil die Jacke nicht zu genügen schien.
In den nächsten zwei Stunden wanderte er ruhelos durch den unterirdischen Raum; er wollte sich warmhalten und hoffte andererseits noch immer, irgendwo einen Ausgang zu entdecken. Aber die beiden Türen bestanden aus Metall und bildeten eine völlig glatte Fläche, die keinen Angriffspunkt bot. Jan beugte sich gelegentlich über Marty, deren Zustand jedoch unverändert blieb. Er schob die drei anderen Feldbetten zur Seite und suchte den Fußboden unter ihnen ab. Schließlich warf er auch einen Blick unter Martys Bett, ohne jedoch einen Geheimausgang zu entdecken.
Dann marschierte er weiter im Kreis.
Als er einige Zeit später die Hand auf Martys Stirn legte, schlug Marty die Augen auf. »Hallo«, murmelte sie schläfrig. Sie war noch zu betäubt, um neugierig zu sein.
»Selbst hallo«, antwortete Jan lächelnd, aber die junge Frau schloß bereits wieder die Augen. Er ließ ihr eine Viertelstunde Zeit und stellte dann fest, daß sie halbwegs wach war.
»Wo sind meine Sachen?« wollte sie wissen.
»Keine Ahnung«, erklärte Jan ihr. »Ich habe dich so gefunden.«
»Oh«, sagte Marty und wäre wieder eingeschlafen, wenn er sie nicht wachgerüttelt hätte. »Wo ist mein Kleid gleich wieder?«
»Du bist anscheinend entführt worden. Jemand hat deine Kleidungsstücke mitgenommen.«
»Oh. Du hast mich also so gefunden?«
»Ja.«
»Und du hast mich mit deiner Jacke zugedeckt?«
»Ja.«
Marty überlegte kurz. »Macht nichts«, entschied sie dann. »Eines Tages heiratest du mich ja doch, weißt du.«
»Okay. Ich möchte, daß du jetzt aufstehst und so lange herumgehst, bis du wieder ganz wach bist.« Er schaltete die Taschenlampe aus, während Marty seine Jacke überzog und ihm das Hemd zurückgab.
»Schön, fangen wir also an. Steh auf! Geh einfach neben mir her. Schneller! Bleib nicht zurück! Links, zwei, drei, vier! Tief einatmen!«
»Der Fußboden ist kalt«, beschwerte Marty sich. »Du bist ein richtiger Sklaventreiber, und ich hasse dich!«
»Tut mir leid, aber in meinen Schuhen würdest du nur stolpern. Du siehst in dieser
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