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Magdalenas Garten

Titel: Magdalenas Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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nachlegen. Magdalena schüttelte den Kopf, die Brombeerranken versuchten in der feuchten Erde tatsächlich
schon wieder auszutreiben, die gaben nicht so schnell auf. Auch die neu gepflanzten Oleanderbüsche waren durch das Gewitter ordentlich gegossen worden, die Tanzfläche war übersät von Piniennadeln und abgebrochenen kleinen Zweigen, aber sonst leer. Wahrscheinlich hatte Matteo die Tische rechtzeitig hineingetragen. Sie setzte ihren Rundgang fort, die Grillen saßen wie immer irgendwo in den Pinien und sägten mal leiser, mal lauter, es roch nach Harz, fruchtbarer Erde und warmem Holz. Die Palmen im giardino sahen immer noch aus wie zerrupfte Ananas, aber der Kies war sauber abgeharkt, der Lavendel streckte seine bläulichen Blüten an langen Stängeln in die Sonne und wurde von Hummeln und Bienen attackiert. Magdalena warf einen scheuen Blick zur Terrasse, nichts rührte sich da oben, nicht einmal die Wäscheleine bewegte sich. Sie schlenderte zurück und nahm einen langen Zug von dem eiskalten Wasser aus der Flasche. Durch die Kohlensäure bekam sie sofort wieder Schluckauf. Hicksend ging sie zwischen den Pinienstämmen hindurch und stutzte. Auf der rechteckigen Fläche inmitten der grauen Kieselsteinchen lagen vier Bälle, beim Näherkommen sah sie, dass es sich um Holzkugeln handelte, Bocciakugeln, zwei rote, eine gelbe, eine blaue. Sie waren alt, die Farben waren blass und abgeschlagen, sie waren wunderschön. »Schafe!«, sagte sie leise und ließ laut rülpsend die Kohlensäure wieder raus.
    Â»Mahlzeit!«
    Magdalena drehte sich erschrocken um und spürte, wie sie rot wurde.
    Â»Matteo! Scusa , ich wusste nicht, dass du wach bist!«
    Â»Jetzt wäre ich es spätestens … bei der Lautstärke.«
    Sie bückte sich, um die Holzkugeln in die Hand zu nehmen.
    Â»Solche hatte ich auch, das waren meine Schafe, ich habe sie stundenlang mit dem Kricketschläger zusammengetrieben,
quer über den Rasen, und hinten an der Kellertreppe war ihr Stall …«
    Â»Wenn du in Ruhe ›Schafe‹ spielen möchtest, gehe ich wieder. Ich habe sie gestern in Capoliveri gefunden, da war ein Trödelmarkt, bevor dann das Gewitter kam. Nina hat sich eine alte Polaroidkamera gekauft und einen Stapel Filme, leider alle nicht mehr zu gebrauchen.«
    Â»Wie geht es Nina? Ich sehe sie gar nicht mehr!«
    Matteo strich sich mit der flachen Hand über den Hinterkopf. »Ganz gut so weit. Und wie ist es bei dir?«
    Â»Ach, Matteo!« Für einen kurzen Augenblick hatte sie durch die Pflanzen im Park und die vier Holzkugeln ihre gereizte Stimmung vergessen.
    Â»Das weißt du ja noch gar nicht, meine Mutter war wirklich damals im November hier auf der Insel, ich habe gestern zufällig die Pension gefunden, direkt in Procchio.« Bemüht, ihre Stimme nicht allzu bedrückt klingen zu lassen, erzählte Magdalena ihm von Signora Galetti und auch von dem Anruf ihres Großvaters.
    Â»Und es war dieser Paolo, Opa Rudi konnte sich tatsächlich noch an den Namen erinnern, es war wirklich dieser Paolo, er hat angerufen, um sich zu entschuldigen!« Sie schaute ihn an und versuchte zu lachen: » I’m so sorry! Er ruft an, um sich zu entschuldigen, dass er mich gemacht hat!« Sie wandte sich ab, um ihn die Tränen nicht sehen zu lassen, die in ihre Augen stiegen. Es tat weh, es brannte so stark, dass sie kaum mehr atmen konnte. Alles an Einsamkeit und Verlassensein, all diese bekannten Gefühle sammelten sich plötzlich in ihren Lungen und schmerzten.
    Â»Und nun?«, fragte Matteo leise.
    Â»Nichts! Ich gebe auf, ich kann doch nicht einem Paolo aus Livorno hinterherrennen, Livorno hat wie viele Einwohner?
Hunderttausend? Hundertfünfzigtausend? Das ist doch utopisch, den zu finden. Ich geb’s auf«, wiederholte sie. »Verdammter Mist!« Und weil ihr jetzt schon wieder die Tränen kamen und alles so aussichtslos war, schmetterte sie die blaue Holzkugel, die sie noch in der Hand hielt, mit voller Wucht gegen die Mauer. Sie zerbrach mit einem trockenen Krachen in zwei Teile.
    Â»O nein!« Sie eilte auf die Mauer zu und hob die Hälften vom Boden auf, etwas Erde klebte daran.
    Â»Machst du das immer so?«, fragte Matteo hinter ihr.
    Â»Ja.«
    Â»Darf man wissen, warum?«
    Â»Weil ich blöd bin! Ausgerechnet das blaue Schaf! Ich klebe das wieder.«
    Â»Du musst doch diese alte Holzkugel

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