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Magdalenas Garten

Titel: Magdalenas Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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Nina sonst noch was zu ordnen gab. Langsam tastete sie sich über den Boden des Schranks, es kribbelte vor Spannung in ihrem Bauch. Eine Reisetasche, leer, ein leerer Schuhkarton, eine Plastiktüte, halb voll mit weißen Kerzenstummeln. Was hatte Nina denn mit den abgebrannten, aneinanderklebenden Kerzen vor? Ein Vorrat für schlechte Zeiten, falls mal der Strom ausfiel? Magdalena legte alles sorgfältig wieder an seinen Platz zurück. Noch ein
Karton, schwer diesmal. Sie hob den Deckel, es waren Bücher. Kalenderbücher. Ohne zu überlegen, nahm Magdalena das oberste und blätterte darin herum. Giovanna Maria Galotti, das war Ninas Schrift. Giovanna Maria - so lautete also ihr richtiger Name. Via Belsiana 28, Roma. Ein Tagebuch vom letzten Jahr, darunter die Tagebücher der vorangegangenen fünf Jahre. Wieso schleppte sie ihre alten Tagebücher mit sich herum?
    Das macht man nicht, tu es wieder weg! Moment - Magdalena warf einen Blick auf die Türklinke, Nina konnte jede Sekunde in die Küche kommen -, ganz kurz nur noch, ich will nur wissen, ob sie auf Italienisch oder Deutsch schreibt, dann lege ich es sofort weg, großes Boxer-Ehrenwort. Magdalena schlug eine Seite im Mai auf:
    Â 
    18. 05. Werde bestraft für meine Vergehen, für meine Gedanken, für die Freiheit, die ich meinte, verdient zu haben. Ich bin schuld und werde nie wieder un-schuldig sein. Du musst durchhalten, bis sich Narben gebildet haben, sagte Ella gestern zu mir. Durchhalten, bis du den Schmerz nicht mehr so sehr spürst. Meine Oberfläche ist für immer roh und blutig.
    Â 
    O Gott, worüber schreibt sie da, woran ist Nina schuld?
    Â 
    19. 05. Die Nächte sind das Schlimmste, wie selbstsüchtig habe ich mich im letzten Jahr manchmal nach Schlaf gesehnt, und nun fürchte ich ihn. Wieder dieser Kaufhaus-Traum, total real, suche sie nicht einmal, weil sie nicht mehr da sind. Selbst im Traum vergesse ich das nie.
    Â 
    Sie schreibt auf Deutsch, siehst du, und nun weißt du mehr, als du wissen wolltest, und fühlst dich schlecht. Geschieht dir recht!
    Magdalena blätterte weiter. Ein paar Monate später:

    Â 
    10.12. Habe Cinzia für ein paar Tage bei mir aufgenommen, die Ergebnisse kommen erst in vier Tagen. Verdammt langsam, das Labor! Werde ihr danach den Flug nach Hause buchen, die Angst vor dem Befund macht sie so schwach, dass sie sich nicht dauernd bedankt, sondern einfach nimmt, was ich ihr gebe. Ich liebe sie dafür, ihre Sorgen lassen mich für Minuten vergessen. Habe mich entschieden, Giulia das Geld vorzustrecken, völlig egal, ob sie es mir jemals zurückzahlt. Sie wird es damit schaffen, diesen Scheißkerl zu verlassen.
    Â 
    In Magdalenas Kopf arbeitete es. Nina hatte diesen beiden Frauen geholfen, uneigennützig, großzügig, so wie sie jetzt auch ihr half. Nur um zu vergessen. Aber was?
    Sie hörte Schritte auf der Treppe, klappernde Holzsohlen, das musste Nina sein, sie trug heute die orangefarbenen Clogs aus der langen bunten Schuhreihe. Hastig klappte sie das Buch zu und legte es wieder in den Karton zurück, dann stellte sie die Schuhe an ihren Platz, erhob sich mühsam und streckte ihren Kopf zur Tür hinaus.
    Â» Ciao , Magdalena!« Nina strahlte sie an. »Kräftig genug für einen Ausflug? Dann los!«
    Â 
    Sie fuhren den Berg hinunter.
    Â»Hast du wieder geputzt?«, fragte Nina streng.
    Â»Nur ein bisschen«, gab Magdalena zu. Sie war eine miese Schnüfflerin, wenn Nina das wüsste, würde sie sich nicht mehr um sie kümmern. So wie sie sich um die anderen gekümmert hatte. Sie war eine von vielen. Wieso tat Nina das? Magdalena versuchte, einen unbefangenen Ton anzuschlagen:
    Â»Weißt du eigentlich, dass ich noch nie so gelebt habe, so ohne Uhr, ohne Mittagspause, ohne meine Bahnen im Schwimmbecken zu ziehen und ohne den Wecker zu stellen?«
    Ihre Stimme klang piepsig und unecht.

    Â»Ach, komm«, sagte Nina bloß.
    Â»Nein, wirklich. Das erste Mal in meinem Leben tue ich nichts Nützliches. Ich stehe nicht um sieben auf, schmiere niemandem zwei Scheiben Knäckebrot mit Leberwurst zum zweiten Frühstück, gehe nicht in den Verlag.«
    Â»Du hast sonst wohl immer was Vernünftiges zu tun, was?«
    Ninas Stimme klingt kein bisschen abfällig, dabei hätte ich es mehr als verdient …
    Â»Nach dem Abitur habe ich die Ausbildung zur Kartografin begonnen und in meinen

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