Magdalenas Garten
der Salotto di Procchio . Früher fuhr der gesamte Verkehr durch âºProcchios Wohnzimmerâ¹, es war die HauptdurchgangsstraÃe, dann haben sie die Autos umgeleitet und dieses Holzpodest plus Bedachung gebaut, und nun schwitzt man hier im Sommer drunter und weià nicht so recht, welche Tische und Stühle zu welcher Bar gehören.« Nina setzte sich auf den erstbesten Stuhl. Während sie in ihren Latte-macchiato-Gläsern
rührten, zählte Magdalena Nina die Läden, Eiscafés und Restaurants auf, in denen sie am ersten Tag schon nachgefragt hatte.
»Aber jetzt haben wir einen ganz anderen Hinweis. Wir fragen, ob jemand den jungen Mann mit den geschlossenen Augen hier kennt, und gleichzeitig, ob er Olmo Spinetti aus Procchio sein könnte«, sagte Nina und strahlte. Sie zahlten und zogen los.
Könnte sein, schon möglich, alle waren freundlich, doch niemand wollte sich mit einem klaren Ja oder Nein festlegen. Bei jeder Absage wurde Magdalena mutloser.
»âeidiâ¦Â«, wiederholte der bestimmt über siebzigjährige Gemüsemann, mit einem gedämpften Erkennen in der Stimme, sodass Magdalena erneut den Atem anhielt. Aber dann zuckte er nur die Schultern und bestätigte, was sie schon geahnt hatte: Er konnte sich nicht an Heidi und den Unbekannten neben ihr erinnern.
Magdalena verlieà seufzend den Laden und setzte sich vor der Bar La Pinta auf einen Stuhl.
»Was ist denn?«, fragte Nina und lieà sich neben ihr nieder. »Du weinst ja, weinst du?!«
»Quatsch, ich denke nach!«
»Ach, so schaust du also aus, wenn du nachdenkst. Interessant.«
»Ich muss meinem GroÃvater eine Mail schicken, er wartet zu Hause auf mich. Bitterböse und beleidigt.«
»Du kannst hier in der Bar ins Internet.«
»Aber was soll ich ihm schreiben?«
Nina lachte: »Lieber Opa, ich danke dir für deine Unterstützung! Indem du daheim die Stellung hältst, kann ich mich da in Ruhe um meine Nachforschungen kümmern. Deine Dich liebende Enkelin Magdalena«.
Magdalena runzelte die Stirn.
»Ja, sicher, Lob, überschütte ihn mit Lob, bis er nichts mehr sagen kann!«
»Denkst du dir so.« Magdalena zuckte zusammen, jetzt hörte sie sich schon an wie Opa Rudi.
»Soll ich es dir diktieren?«
»Nein, danke, das schaffe ich schon allein.«
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Erschöpft und völlig leer im Kopf rollte Magdalena sich zehn Minuten später neben Nina auf dem Beifahrersitz zusammen und hörte schweigend deren Pläne an, Kopien des Fotos aufzuhängen oder im Internet bei Facebook nach dem Unbekannten zu suchen.
Sie mochte ihr nicht erzählen, dass sie ihren Text Wort für Wort in die Mail an Rudi übernommen hatte, die sie, ohne sie noch einmal zu lesen, abgeschickt hatte.
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Kaum dass sie vor dem POLO gehalten hatten, hinkte Magdalena die Treppen hinauf, nahm die rechte Treppe und den Umweg über die Tanzfläche, damit Nina nicht gleich wusste, wo sie war, und flüchtete in den Zitronengarten.
Langsam wanderte sie zwischen den Bäumen umher, machte eine kleine Pause auf dem Holzschemel, stand wieder auf und setzte ihren Rundgang fort. Nach einigen Minuten merkte sie, wie sich ihre Enttäuschung und der dazugehörige Stein in ihrem Magen auflösten. Die zwei vorderen Zitronenbäume machten ihr Sorgen, sie schienen innerhalb der letzten Stunden noch mehr Blätter verloren zu haben, die gelb und zusammengerollt am Boden zwischen den Gräsern lagen. Sie mussten sofort Wasser bekommen, aber woher? Die Nachmittagssonne suchte sich zwischen den Pinien ihren Weg und schien ihr voll ins Gesicht, die wie gerupft aussehenden Zweige des Zitronenbaumes
über ihr boten kaum mehr Schatten. Magdalena schaute sich um, kein Wasseranschluss zu sehen, keine Pumpe, kein Schlauch, gar nichts. Ein langer Gartenschlauch würde schon helfen, aus der Orangerie bis hierher. Wie viele Meter waren das, dreiÃig, fünfzig? Auf jeden Fall zu viele, das war doch alles bescheuert, die Bäume gingen ein, und auch um den Rest des wunderschönen Parks kümmerte sich niemand. Niemals hätte man daraus einen Nachtclub machen dürfen. Wütend stampfte Magdalena mit dem Fuà auf, der Schmerz schoss ihr das Bein hoch. Im selben Moment vernahm sie einen hallenden, dumpfen Laut unter ihren FüÃen. Sie trat noch einmal auf, vorsichtiger diesmal, scharrte neugierig Laub und lose Erde beiseite und legte einen
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