Maggie O'Dell 03 - Schwarze Seele
sich vorwurfsvoll vor Maggie auf. „Du hast ihn so sehr geliebt, dass du für andere keine Gefühle mehr übrig hast. Nicht für mich, nicht für Greg und vermutlich nicht mal für deinen Cowboy.“
„Okay, jetzt reicht’s.“ Maggie wollte sich das nicht anhören. Es war lächerlich. Die Frau wusste nicht, was sie redete.
„Er war kein Heiliger, weißt du?“
„Wen meinst du?“
„Deinen Vater.“
Maggie bekam Magenschmerzen.
„Deinen viel gepriesenen Vater“, fügte Kathleen zur Klärung hinzu. „Du hast ihn immer mehr geliebt als mich. So sehr, dass für uns andere nichts mehr blieb. Und du hast deine Liebe mit ihm begraben.“
„Das ist nicht wahr!“
„Aber er war kein Heiliger, weißt du?“
„Wag es nicht!“ drohte Maggie, ärgerlich über das Beben ihrer Lippen.
„Soll ich nicht wagen, dir die Wahrheit zu sagen?“
Kathleen lächelte grausam. Warum nur? „Ich muss gehen.“ Maggie wandte sich zur Tür.
„In der Nacht des Feuers war er nicht zu Hause, sondern vögelte seine Freundin!“
Maggie war, als stieße man ihr einen Dolch in den Rücken, sie verharrte kurz und fuhr zur Mutter herum.
„Ich musste ihn bei ihr informieren, nachdem der Einsatzleiter angerufen hatte und ihn suchte“, fuhr Kathleen fort. „Alle glaubten, er schliefe bei mir, aber er war in ihrem Bett und machte mit ihr rum.“
„Hör auf!“ forderte Maggie, doch es war kaum mehr als ein Flüstern, denn die Atemluft schien aus den Lungen gewichen zu sein.
„Ich habe es dir nie gesagt. Ich habe es niemandem gesagt. Wie hätte ich, nachdem er in jener Nacht in das brennende Gebäude rannte und als verdammter Held starb?“
„Du erfindest das.“
„Er hat sie geschwängert. Sie hat einen Sohn. Seinen Sohn. Der Sohn, den ich ihm nicht geben konnte.“
„Warum tust du das? Warum erfindest du so etwas?“ fragte Maggie und versuchte zu verhindern, dass die gekränkte Zwölfjährige in ihr erneut die Oberhand gewann, obwohl ihre Stimme schon wieder kindlich klang. „Du lügst!“
„Ich dachte, ich müsste dich schützen. Deshalb habe ich damals gelogen, aber nicht jetzt. Warum sollte ich jetzt lügen?
„Um mir wehzutun.“
„Dir wehzutun?“ Ihre Mutter verdrehte die Augen, ihr Sarkasmus überlagerte jetzt alle anderen Emotionen. „Ich habe jahrelang versucht, dich vor der Wahrheit zu schützen.
„Mich schützen?“ Jetzt kam Maggie in Rage. „Mit mir durchs halbe Land zu ziehen, das nennst du schützen? Fremde Männer mit heimzubringen, damit sie mich begrapschen, nennst du schützen?“
„Ich habe getan, was ich konnte.“ Kathleens Blick wanderte schon wieder durch den Raum, und Maggie wusste, dass ihre Mutter nach einem Rückzugs- oder Fluchtweg suchte, nachdem sie gesagt hatte, was sie sagen wollte.
„Du hast in jener Nacht nur einen Ehemann verloren, aber ich habe beide Eltern verloren!“
„Das ist lächerlich.“
„Ich habe meinen Vater und meine Mutter verloren. Und was bekam ich an ihrer Stelle? Eine betrunkene Invalidin, um die ich mich kümmern musste! Eine betrunkene Schlampe anstelle einer Mutter!“
Der Schlag kam so schnell, dass Maggie keine Zeit blieb, auszuweichen. Sie rieb sich die brennende Wange und ärgerte sich über die Tränen, die ihr bereits über die Wangen liefen.
„Mein Gott, Maggie!“ Kathleen streckte die Hand nach ihr aus, doch Maggie wich zurück. „Tut mir Leid. Ich wollte nicht...“
„Nein, lass.“ Sie hob abwehrend die Hand, straffte sich und wich dem Blick der Mutter aus. „Entschuldige dich nicht.“ Sie wischte sich noch einmal die Tränen ab. „Das war eine für dich typische Reaktion. Ich habe nichts anderes erwartet.“
Sie wandte sich ab und ging, schaffte es zum Wagen und fuhr mit tränenverschleiertem Blick zur 1-95. Dort parkte sie auf dem Randstreifen, schaltete bei laufendem Motor die Scheinwerfer aus und das Warnlicht ein, drehte das Radio auf und ließ ihren Schluchzern freien Lauf. Sie kapitulierte endlich und ließ die brüchigen inneren Barrieren einstürzen.
54. KAPITEL
Gwen wusste, sie sollte langsamer trinken, leerte ihr Weinglas aber dennoch auf einen Zug. Sie spürte, dass Tully sie über den kleinen runden Tisch hinweg höflich besorgt beobachtete, während er mit Spaghetti und Fleischbällchen kämpfte.
Er hatte ein hübsches italienisches Restaurant ausgewählt: frische weiße Tischtücher, Kerzen in allen Fenstern und eine große Schar Bedienungspersonal, das sie ausgesucht höflich und freundlich behandelte,
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