Maggie O'Dell 03 - Schwarze Seele
sicherem Abstand zu den Händen waren. Dann ließ er drei Filmdosen in ihre Jackentasche gleiten. Somit hatte sie jetzt die Filme in der einen und das Tagebuch seiner Mutter in der anderen Tasche.
„Jede Minute taucht meine Unterstützung hier auf, Garrison“, sagte sie und versuchte sich verzweifelt zu erinnern, ob sie irgendwem erzählt hatte, dass sie zu seinem Apartment wollte. Nein, sie hatte es niemandem gesagt. Nicht mal Gwen. Die alte Frau hatte als Einzige gewusst, dass sie hier war.
„Warum brauchen Sie Unterstützung?“ Er war nicht mal besorgt, eher amüsiert von der Vorstellung. „Sie haben selbst gesagt, alle sind überzeugt, dass Everett der Mörder ist. Er und sein Komplize Brandon. Armer Junge. Seine Achillesferse ist, dass er nicht weiß, wie man Frauen vögelt.“
Garrison war wieder am Tresen. Er sprach ohne jeden Anflug von Hektik oder Panik. Stattdessen legte er die Waffe beiseite und begann mit sorgfältigen Bewegungen das dreibeinige Stativ aufzubauen. „Es ist nicht das, was mir vorgeschwebt hat“, erzählte er abwesend wie im Selbstgespräch. „Aber gibt es einen besseren Abgang als mit einem letzten großen Knall?“
Sie musste etwas unternehmen. Er stellte das Stativ wenige Schritte vor ihr auf, genau wie bei den anderen Opfern.
„Ja, Sie haben uns wirklich alle hereingelegt“, bestätigte sie ihm und hoffte mit Schmeichelei seine Aufmerksamkeit abzulenken. Dabei schaute sie sich um. Ihre Waffe lag etwa drei Schritte entfernt. Zu weit weg. Mit den Händen vor dem Körper - nun ja, wenigstens mit einer brauchbaren Hand - könnte sie etwas greifen und es als Waffe benutzen. Sie blickte suchend umher. Eine Lampe zur Linken. Im Kleiderberg ein Gürtel mit Schnalle. Auf dem Couchtisch afrikanische Tonarbeiten.
Garrison legte eine neue Filmrolle in die Kamera. Maggie blieb nicht viel Zeit. Sie versuchte sich zu konzentrieren. Sie musste nachdenken und den pochenden Arm und das im Ärmel hinabrinnende Blut ignorieren. Die Kamera war geladen. Er begann sie auf dem Stativ zu befestigen, wickelte ein Kabel ab und stöpselte das Ende in den Apparat. Das war ein Auslösekabel, damit er das Foto aus einiger Entfernung machen konnte. Er musste nicht hinter der Kamera stehen und sie nicht mal berühren. Maggie war klar, dass er sie bis zur Bewusstlosigkeit würgen und dabei Bilder schießen konnte.
Sie schob sich mit dem Rücken näher zur Wand. Wie lange würde sie brauchen, die Knie anzuwinkeln und sich gegen die Wand gestemmt hochzuschieben? Das schaffte sie trotz der Fesseln. Aber wie lange würde es dauern?
Er prüfte den Blickwinkel und neigte die Plattform des Stativs ein wenig, um die Perspektive zu verbessern. Maggie versuchte sich von den rituellen Vorbereitungen und der kalkulierten Ruhe seiner knappen, zielgerichteten Bewegungen nicht nervös machen oder ängstigen zu lassen. Ihre Gedanken rasten, der Blick schweifte umher. Der verdammte Arm pochte so heftig wie ihr Herz. In den Ohren war ein ständiges Dröhnen, das sie beim Denken störte.
„Ich gehe sicher in die Geschichte ein“, murmelte Garrison, stellte die Sekunden ein, prüfte abschätzend und drehte die Kameralinse. Er stellte die Schärfe ein und veränderte sie wieder, überprüfte noch einmal alles und setzte die Vorbereitungen fort.
Maggie zog leise und langsam die Knie zum Kinn. Garrison war zu beschäftigt, es zu bemerken, drehte ihr manchmal den Rücken zu und nahm ihr den Blick auf die Kamera. Völlig in die Vorbereitungen versunken, wurde er rasch zum unsichtbaren Kameramann.
„Das hat noch keiner probiert. Ein Selbstporträt und die entfliehende Seele auf Film ... alles exakt im Timing“, fuhr er fort, und die Worte wurden zum aufmunternden Mantra. „Und der Winkel. Entscheidend sind Winkel und Timing. O ja, ich werde berühmt, das ist sicher. Das übertrifft meine kühnsten Erwartungen und die Träume meiner Mutter.“ Er war so in seine Sache vertieft, dass er sein Opfer vergaß oder es vielmehr zu einem weiteren bloßen Objekt degradierte - das hoffnungslos wartete, um Teil seiner bizarren Vorführung zu werden.
Doch Maggie wartete nicht nur. Sie zog die Füße heran, leise und so nah wie möglich. Noch ein bisschen mehr. Das war genug. Jetzt konnte sie die Wäscheleine greifen. Aber nicht den Knoten. Sie verlagerte das Gewicht, und Schmerz schoss ihr durch den Arm. Sie hielt inne und wäre fast in Tränen ausgebrochen. Verdammt!
Sie sah prüfend zu Garrison. Der wickelte auf dem Weg zum
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