Maggie O'Dell 03 - Schwarze Seele
uns vor denen schützen, die eifersüchtig sind auf meine Macht. Am meisten Sorge bereitet mit jedoch, dass ich Verrat in den eigenen Reihen spüre.“
Emily schnappte nach Luft, und Kathleen hätte sie am liebsten geohrfeigt. Merkte die denn nicht, wie schwer das für Vater war? Er brauchte ihre Stärke und Unterstützung, nicht ihre Panik. Obwohl sie nicht sicher war, was Vater mit Verrat meinte. Sie wusste, dass es Mitglieder gab, die wieder gegangen waren, kürzlich sogar mehrere. Und dann natürlich der Reporter - der Fotograf, der sich als angeblich verlorene Seele in ihr Lager eingeschlichen hatte.
„Niemand, der sich mir in den Weg stellt, bleibt ungestraft.“ Bei diesen Worten wirkte er jedoch nicht zornig, sondern traurig und sah sie der Reihe nach an, als erbitte er Hilfe. Obwohl dieser starke, wunderbare Mann das nie tun würde, zumindest nicht für sich. Kathleen hätte gern etwas getan oder gesagt, um ihn zu trösten.
„Ich zähle auf Sie drei“, fuhr er fort. „Nur Sie können mir helfen. Wir dürfen unsere Gemeinschaft nicht durch Lügen zerstören lassen. Wir dürfen niemandem trauen. Wir dürfen nicht zulassen, dass sie unsere Kirche aufbrechen.“ Allmählich redete er sich in Rage. Er ballte die Hände, und seine Gesichtsfarbe wechselte von oliv nach knallrot. Trotzdem blieb seine Stimme gelassen. „Wer nicht für uns ist, ist gegen uns. Wer gegen uns ist, ist eifersüchtig auf unseren Glauben, unser Wissen und unsere besondere Gnade bei Gott.“
Er schlug mit der Faust auf die Sessellehne, dass Kathleen zusammenzuckte. Er schien es nicht zu bemerken und fuhr fort, als hätte die Wut Besitz von ihm ergriffen. Kathleen hatte ihn noch nie so erlebt. Speichel lief ihm aus einem Mundwinkel, als er sich ereiferte: „Sie neiden mir meine Macht. Sie wollen mich vernichten, weil ich zu viele ihrer Geheimnisse kenne. Sie werden nicht zerstören, was ich in langer, harter Arbeit aufgebaut habe. Wieso bilden die sich ein, mich überlisten, ja ruinieren zu können? Ich sehe das Ende in einem Feuerball kommen, wenn sie mich zerstören wollen.“
Kathleen sah zu, ohne sich ihr Unbehagen anmerken zu lassen. Vielleicht war das einer von Vaters prophetischen Anfällen. Er hatte ihnen von seinen Visionen, seinem Zittern und seinen Gesprächen mit Gott erzählt, aber niemand war je Zeuge geworden. War es jetzt so weit? Quollen ihm deshalb die Adern an den Schläfen hervor, presste er deshalb die Zähne zusammen? Sah das so aus, wenn man mit Gott redete? Woher sollte sie das wissen? Sie hatte vor Ewigkeiten aufgehört, mit Gott zu reden. Genau seit der Zeit, als sie an die Macht von Jack Daniels und Jim Beam zu glauben begann.
Vater schien eine besondere Macht, bestimmte Kenntnisse und fast hellseherische Fähigkeiten zu besitzen. Wie sonst wäre es ihm möglich, sich so haargenau auf die Ängste der Menschen einzustellen? Woher sonst wüsste er so viel über Dinge, die Medien und Regierung geheim zu halten versuchten?
Sie war entsetzt gewesen, als er ihnen erzählt hatte, dass die Regierung Chemikalien wie Fluoride ins Wasser gab, um Krebs zu erzeugen, oder gesunde Kühe mit E-Coli-Bakterien infizierte, um eine Panik auszulösen, dass sie Abhöreinrichtungen in Handys montierten oder Kameras in Bankautomaten, um jede ihrer Bewegungen aufzuzeichnen. Sogar der Magnetstreifen auf der Rückseite ihrer Kreditkarte enthielt Daten, die es ermöglichten, ihre Wege zu verfolgen. Und mit dem Internet konnte die Regierung jetzt das Heim jedes Einzelnen ausspionieren, sobald er online war.
Zunächst war sie skeptisch gewesen, doch wenn Vater ihnen Artikel aus, wie er sagte, unvoreingenommenen Quellen vorlas, manchmal aus renommierten medizinischen Journalen, fand sie sein Wissen bestätigt.
Er war einer der weisesten Männer, die Kathleen kannte. Sie wusste immer noch nicht genau, ob ihr die eigene Seelenrettung wirklich am Herzen lag. Wichtig war für sie jedoch, dass sie zum ersten Mal seit über zwanzig Jahren wieder an jemanden glaubte und von Menschen umgeben war, denen sie etwas bedeutete. Sie war integraler Bestandteil einer Gemeinschaft und von etwas, das größer und wichtiger war als sie selbst. Das war eine neue wertvolle Erfahrung.
„Kathleen?“
„Ja, Vater?“
Er schenkte ihnen Tee nach und furchte leicht die Stirn, als er merkte, dass sie ihren kaum angerührt hatte. „Was können Sie mir über das Frühstück mit Ihrer Tochter erzählen?“
„Ach das. Es war schön“, log sie, um nicht
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