Magic Cleaning
gut wie sicher, denn die von mir als «magisch» bezeichnete Aufräummethode hat einen großen Einfluss auf unser Denken, Fühlen und Handeln. Manchmal bin sogar ich erstaunt, was mir meine Absolventinnen so alles erzählen. Ich kann es nur noch einmal wiederholen: Im Leben von Menschen, die «in einem Rutsch, in kurzer Zeit und perfekt» aufgeräumt haben, bleibt kaum ein Stein auf dem anderen. Doch keine Angst, es sind ausschließlich Veränderungen zum Positiven hin!
Frau S., die Mutter von Frau M., bekam einen Schock, als sie das entrümpelte und nun perfekt aufgeräumte Zimmer ihrer Tochter sah. Als Kind hatte sich Frau M. immer geweigert, auch nur ansatzweise aufzuräumen, selbst strenge Ermahnungen halfen nichts – und nun das! Frau S. war so begeistert, dass sie daraufhin selber bei mir Unterricht nahm. Sie hielt sich bis dato für eine recht versierte Aufräumerin, doch nun hatte sie am Beispiel ihrer Tochter gesehen, dass dies offensichtlich gar nicht stimmte. Im Verlauf des Unterrichts begann sie Spaß am Wegwerfen zu entwickeln und konnte sich sogar problemlos von dem teuren Zubehör für die Teezeremonie trennen, das sie nie benutzte. Sehnsüchtig erwartete sie immer den Tag der Sperrmüllabholung. «Bis jetzt war ich nicht so selbstbewusst und wollte ständig etwas an mir ändern. Doch nun weiß ich, dass ich so bleiben will, wie ich bin. Dadurch, dass ich ein Kriterium habe, anhand dessen ich die Dinge beurteilen kann, habe ich viel an Selbstvertrauen gewonnen.»
Frau S. hat den Nagel auf den Kopf getroffen: Durch das Aufräumen entwickeln wir Vertrauen in unsere eigene Urteilskraft – und damit automatisch auch in uns selbst. Wenn wir jedes Ding einzeln in die Hand nehmen und uns fragen, ob es uns glücklich macht oder nicht, können wir entscheiden, ob wir es behalten oder lieber wegwerfen wollen. Im Prozess des Aufräumens haben wir durch die hundertfache Wiederholung dieses Moments unsere Urteilskraft auf natürliche Weise geschärft. Wer kein Vertrauen in seine eigene Urteilskraft hat, vertraut auch sich selbst nicht. Ich will es nicht verheimlichen: Auch ich war einmal so. Was mich gerettet hat, war das Aufräumen!
Mehr Selbstvertrauen gewinnen
W arum beschäftige ich mich eigentlich so intensiv mit dem Aufräumen? Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich mich nach mehr Aufmerksamkeit von meinen Eltern sehnte. Ich bin die Mittlere von drei Geschwistern. Ab meinem vierten Lebensjahr kümmerten sich meine Eltern nicht mehr so sehr um mich. Sie taten dies sicherlich nicht in böser Absicht, da ich aber zwischen meinem älteren Bruder und meiner kleinen Schwester stand, empfand ich es damals so. Dass ich mich ab dem letzten Kindergartenjahr zunehmend für Hausarbeiten und das Aufräumen interessierte, hängt vielleicht damit zusammen, dass ich, obwohl ich noch so klein war, meinen Eltern keine Umstände machen wollte. Schließlich hatten sie, jedenfalls in meinen Augen, mit meinen Geschwistern schon genug zu tun. Deshalb gab ich mir große Mühe, so selbständig wie möglich zu sein. Ich denke, dass ich damals von meinen Eltern einfach nur gelobt und beachtet werden wollte.
Schon im ersten Schuljahr stellte ich mir den Wecker, um früher als der Rest der Familie aufzustehen. Ich vertraute dabei lieber dem Piepton, als zu warten, bis meine Eltern ins Zimmer kamen. Überhaupt fiel es mir schwer, mich auf andere zu verlassen oder gar anderen meine Gefühle anzuvertrauen. Die Ferien verbrachte ich meist damit, ganz alleine im Haus herumzuwuseln und aufzuräumen. Nach heutigen Maßstäben war ich wohl kein sehr fröhliches Kind. Wenn ich das Haus mal verließ (was selten vorkam), streifte ich alleine umher. Das mache ich heute immer noch gern. Es ist für mich selbstverständlich geworden, alleine zu entscheiden und zu handeln.
Da ich also wenig Erfahrung im Aufbau von Beziehungen zu Menschen hatte, war ich wohl umso beharrlicher im Aufbau von Beziehungen zu Dingen. Ich mochte es nicht, vor anderen eine Schwäche oder ihnen mein wahres Selbst zu zeigen, also liebte ich mein Zimmer und die Dinge desto mehr, weil sie mich so annahmen, wie ich eben war. Die Dinge und das Haus: Sie lehrten mich noch vor den Eltern und den Freunden, was bedingungslose Liebe und Dankbarkeit bedeuten.
Ehrlich gesagt habe ich auch jetzt noch, als Erwachsene und als erfolgreiche Geschäftsfrau, kein großes Selbstbewusstsein. Manchmal mag ich mich selbst nicht, weil ich noch so jung bin und so viele Fehler habe. Das
Weitere Kostenlose Bücher