Magic Cottage
Weile. »Eine so schöne Lage, und doch wirkt das Haus . . . unglücklich.« Sie sah auf mich herunter. »Es kommt mir abweisend vor.«
»Komm schon, so weit würde ich nicht gehen. Okay, natürlich besteht die Möglichkeit, daß wir uns auf Privatbesitz befinden. Und daß irgend jemand recht sauer wird, wenn er uns hier sieht —«
Sie stand augenblicklich auf.
»Hey, nur die Ruhe«, bremste ich und blieb, wo ich war. »Ich hab' doch nur Spaß gemacht. Wir haben kein einziges Schild gesehen, das darauf hinweist, daß hier Privatbesitz ist.«
Sie wandte den Kopf, als erwarte sie ernsthaft, daß im nächsten Moment Wildhüter mit geladenen Schrotflinten auftauchten. »Es gefällt mir nicht hier. Ich hab' das Gefühl, als würde man uns beobachten.«
Ich erhob mich und wischte Grasstückchen von meinen Jeans. »Du bist unmöglich. Nirgends könnte es friedlicher sein, und du machst dir in die Hosen.«
»Ich fühle mich nicht wohl. Bitte, laß uns gehen, Mike; okay?«
Nun betrachtete ich sie doch ein wenig besorgt; da war ein Unterton von Angst in ihrer Stimme . . . eine Angst, die die Situation nur schwerlich rechtfertigte. »Okay, Midge«, stimmte ich zu und nahm ihre Hand. »Wir sind schon so gut wie weg.«
Wir gingen zurück, und bevor wir wieder in das schattige Waldland eintauchten, warf ich dem grauen Haus einen letzten Blick zu. Aus dieser Entfernung wirkte das Düsterhaus vollkommen harmlos.
Die verletzte Drossel fanden wir einige Zeit später, als wir den Wald fast wieder durchquert hatten, und zwar auf dem gleichen Pfad, den wir vorhin gekommen waren (jedenfalls versicherte mir Midge immer wieder, es sei der gleiche Pfad). Sie führte unbeirrt, während ich genauso unbeirrt hinter ihr hertappte, die Fingerspitzen in den Jeanstaschen und dabei gelegentlich das Hei-ho der Zwerge singend.
Midge jagte mir einen ziemlichen Schrecken ein, als sie unvermittelt anhielt und eine Hand gegen meine Brust stemmte. Ich erstarrte, die Lippen noch gespitzt.
»Was ist los?« flüsterte ich, aber sie winkte nur ab und bückte sich tief über den Weg. Ich hörte eine verzweifelte, raschelnde Bewegung und bückte mich jetzt ebenfalls.
Midge schob behutsam das Gestrüpp neben dem Pfad beiseite - ein winziges, durchdringendes Tschiip! warnte sie. Der Vogel starrte uns mit großen, dunklen Augen an; der kleine Kopf ruckte ängstlich.
»Ach, du armer kleiner Kerl«, flüsterte Midge voller Anteilnahme. »Sieh nur, Mike, er hat einen gebrochenen Flügel.«
Ich schob mich gebückt näher heran, und der verzweifelte kleine Kerl flatterte mit dem gesunden Flügel weg und versuchte zu entkommen. Midge streckte eine sanfte Hand aus, und seine Panik legte sich sofort, obwohl er mich noch immer mit einiger Skepsis beäugte. Sie gab ein paar sanft gurrende Laute von sich, und zu meiner Überraschung ließ der Vogel zu, daß ihre Finger seinen gefleckten Bauch streichelten.
»Das ist eine Misteldrossel«, erklärte mir Midge ganz ruhig. »Sie muß gegen einen Baum geflogen sein oder sich im Gestrüpp verfangen haben. Es sieht nicht danach aus, als sei sie von einem anderen Tier angegriffen worden . . . ich sehe keine Wunden und auch kein Blut.«
Ich betrachtete den graubraunen Vogel einen Moment lang eingehend und bemerkte, daß Midges Streicheln einen beinahe hypnotischen Effekt auf ihn hatte; die dunklen Augen verschleierten sich, als sinke die Drossel langsam in Schlaf. — »Was machen wir mit ihr?« flüsterte ich.
»Wir können sie nicht hier lassen. Sie würde die Nacht niemals hier im Wald überstehen.«
»Wir können sie nicht mit nach Hause nehmen.«
»Warum nicht? Bei uns ist sie sicher und warm untergebracht, und morgen kann ich sie nach Cantrip oder Bunbury zum Tierarzt bringen.«
»Midge, ihr Flügel ist gebrochen, und zwar verdammt böse . . . Du siehst doch selbst, wie verdreht er ist. Selbst wenn der Schock sie nicht umbringt — ihr Flügel wird nie mehr richtig heilen.«
»Du wirst überrascht sein, wie zäh diese kleinen Burschen sind. Wir werden ihn gesundpflegen, du wirst schon sehen.« Sie schloß die Hände um die Drossel und hob sie behutsam hoch. Der Vogel protestierte nur schwach. Midge ließ ihn an ihrer Brust ruhen, und ich glaube, das Kerlchen genoß die bequeme Lage; jetzt schloß es die Augen Vollständig und schien einzuschlafen. Midge sah auf den kleinen, gefiederten Körper hinunter, der sich mit einer solchen Zärtlichkeit gegen sie schmiegte, daß tief in mir etwas zerschmolz. Sanft,
Weitere Kostenlose Bücher