Magical Village 2 Sonne, Mond und Liebeszauber
allem.« Amber nickte. »Ich wünschte, das hätte mir schon früher jemand erklärt.«
»Tut mir leid, ich dachte, Gwyneth hätte es dir erzählt – und dann fand ich es wirklich komisch, dass du dachtest, es wäre eine Band.« Fern besah sich die Ansammlung leerer Gläser. »Ach ja, wir haben offenbar alles ausgetrunken, und ich könnte Nachschub brauchen. Noch jemand?«
Alle nickten. Amber kramte in ihrer Hosentasche und drückte Fern einige Scheine in die Hand. »Nein, bitte – das ist jetzt aber wirklich meine Runde.«
»Okay, danke – wenn du unbedingt willst … ich nehm es einfach, wie es kommt.« Fern rappelte sich auf. »Hoffentlich haben sie den Pub noch nicht leer getrunken – bis jetzt.«
Jem winkte vergnügt, als Fern über verschiedene bäuchlings daliegende Fiddlesticker hinwegstolzierte, dann stupste er Amber an und zeigte zum Mond.
Sie beugte sich zu ihm. »Ich hab heute Abend einen Grünkäse-Wunsch getan, und du?«
Jem nickte, dann gestikulierte er mit seinem dünnen, gekrümmten Zeigefinger in ihre Richtung.
»Was? Ach so, was ich mir gewünscht habe? Darf ich das denn sagen?«
Jem nickte heftig.
Amber, die merkte, dass Lewis ihren Austausch interessiert verfolgte, schmunzelte. »Tja, ich wusste nicht recht, was ich mir wünschen sollte. Ich meine, ich bin gerade erst hier angekommen und hab das mit St. Bedric noch nicht alles ganz verstanden – aber obwohl ich mir ziemlich albern dabei vorkam, hab ich mir gewünscht, dass ich mein Leben wieder auf die Reihe kriege. Hier. In Fiddlesticks. Macht das Sinn?«
Jem nickte erneut.
»Für mich allerdings ergibt das alles überhaupt keinen Sinn. So etwas habe ich noch nie erlebt. Alle sprechen mit dem Mond. Total bescheuert …«
Lewis sah sie über den Rand seines Glases hinweg an. »Tja, das passt doch. Was glaubst du denn, woher das Wort mondsüchtig kommt?«
Klugscheißer, dachte Amber, dann lächelte sie Jem wieder an. »Okay, jetzt hab ich dir meinen Wunsch erzählt. Und was ist mit euch beiden?«
»Nichts da«, sagte Lewis. »Mein Wunsch bleibt geheim.«
Jem sah ihn unwirsch an und schüttelte den Kopf.
Amber zuckte die Schultern. »Na dann eben nicht. Und was ist mit dir, Jem? Hast du dir etwas Schönes gewünscht?«
Jem nickte und drehte den Kopf zu der Menschenmenge vor dem Weasel and Bucket . Er besah sich sorgfältig die Gruppen, dann zeigte er auf eine Familie aus Mutter, Vater und zwei Kindern, die an einem der Tische saß.
Amber wusste, sie durfte jetzt keinen Fehler machen. Sie glaubte, sich bislang ganz gut geschlagen zu haben. »Eine Familie? Du möchtest bei einer Familie leben?«
Jem schüttelte den Kopf und umklammerte Lewis’ Arm.
»Ach, okay – Lewis ist deine Familie. Also …«
Jem zeigte auf Lewis, dann wieder auf die Familie, wobei er den Finger durch die Luft bewegte, bis er bei dem Mann angekommen war. Dann lächelte er Lewis an.
Amber verkniff sich das Lachen.
Lewis seufzte und kam zu Hilfe. »Jem hat seine Eltern nie kennengelernt. Du brauchst nicht zusammenzuzucken – ich bin keineswegs herzlos. Es ist eine Tatsache, und Jem kennt seine Vergangenheit. Er hat kein Problem damit. Wir kommen so gut miteinander aus, weil wir offen und ehrlich sind. Seit wir uns kennen, war Jem schon immer von Familiengeschichten fasziniert – du weißt schon, gemütliche Gemeinschaft, Beständigkeit, und sie liebten sich, solange sie lebten …«
Jem strahlte übers ganze Gesicht und nickte.
»Klingt großartig«, sagte Amber sanft. »Ich mag solche Geschichten selbst sehr gern. Und eine Familie zu haben ist ganz schön wichtig, wie ich gerade merke. Man hält sie für selbstverständlich, aber wenn man sie dann nicht mehr hat …«
Jem tätschelte mitfühlend ihre Hand. Amber erwiderte die Geste.
»Was Jem sich gewünscht hat, war nicht für ihn selbst. Seiner Einschätzung nach ist er wunschlos glücklich. Er hat für mich gewünscht. Denselben St.-Bedrics-Wunsch wie in den letzten drei Jahren. Seit wir uns kennen, obwohl ich ihm immer sage, er kann sich die Mühe sparen.«
Jem lächelte und bedeutete Lewis, er solle fortfahren.
»Er hat sich gewünscht, dass ich meinen Vater finde. Er weiß, dass Zilla meine Mutter ist, und kann nicht begreifen, warum ich nicht auch einen Vater habe wie in seinen Lieblingsgeschichten.«
»Ach so … und wie stehen die Chancen?«
»Etwa ebenso gut, wie dass die Hölle zufriert.«
»Aber wenn du ihn kennenlernen willst, kann Zilla, also deine Mutter, doch sicher …
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