Magical
Liebe zu finden. Aber es gab auch andere Fälle, bei denen es nicht so gut geklappt hat.« Ihr Gesicht nahm einen geistesabwesenden Ausdruck an, und ich fuchtelte mit der Hand, um sie aus ihren Gedanken zu reißen.
»Wie zum Beispiel?«
»Manchmal helfe ich Leuten und sie werden verhöhnt oder gebacken oder in Meerschaum verwandelt.«
»Meerschaum?« Das ergab keinen Sinn.
Sie bemerkte meine Verwirrung. »Ich will damit nur sagen, dass es nicht ohne Risiko ist.«
»Aber manchmal funktioniert deine Magie, oder? Und nicht nur, wenn du Courtney demütigen willst, meine ich.«
Sie dachte kurz darüber nach, dann lächelte sie.
»Doch!«, sagte ich. »Sie funktioniert. Kannst du einen Liebestrank herstellen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Man muss sein Leben lang Medizin gegen Abstoßungsreaktionen nehmen wie bei einer Nierentransplantation.« Sie dachte darüber nach. »Ich könnte dich mit wirklicher Schönheit ausstatten.«
»Das könntest du?«
»Klar.« Sie wandte sich mir zu und starrte mich lange Zeit an, dann sagte sie: »Sieh mal in den Rückspiegel.«
Ich schaute hinein und baute fast einen Unfall. Kendra griff nach dem Lenkrad. »Langsam!«
»Tut mir leid.« Das Mädchen, das mich aus dem Spiegel ansah, war nicht ich. Ich meine, es ähnelte mir ein wenig, war aber … verbessert. Es war dünn, hatte glattes, kastanienbraunes Haar, höhere Wangenknochen, grüne Augen statt meiner grünlichen haselnussfarbenen. »Wie hast du …?«
»Hexerei.«
»Wow.« Die anderen Sachen, wie das mit Courtney,schienen absolut nicht so enorm zu sein wie das. Ich schaute in den Spiegel und wäre fast wieder ins Schleudern geraten. »Ich kann das nicht glauben. Es ist wirklich echt.«
»Soll ich dafür sorgen, dass es so bleibt?«
Mein Herz schlug einen Salto und ich wagte nicht, noch einmal hinzuschauen, weil ich das Auto sonst wahrscheinlich um einen Telefonmasten gewickelt hätte, doch schließlich sagte ich: »Nein, nein. Warner … mir gefiel, dass er mich um meiner selbst willen liebte. Jedenfalls sagte er, er fände mich schön. Irgendwie …« Ich starrte auf die Straße und erinnerte mich daran, wie es sich angefühlt hatte, als er das gesagt hatte.
»Was?«
»Irgendwie habe ich ihm geglaubt. Ich glaube, er meinte es auch so.«
»Hat er auch.« Ihre Stimme klang unerwartet freundlich.
»Woher weißt du das?«
»Ich weiß es eben. Jungs sind manchmal so. Er hat dich geliebt.«
»Er hat mir nur nicht vertraut.«
»Vielleicht hat er sich selbst nicht vertraut.«
Ich dachte darüber nach und es ergab einen Sinn. Warner musste mit den Lügen seines Vaters zurechtkommen und dann mit – wie er glaubte – meinen. Wenn er nur wüsste, wie Lisette wirklich war, würde er mir verzeihen.
Ich blickte in den Spiegel. Kendras Verschönerung wäre nur eine weitere Lüge.
Ich seufzte. »Lass es uns auf ein andermal verschieben.«
»Bist du sicher?«
Ich warf einen letzten Blick auf mein hübsches glattes Haar.
»Nur die Haare?«, bot Kendra an. »Du könntest den Leuten erzählen, du hättest dich einer Keratin-Behandlung unterzogen.«
»Es würde nichts bringen.«
»Okay.« Sie schnipste mit den Fingern und ich beobachtete, wie mein altes Selbst wieder zurückkehrte, wie die Wangenknochen nach unten sanken, die Augen sich verdunkelten.
»Tiefer Seufzer«, sagte ich, als sich mein Haar aufbauschte.
»Vielleicht wenn du wegziehst, um aufs College zu gehen. Als Belohnung für deinen Abschluss.«
»Ich will nur Warner zurück. Du musst mir helfen.«
Sie tätschelte mir die Hand, was ungewöhnlich für sie war. Sie gehörte nicht zu den Mädchen, ähm, Hexen, die einen dauernd umarmten und küssten. »Denk dir einen risikofreien Plan aus und ich helfe dir.«
Doch welcher Plan war schon ohne Risiko?
»Wohin soll ich dich eigentlich fahren?«, fragte ich sie. »Muss man einen verzauberten Bahnsteig benutzen, um dorthin zu gelangen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Jetzt, wo du Bescheid weißt, brauche ich eigentlich nicht mehr so zu tun als ob, oder?«
»Wie zu tun?«
Sie streckte die Hand aus und kurbelte das Autofenster herunter. Dann verschwand sie.
Ich hörte ein Geräusch, eine Art Krächzen. Ich blickte hinunter auf den Sitz, auf dem sie gesessen hatte. Dort saß ein großer schwarzer Vogel mit funkelnden Augen. Eine Krähe?
Hatte sie sich etwa gerade in eine Krähe verwandelt?
»Kendra?«, sagte ich.
Der Vogel zwinkerte mit einem seiner schwarzen Knopfaugen. Dann flog er aus dem
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