Magical

Fenster.
    ˜ ˜ ˜
    Na ja, es war schon komisch. Irgendwie denkt man gar nicht, dass das Mädchen am Nachbarpult eine echte Hexe sein könnte, auch wenn die Zeichen ziemlich eindeutig sind. Es ist irgendwie so, wie wenn es eine große Schießerei oder ein Bombenattentat gibt und die Nachbarn des Killers im Fernsehen interviewt werden. Sie sagen dann immer, dass sie niemals gedacht hätten, dass dieser Typ so etwas macht. Na ja, natürlich nicht. Es ist undenkbar. Und so ist es auch, wenn jemand eine Hexe ist.
    Und doch schöpfte ich zum ersten Mal wieder Hoffnung. Wenn es Magie auf der Welt gab, war alles möglich.
    Und in dieser Nacht war es tatsächlich so.
    Wir saßen im Esszimmer und aßen Hähnchen. Lisette hatte bereits gegessen, sie stand in der Küche und wartete,dass sie unser Geschirr abräumen konnte. Da sagte Mutter: »Ich habe große Neuigkeiten.«
    »Was denn?« Ich stocherte in meinem Broccoli herum. Seit Dad nicht mehr da war, verlief das Abendessen immer unbehaglich. Mom fragte mich über die Schule aus und ich erzählte, so füllten wir das Schweigen, das durch seine Abwesenheit entstanden war. Das Essen wurde hinuntergeschlungen und sobald es die Höflichkeit erlaubte, machte ich mich davon.
    Doch jetzt schien Mutter richtig aufgeregt zu sein, sie blickte über die Schulter, um sicherzugehen, dass Lisette zuhörte, und schlug nervös die Beine übereinander, bevor sie verkündete: »Einer von Daddys Klienten hat Beziehungen. Wir sind zu einer Party eingeladen …«, sie legte eine Kunstpause ein, um die Spannung zu erhöhen, »eine Party, die für Travis Beecher gegeben wird!«
    »Travis Beecher?«, sagte ich.
    »Travis Beecher!« Lisette stürzte aus der Küche, wo sie gelauscht hatte, zu uns ins Esszimmer.
    Lasst mich erklären, wer Travis Beecher ist, für den Fall, dass ihr in den letzten paar Jahren im Weltall gelebt habt. Travis ist ein Teeniestar, der so berühmt ist, dass sogar ich ihn kenne. Das fing schon an, als er noch ein Kind war. Sein Vater, Riley Beecher, war Frontmann der Rockband Barrel of Toads, und Travis bekam seine eigene Show im Kabelfernsehen. Sie hieß Trav und ich und es ging zufälligerweise um einen Rockstar, der von Riley gespielt wurde, der einen kleinen Sohn hatte, den Travis darstellte, als eracht oder neun war. Inzwischen war er sechzehn, ebenfalls ein Rockstar und hatte mehrere Filme gemacht (vielleicht kennt ihr Trav in New York, Trav erobert Europa – mein persönlicher Favorit, in dem Travis einen internationalen Agentenring allein mithilfe seiner zuverlässigen Gitarre sprengt – und Trav und der Schimpanse , worin es um Trav und – welch eine Überraschung – einen Schimpansen geht). Angeblich würde er im Sommer einen Spielfilm in Italien drehen. Er ging auch auf Tournee. Ich hatte ihn in der American Airlines Arena gesehen. Er war echt fantastisch, und das lag nicht nur daran, dass er toll aussah. Er hatte wirklich musikalisches Talent und schrieb einige seiner Songs sogar selbst!
    Mom reichte mir etwas von der Größe eines Bildbandes, was sich als Einladung herausstellte. Meine Hand sackte unter ihrem Gewicht nach unten. Nachdem ich das Deckblatt und mehrere Lagen Tüll und Federn umgeblättert hatte, kam ich zum geschriebenen Teil. Dort hieß es:
    Hi! Wenn Du das hier bekommst und ein heißes Girl zwischen 15 und 17 bist, dann sind wir uns sicher, dass Du unseren guten Freund Trav kennenlernen möchtest. Ja, DEN Trav.
    Er ist für ein paar Wochen in Miami und möchte Mädchen kennenlernen, mit denen er abhängen kann und so weiter, die vielleicht sogar Teil von Travs neuem Film
Got No Valentine
werden wollen (läuft am kommenden Valentinstag an).
    Kommt am Samstag, 12. Mai, ab 19 Uhr (bis wann auch immer) zu Riley Beechers Haus auf Star Island (am Tor fragen, dort sagt man Euch, wo es langgeht). Bringt Eure Eltern mit, wenn Ihr müsst, und wenn es sein muss auch Euer Date. Aber eigentlich dreht sich hier alles um Trav.
    Ich legte die Einladung auf den Tisch. »Daddys … Geschäftspartner hat das geschrieben?«
    Ein Kreischen drohte mein Trommelfell zu zerreißen. »Oh! Das ist ja so aufregend!«
    Mutter und ich drehten uns beide um und starrten Lisette an.
    »Was denn?«, fragte Mutter.
    Zwischen ihrem Gekreisch stieß Lisette hervor: »Travis Beecher! Macht ihr Witze? Wir werden Travis kennenlernen! Travis Beecher! Das ist ja soooooo aufregend!«
    Und dann – ich schwör’s euch – umarmte sie mich. Sie versuchte auch, Mutter zu umarmen, aber