Magie der Schatten 1 - Barshim und Cashi
beurteile Cashimaé nicht als faul. Sie hat eine große Begabung, doch Geduld ist nicht ihre Stärke. Jetzt verstehe ich, was du mir immer damit sagen wolltest.« Die Magierin seufzte leise. »Ich denke, du wirst bei Tamin gut aufgehoben sein. Schenke den Büchern und seinen Worten mehr Beachtung!« Tamin trat die Stufen hinunter, um die Seite des Raumes zu wechseln. Er kam direkt an der perplexen Cashimaé vorbei. An den Mundwinkeln konnte sie ein zynisches Lächeln erkennen. Wie ein Sieger. Doch über was?
Warum bekam sie gerade eine Gänsehaut, wenn sie ihm nur nach sah?
Ihre Aufmerksamkeit wurde durch ein Räuspern von Karaz abgelenkt. Alle Magier stellten sich wieder im Kreis auf und nickten ihm zu, auch Shorbo. Sie hoben die Hände an. Karaz Baritonstimme glitt durch den Raum und verkündete ihre Zukunft. »Dein Ungestüm und Jähzorn sind in Zusammenhang mit deiner Magie zu gefährlich. Wir möchten dich schützen…« Cashimaé drehte sich um die eigene Achse. Die letzten Worte klangen nicht wie von dem Mann gesprochen, es klang wie ein Echo, das plötzlich ganz dicht vor ihr war und dann aus weiter Ferne tönte.
Eine Fledermaus, die sie verhöhnte, indem sie wild durch den Raum flatterte. Cashimaé wirbelte herum. »Was soll das bedeuten?«
Ein gelbes Leuchten breitete sich von einem zum anderen aus, bis er das Mädchen vollständig umschloss. Ein stechender Schmerz jagte durch ihr Herz, als habe jemand einen Pfeil geradewegs hinein gerammt. Erschrocken hob sie die Hände zur Abwehr. Ein anderes Geräusch sickerte zu ihr durch, während das Licht bereits ihre Umgebung blendete. Das Mädchen erhaschte durch die gespreizten Finger einen Blick auf das Buch. In dieser Sekunde fegte das Licht der Kreismitglieder auf sie zu. Gleichzeitig flog etwas aus dem Buch heraus. Wie der feurige Atem eines Drachen und nur einen Lidschlag lang wandelte sich das Grelle in ewige Nacht. Darin funkelten Tausende Sterne. Noch ehe Cashimaé es wirklich wahrnehmen konnte, brauste es auf sie ein und mit einem spitzen Aufschrei von ihr, verschwand es im Nichts und zurück blieb eine gespenstische Stille. Verwirrt drehte sich das Mädchen um und strich sich dabei fahrig eine Strähne aus dem Gesicht. Sie suchte zu verstehen, was eben geschehen war.
Karaz trat vor sie, die Hände zusammengelegt. Es sah aus, als wenn er etwas darin fest hielt. »Heute in fünf Jahren, liebe Cashimaé, wird dich dein Weg in die rote Wüste führen. Dort sollst du drei Tage und Nächte wandern, damit die Elemente dich prüfen können, ob du gelernt hast, Achtung vor deinen Mitmenschen zu haben. Am Ende des dritten Tages wirst du deine Magie zurück erhalten oder für weitere fünf Jahre auf sie verzichten.« Etwas abfällig setzte er hinzu: »Es haben schon ganz andere versucht, sich ihre eigenen Gesetze zu machen, Cashimaé. Magie bedeutet Verantwortung. Es liegt bei dir, dies zu begreifen.«
Damit öffnete Shorbos Vertreter die Hände und ein grünbläuliches Licht erlosch so schnell, wie eine ausgeblasene Kerze.
Die Türen öffneten sich und Filyma ging zu Cashimaé. »Komm, ich geleite dich auf dein Zimmer.«
Voller Entsetzen schaute sich Cashimaé um. Und was war jetzt ihre Strafe? Sie lief neben Filyma her und wie sie die Halle verließen, rückte die Magierin ein kleines Stück von ihr weg.
Wie vom Blitz getroffen, blieb Cashimaé stehen. Schaute zurück zu der offenen Tür der Halle, den Flur entlang, auf ihre Hände und mit großen Augen in Filymas Gesicht. »Das habt ihr nicht getan!« Filymas aufmunterndes Lächeln sah gequält aus. »Du bekommst sie ja zurück.«
»Nein, nicht das!«, schluchzte das Mädchen. Die Fassungslosigkeit überrannte sie mit der Erkenntnis ihrer Strafe, denn der Kreis hatte einen Bann über sie gelegt und jeglichen Zugriff auf die Magie und damit auf die Elemente genommen. Wie betäubt ließ sie sich von Filyma in ein Zimmer führen. Als die Tür hinter ihr geschlossen wurde, tröpfelte die Wahrheit durch den Nebel.
Cashimaé war so bestürzt, dass sie wütend gegen einen Stuhl trat, der scheppernd an die Wand krachte. Mit den Händen fegte sie die Sachen, die auf einem Tisch standen, zu Boden. Ein hysterischer Laut klang aus ihrer Kehle, ehe sie sich mit starren Augen an der Wand hinunterrutschen ließ.
»Eine Kopfblinde!«, schnaubte sie. Das Mädchen weinte bittere Tränen, hin und hergerissen ihren Schmerz hinaus zu brüllen, oder alles im Raum zu zertrümmern.
Barshim kam ihr in den Sinn. Und mit dem
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