Magie der Schatten 1 - Barshim und Cashi
dich um deinen eigenen Mist«, explodierte die Jüngere.
»Hm, welch freundliche Worte! Und dir habe ich das Leben gerettet!«
Cashimaé lachte. »Und wenn schon! Leben. Sterben. Was macht das für einen Unterschied? Es ist nur eine andere Art des Seins. Noch einmal, kümmere dich um deinen eigenen Mist.«
Die zwei Frauen belauerten sich und blickten einander böse an. Mineshka holte etwas aus der Tasche und hielt es ihr vor die Nase. »Das tue ich bereits, meine Liebe. Alles läuft so, wie es laufen soll. Nicht nur du hast Pläne und spielst eine Rolle, die nicht die deinige ist. Ich habe einen Schwur geleistet und nichts wird mich davon abbringen, diesen auch umzusetzen. Rate mal, von wem ich das gelernt habe?« Es war, als würde in Cashimaés Kopf ein Schalter umgelegt werden, als sie erneut das Medaillon in den Händen der verhassten Frau sah. Cashimaé hatte völlig vergessen, dass Mineshka es immer noch besaß.
Ihr Medaillon!
Sie richtete sich plötzlich kerzengerade auf. Ihre Stimme klang kräftig und sie streckte Mineshka die offene Hand entgegen. »Gib es mir zurück!«
Doch die ehemalige Freundin schloss es fest in der eigenen ein. »Hol’s dir doch, kleines Dummchen! Hast du wirklich geglaubt, mich ebenso austricksen zu können wie Tamin? Du und Reue? Du und nachdenken und Mitleid empfinden? Ich habe nicht so viel durch gemacht, um dieselben Fehler wieder zu machen. Du und er, ihr seid euch so verdammt ähnlich, nur dass du gegen ihn noch unerfahren bist.«
Cashimaé spürte kalten Hass in sich aufsteigen wie eine Schlange, die ihre Eingeweide hinaufkroch, ihr Denken einhüllte und übernahm. Ihr Leben lang hatte man sie verraten und verkauft und wollte sie in eine Form zwängen, die ihr nicht passte. Alle Tage des Schmerzes kehrten zurück, die Begegnung mit dem Tod, die Krankheit und sie festigten sich in diesem einen Moment.
Wind kam auf und wehte ihr Haar zur Seite. Mineshka wich einen Schritt zurück. Die Haltung des Mädchens nahm etwas an, als stünde dort im Schnee, am Rande des Sees, ein Wolf, der bereit war zum Sprung. Die Farbe von Cashimaés Augen wechselten in einen gelblichen Ton. Auffordernd wies sie mit dem Finger auf das Medaillon.
»Ich sage es noch einmal: Gib es mir zurück!«
- sea tideium micatus -
Es war ein Raunen, ein Hauch, der durch den Schnee auf die Priesterin zuwehte.
»Ich werde Barshim vernichten«, antwortete sie mit halber Überzeugung.
Cashimaé senkte ein wenig den Kopf und blickte die Priesterin dabei unverwandt an, ihre Stimme glich nur noch einem Zischen: »Greife ihn an und du greifst mich an.«
»Ich weiß!«, antwortete Mineshka und warf das Medaillon im hohen Bogen in den See. Noch einmal funkelte es auf, bevor es in den Wellen verschwand.
»..und greife ich dich an, greife ich ihn an.«
Cashimaé schloss die Augen. Ihr Geist befand sich am Rande zum Nirgendwo. In ihr brannte ein Feuer, das heiß und schmerzlich war und sie von innen verglühen ließ. Doch die Wut ließ sie eisern stehen bleiben. Es gab keinen Platz für Schwäche, kein Platz für Mitleid oder Nachdenken. Es war das absolute Wissen einer Urkraft, die zurückgekehrt war und sich nun ihren Weg suchte. Sie breitete die Arme weit aus. »Demaresh faè.«
Cashimaés Augen waren die eines Drachen: kalt und ungestüm. Die Priesterin hob überrascht und schützend die Hände, als sich eine Feuerwand in Form eines Dreieckes um sie herum ausbreitete. Das Mädchen zog die Hände zusammen und eine Feuerkugel bildete sich direkt darüber.
»Lach noch einmal, Mineshka!« Zorn und Wut brachen in Cashimaé auf.
»Wie…?«, stotterte Mineshka. Als sie zurückweichen wollte, stolperte die Priesterin über ihre eigenen Füße und fiel hin.
»Wie?«, zischte Cashimaé. »Du fragst nach dem Wie? Die Macht des Feuers, Macht der Urelemente, meaes at voicisia.« Cashimaé beugte sich etwas vor und pustete in die Hände. Ihr Atem verwandelte sich in Eis, das auf den Feuerball traf und ihn in einem Funkenregen vergehen ließ. Ihre Stirn legte sich in höchster Konzentration in Falten. Sie sammelte alle Kraft, die ihr Körper besaß. Zwischen ihren Handflächen glühte es auf und als das Glühen sich verflüchtigt hatte, ruhte dort das Medaillon. Fest schloss sie es in ihre Faust.
Noch einmal sah sie Mineshka an, doch nun hatte der Glanz nachgelassen. »Zusammen, was zusammen gehört. Greife ihn an, und du greifst mich an. Du nimmst mir nicht, was ich liebe!«
Die Feuerwand verlosch und mit ihr die
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