Magie der Schatten: Roman (German Edition)
Schwaches Keuchen erklang hinter dem Visier. Die Monate mit Raigar hatten ihn stark gemacht. Langsam verdrehte er die Waffe weiter, bis Lavar loslassen musste, wenn er sich nicht das Handgelenk brechen wollte. Erst lockerte er den kleinen und den Ringfinger, dann die ganze Hand.
Elarides fing das Schwert auf und richtete es wieder auf Lavars Brust. »Willst du es noch einmal versuchen?«
***
Unaufhaltsam hatten sich die Klingen durch das ganze Gebäude geschnitten. Bestickte Wandbehänge hingen zerhauen auf den Boden herab, Bildnisse lagen verstreut in den Räumen herum, mit glatter Schnittkante zerteilt. Die Schattenschwerter waren auch durch steinerne Säulen gefahren und hatten sie zertrennt wie warme Butter.
Raigar folgte der Blütenspur, die hier nahe am Thronsaal einen durchgehenden Teppich ersetzte. Irgendwann hörte die willkürliche Zerstörung auf. Die Schattenkrieger schienen sich einfach in Luft aufgelöst zu haben. Aber da hatte es auch schon genug gespaltene Köpfe und Körper gegeben.
Mit einer doppelschneidigen Axt in der Hand, die er sich von einer Wand genommen hatte, rannte er eine breite Treppe hinauf. Von der obersten Stufe hing die Hand einer menschlichen Gestalt herab. Als er oben ankam, sah er, dass sie ausgestreckt auf dem Boden des Saals lag, bedeckt von den Blütenblättern. Die von hervortretenden Adern überzogene Hand erzitterte, griff nach Raigars Fußknöchel, erschlaffte aber kurz davor. »Keine Waffe … auf dem Friedensteppich.« Die Blütenblätter rieselten vom glatten weißen Haar herab. Eine leichte Panzerrüstung mit breiten Segmenten bedeckte den Körper. Den Körper des Kaisers.
»Weider …«, brummte Raigar.
»Ich wollte nur Frieden für die Menschen. Jetzt töten sie mich dafür.« Der alte Mann fasste sich an seine zerstörte Rüstung. Seine Hand färbte sich so rot wie all die Blütenblätter um ihn herum.
»Ihr seid ein Mörder wie alle anderen.«
Die Falten in seinem Gesicht kräuselten sich wie die Wellen eines Sees. »Für den Frieden.«
»Wer tötet aus einem anderen Grund?« Raigar ging weiter. »Ihr hattet nur die Möglichkeit, es in einem größeren Ausmaß zu tun. Und jetzt sind Eure Richter gekommen.«
»Dann tu den letzten Streich.« Die Hand des Kaisers reckte sich nach ihm. »Die Schmerzen.«
»Ein Mann mit vielen Messern, nicht wahr?«
»Er sitzt auf meinem Thron. Und er lässt mich nicht sterben. Er will … dass ich es sehe.«
Raigar nickte und drehte sich wieder um.
Der Blütenpfad lief weiter in den Thronsaal hinein. Tische mit heruntergefegten Decken und zersplittertem Geschirr standen vor einem gewaltigen steinernen Thron. Mehr als ein Dutzend Männer scharten sich um den Kaisersitz, und einer saß darauf.
Steinchen war der Erste, der Raigar bemerkte, und hob triumphierend die Faust. »Die Steine haben gesagt, dass du kommen würdest.«
Raigar blieb vor dem Thron stehen. Die Gestalten wandten sich ihm zu. Ihre Kleider waren zerrissen, Blut bedeckte die schartigen Waffen.
»Was haben die Steine über ihn gesagt?« Raigar zeigte auf den Mann auf dem Thron.
Vicold faltete die Hände. »Hast du den Kaiser schon getroffen?«
»Das ist also deine Rache? Du lässt ihn dabei zuschauen, wie du ihm alles nimmst, so wie er es bei dir getan hat?«
»Du weißt nichts, Raigar. Komm in zehn Jahren wieder, wenn du etwas gehabt hast, das du verlieren konntest.« Er erhob sich vom Thron. »Ich sage dir, was du bist: ein Geist. Mal auf dieser, dann auf jener Seite. Du kämpfst und kämpfst. Du hast nie etwas anderes gekannt. Du bist einer von den Helden aus den Ritterromanen und Geschichten am Lagerfeuer. Willst du mich jetzt dafür verdammen, dass ich das nicht bin?«
»Nein. Nur dafür, dass du Menschen schlachten lässt wie Vieh. Dafür, dass du ganz Arland in die Hölle schicken willst.«
Vicold schüttelte den Kopf. »Ich sagte es schon. Du verstehst mich nicht. Bist du je in deinem Leben betrogen worden? Betrogen worden um mehr als ein paar Kupferstücke beim Kartenspiel? Nein? Das dachte ich mir.«
»Ich verstehe, dass du ein Wahnsinniger bist, der zahllosen Menschen den Tod bringen wird.«
Vicold stand auf und ging vor dem Thron auf und ab. »Ich dachte einmal, dass wir Freunde wären. Vielleicht nur für ein paar Augenblicke.« Er machte eine nachdenkliche Miene und setzte sich sehr bedächtig wieder auf den Thron.
Raigar fasste den Schaft der Axt fester. »Steh auf von dem Thron, der nicht deiner ist.«
»Da wirst du mich zwingen
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