Magie
würde während des Ritts nach Hause reichlich Zeit haben, darüber nachzugrübeln, aber Antworten würde er erst finden, wenn er dort ankam.
»Was gibt es, Tessia?«
Tessia zuckte zusammen und betrachtete die Gesichter der Frauen, die sie alle anstarrten. Sie zögerte, denn sie befürchtete, wenn sie ihnen erzählte, was geschehen war, würden sie sie für verrückt halten.
Aber die Nachricht, die sie gehört hatte, war zu beängstigend. Irgendetwas musste sie sagen.
»Ich... ich habe gerade jemanden sprechen hören«, erklärte sie. »In meinem Kopf«
Kendaria zog die Augenbrauen hoch. »Das ist nicht gut. Das Gesetz verbietet Gedankengespräche. Magier dürfen das nur tun, wenn der König es billigt oder anordnet. Habt Ihr erkannt, wer es war?«
»Es war...« Tessia runzelte die Stirn. »Er hat seinen Namen nicht genannt, aber er hörte sich an wie Lord Narvelan. Und Lord Dakon hat geantwortet. Und ein anderer Mann... der König? Es klang so, als sei es seine Stimme.« Sie schüttelte den Kopf. »Narvelan hat gesagt, Mandryn sei von Takado angegriffen worden... von dem Sachakaner, der uns vor einigen Monaten besucht hat.« Sie sah die Frauen an. Sie tauschten einen entsetzten Blick. Sie glaubten ihr offenkundig. »Wollt Ihr damit sagen, dies ist wirklich geschehen?«
»Ja.« Kendaria blickte zu Avaria hinüber. »Ist dies der Anfang?«
Avaria zuckte die Achseln. »Ich würde keine Vermutung wagen.« Sie musterte Tessia mit besorgtem Stirnrunzeln. »Lord Dakon hat Euch das Gedankengespräch vermutlich nicht gelehrt,
weil es nicht zu den Dingen gehört, die Ihr tun solltet. Aber wenn Lord Narvelan es benutzt hat, muss es unabdingbar gewesen sein. Wir sollten besser heimfahren.«
Die anderen murmelten mitfühlende Abschiedsworte, und Kendaria, die heute ihre Gastgeberin war, bot ihnen ihren Wagen an, sodass sie nicht nach dem von Avaria zu schicken brauchten. Tessia folgte Avaria benommen aus dem Haus und in den Wagen.
»Mandryn ist also angegriffen worden?«, fragte sie, als der Wagen sich in Bewegung setzte.
Avaria wirkte sehr ernst. »Ja.«
»Wie viele Überlebende?«, hatte Dakon gefragt. »Nicht viele«, hatte Narvelan geantwortet. Kalte Angst schlug über ihr zusammen. Mutter? Vater? Haben sie überlebt?
Takados lüsternes Gesicht blitzte in ihrer Erinnerung auf, und sie schauderte. Er ist zurückgekommen. War er zurückgekommen, um sie dafür zu bestrafen, dass sie ihn gedemütigt hatte, indem sie ihn durch Magie zurückgewiesen hatte? Dann fiel ihr Hanara ein. Ist er noch einmal nach Mandryn gekommen, um sich sein Eigentum zurückzuholen?
»Tessia, es gibt etwas, das ich Euch erzählen sollte.«
Sie blickte zu Avaria hoch. Angst machte sich in ihr breit. Wusste die Frau etwas? Wusste sie, dass Tessias Eltern tot waren? Wie konnte sie etwas Derartiges wissen?
Es war möglich. Das Ganze fühlte sich so unwirklich an, dass alles möglich schien.
»Lord Dakon ist nicht nur deshalb nach Imardin gekommen, weil er einige Geschäfte regeln und einige Freunde besuchen wollte«, begann Avaria. »Er ist Teil einer Gruppe von Magiern, die sich ›der Freundeskreis‹ nennt, ein Zusammenschluss von ländlichen Magiern und jenen Magiern in der Stadt, die sie unterstützen. Sie alle machen sich Sorgen, dass Kyralia schon bald von sachakanischen Magiern überfallen werden könnte. Lord Dakon ist nach Imardin gekommen, um sich von König Errik versichern zu lassen, dass die städtischen Magier, sollte eines der äußeren Lehen fallen, bei der Rückeroberung helfen würden.«
Tessia nickte zum Zeichen, dass sie verstand. Das alles überraschte sie nicht. Es erklärte das Gespräch, das der König am vergangenen Abend mit ihr geführt hatte. Und warum sie nicht an den Zusammenkünften teilgenommen hatte, denen Dakon und Jayan beigewohnt hatten. Dakon musste gewollt haben, dass so wenige Menschen wie möglich von der Bedrohung erfuhren. Er hatte sie, solange sie in Imardin war, nicht grundlos beunruhigen wollen, was die Sicherheit Mandryns und ihrer Eltern betraf.
Mein Eltern. Vielleicht hätte ich sehr wohl beunruhigt sein sollen. Vielleicht hätte ich gar nicht fortgehen sollen...
Kümmerte ihr Vater sich jetzt um verletzte Dorfbewohner? Oder war er einer der Verletzten... oder einer der Toten? Nein. Sie konnte ihn vor sich sehen, wie er, entschlossen und erschöpft, seine Arbeit verrichtete. An diesem Bild hielt sie sich fest.
»Keiner von uns hat geglaubt, dass ein Angriff so bald erfolgen würde«,
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