Magie
Dakon wusste, wie wenig Jayan von seiner Familie hielt, und er war sich ziemlich sicher, dass sein Meisterschüler ihm Respekt und sogar Zuneigung entgegenbrachte, aber wenn es um Geld und Politik ging, fielen diese Dinge nicht immer in die Waagschale.
Ich wette, der alte Karvelan wünscht, ich würde mich beeilen und seinen Sohn entlassen. Dakon runzelte die Stirn. Ich frage mich, ob Jayan dies ebenfalls wünscht. Dann wäre er frei zu entscheiden, wem seine Loyalität gilt. Aber andererseits ist es ihm vielleicht lieber, eine Ausrede zu haben, um diese Entscheidung nicht jetzt schon treffen zu müssen.
Ein unwirsches Brummen lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf die Kämpfer. Sabin und Errik wichen voreinander zurück.
»Ihr habt abermals gewonnen«, räumte der König mit wohlgelauntem Ärger ein. Sabin verneigte sich. Der König überreichte sein Schwert kichernd einem Wachmann, dann füllte er den Kelch mit klarem Wasser aus dem Krug und leerte ihn mit einem einzigen Zug. Anschließend griff er nach einem Handtuch, ging auf Dakon zu und wischte sich dabei die Stirn ab.
»Lord Dakon aus dem Geschlecht Aylendin. Was habt Ihr davon gehalten?«
»Von dem Kampf, Euer Majestät?« Dakon suchte nach einer
geziemenden Antwort. Er verstand nichts vom Schwertkampf. »Er war kraftvoll.«
»Wollt Ihr einen Gang machen?«, fragte Errik.
»Ich?« Dakon blinzelte überrascht. »Ich, ah, ich fürchte, ich würde keinen guten Gegner abgeben.«
»Ein wenig eingerostet, hm?«
»Nein. Ich, ähm, habe in meinem ganzen Leben kein Schwert in der Hand gehalten«, gestand Dakon.
Der König zog die Augenbrauen hoch. »Niemals? Was würdet Ihr in einem richtigen Krieg tun, wenn Euch Eure Magie jemals ausginge?«
Dakon hielt inne, um darüber nachzudenken, dann beschloss er, dass er der Sache lieber nicht weiter nachgehen wollte. »Mogeln?«
Errik lachte. »Das ist nicht sehr ehrenhaft!«
Dakon zuckte die Achseln. »Ich habe sagen hören, dass ein richtiger Krieg ohnehin nicht besonders ehrenhaft ist.«
»Nein.« Das Lächeln des Königs verblasste. Er drehte sich um und winkte den anderen zu. Alle verneigten sich, dann gingen sie davon. Die Wachen brachten die Waffen weg, und Sabin folgte ihnen. Die Höflinge verschwanden durch eine Tür, doch die Diener nahmen Aufstellung vor einer anderen Tür, ihre Lasten noch immer auf den Armen, aber außer Hörweite. Binnen Augenblicken war Dakon buchstäblich allein mit dem König.
»Also, Lord Dakon«, sagte Errik. »Ihr wollt wissen, was ich tun werde, falls die unbotmäßigen, rebellischen sachakanischen Magier, die unserem benachbarten Kaiser viel Ärger machen, beschließen sollten, ihre eigene kleine Invasion Kyralias zu beginnen.«
Dakon sah dem König in die Augen und nickte. Sabin hatte ihn gewarnt, dass der König es vorzog, direkt zu sein. Errik lächelte schief, dann wurde er ernst.
»Das wollen alle anderen ebenfalls wissen. Ich sage ihnen genau das, was ich jetzt Euch sage: Ein Angriff auf welches Lehen dieses Landes auch immer ist ein Angriff auf Kyralia. Er wird nicht geduldet werden.«
»Ich bin froh, das zu hören«, erwiderte Dakon. »Ich gewinne jedoch zunehmend den Eindruck, dass andere nicht froh darüber wären.«
Die Augen des Königs blitzten auf. »Das Problem mit Kyraliern, die zusammenkommen, um eine Sache zu unterstützen, ist folgendes: In diesem Fall haben andere Kyralier das Gefühl, sie müssten sich ebenfalls zusammentun, um etwas dagegen zu unternehmen. Ich sage nicht, dass Euer Freundeskreis sich nicht hätte bilden sollen.« Er zuckte die Achseln, obwohl seine Miene weiter ernst blieb. »Nur dass die Konsequenzen unvermeidlich waren.«
»Würden sie dieser Neigung zum Widerspruch auch dann treu bleiben, wenn ein größerer Feind auf der Bildfläche erschiene?«, fragte Dakon.
»Falls die inneren Gegensätze bereits gewisse Grenzen überschritten hätten: ja. Dafür gibt es in unserer Geschichte genug Beispiele.«
»Ihr dürft Euch also nicht offen auf die eine oder andere Seite stellen, sonst würden im Notfall nicht alle Seiten zusammenstehen.« Dakon nickte. Er verstand das Dilemma des Königs.
Ein Ausdruck warmer Anerkennung trat in die Augen des Königs. »Ich sorge dafür, dass ich mein Königreich verteidigen werde, wenn und falls sich die Notwendigkeit ergeben sollte.«
Dakon unterdrückte ein Lächeln. »Sind Eure Pläne ein zu großes Geheimnis, als dass Ihr sie mit einem bescheidenen ländlichen Magier teilen
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