Magie
Dakon, Werrin und Narvelan begrüßten.
»Nun, wollen wir unseren neuen Verbündeten entgegengehen?
«, fragte Jayan. Er wartete ihre Antwort nicht ab, sondern trat hinaus und schlenderte auf die Gruppe zu.
Tessia folgte ihm widerstrebend. Plötzlich war ihr nur allzu deutlich bewusst, wie sehr sie sich von diesen anderen Meisterschülern unterschied. Eine Frau unter all diesen Männern. Ein Naturtalent aus bescheidenen Verhältnissen unter reichen jungen Männern, die aus mächtigen Familien ausgewählt worden waren. Eine Anfängerin unter bereits gut ausgebildeten Schülern. Es war nur allzu leicht, sich vorzustellen, dass sie alle wie Jayan waren.
Die Magier würdigten sie und Jayan kaum eines Blickes, aber die Meisterschüler betrachteten Jayan mit echtem Interesse. Einige sahen Tessia verwirrt an, dann schienen sie sie mit einem Achselzucken abzutun. Erst als die Magier einander begrüßt hatten, stellte Dakon sie und Jayan vor. Alle schauten sie überrascht an.
Zu spät begriff sie, dass das übergroße Kleid, das Nivia ihr herausgelegt hatte, ihnen den Eindruck vermittelt haben musste, sie sei eine der Dorfbewohnerinnen. Die Frau dürfte wohl kaum in der Lage sein, mir die Art von kostbarer, kunstvoller Kleidung zur Verfügung zu stellen, wie sie Städterinnen bevorzugen. Tessia drückte die Schultern durch und antwortete mit so viel Würde, wie sie aufbringen konnte, wobei sie hoffte, dass niemandem auffiel, wie verlegen und gehemmt sie sich plötzlich fühlte.
Crannin war inzwischen aus seinem Haus gekommen und lud die Magier ein, mit ihm zu speisen, während sie ihre Pläne erörterten. Dann entschuldigte er sich, dass für Meisterschüler leider kein Platz mehr an der Tafel sei, aber man würde so bald wie möglich einen Tisch und etwas zu essen nach draußen bringen.
Ich werde also einmal mehr von wichtigen Gesprächen ausgeschlossen, dachte Tessia verbittert, aber diesmal bin ich zumindest nicht die Einzige.
Als die Magier in Crannins Haus verschwanden, blieben die Meisterschüler zögernd an der Tür stehen, musterten einander und sagten nichts. Sie wirkten erschöpft. Tessia vermutete,
dass sie genauso schnell oder doch fast so schnell hierhergeritten waren, wie Dakon es getan hatte, um Mandryn zu erreichen.
Nach einigen Minuten kamen Männer aus einem anderen Haus und brachten Bänke und Tische aus einem Stall. Sie wuschen sie ab, dann warfen sie Tücher darüber. Aus Crannins Haus kamen einige Frauen, die Essen und Wein brachten und ein kleines Festmahl auftischten. Die Meisterschüler setzten sich zum Essen nieder, und schon bald begannen sie, sich leise miteinander zu unterhalten. All ihre Fragen, was Mandryn und die Sachakaner betraf, richteten sie an Jayan, aber Tessia war es zufrieden, Stillschweigen zu bewahren und das Gespräch ihnen zu überlassen. Zu ihrer Überraschung äußerte Jayan sich weniger wortreich, als sie es getan hatte, als sie den Frauen aus dem Dorf von dem Angriff erzählt hatte.
»Ich denke, wir sollten niemandem allzu viel erzählen«, murmelte er ihr nach einer Weile zu. »Ich bin mir nicht sicher, wie viel Dakon bekannt werden lassen möchte.«
Ein Stich der Sorge durchzuckte Tessia. Hatte sie Nivia etwas erzählt, das sie besser für sich hätte behalten sollen?
»Zum Beispiel?«, hakte sie nach.
»Keine Ahnung«, antwortete er ein wenig gereizt. Dann drehte er sich zu einem der Dorfbewohner um, der soeben näher getreten war. Ihr wurde bewusst, dass der Mann sie ansah.
»Meisterschülerin Tessia. Vergebt mir, wenn mein Anliegen zu kühn ist«, sagte der Mann. Er hielt inne, dann sprach er hastig weiter. »Ihr habt eine Heilertasche bei Euch.«
»Ja«, bekräftigte sie, als er abbrach. »Woher weißt du das?«
»Es tut mir leid. Ich konnte die Heilmittel riechen, daher musste ich hineinschauen. Wem gehört die Tasche?«
»Meinem Vater«, antwortete sie. »Das heißt, sie hat ihm gehört. Er... er war der Heiler von Mandryn.«
Enttäuschung zeichnete sich auf den Zügen des Mannes ab. »Oh. Das tut mir leid. Ich hatte gehofft … Entschuldigung.«
Als er sich zum Gehen wandte, streckte sie die Hand nach ihm aus. »Warte. Ihr habt keinen Heiler hier, nicht wahr?«
Der Mann schüttelte mit grimmiger Miene den Kopf.
»Ist jemand krank?«
Er runzelte die Stirn. »Ja. Meine Frau. Sie... sie...«
»Ich war die Gehilfin meines Vaters«, erklärte sie. »Ich werde vielleicht nichts ausrichten können, aber ich kann sie mir einmal ansehen.«
Er lächelte.
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