Magie
nicht fair. Also, werde ich ihn kennenlernen?«
»Ihr werdet sie beim Abendessen kennenlernen, wenn Ihr vorhabt zu bleiben.«
»Sie?« Narvelan zog die Augenbrauen hoch.
»Ja. Die Tochter meines Heilers.«
»Nun denn. Ich werde definitiv zum Abendessen bleiben.«
»Hoffentlich wird es ihr entzückendes Wesen sein, das für Unterhaltung sorgt, und kein Ausbruch ihrer Magie. Es macht mir nichts aus, eins der Gästezimmer instand setzen und neu einrichten zu müssen, aber das Speisezimmer wäre doch ein wenig teuer.«
Narvelans Augen weiteten sich. »Ihr müsst ein Gästezimmer instand setzen?«
»Ja. Die Zeichen eines ersten spontanen Ausbruchs von Magie sind ziemlich schwer zu übersehen.«
»Könnt Ihr es mir zeigen, oder sind die Arbeiten bereits getan worden?«
Dakon lächelte. »Nicht zur Gänze. Es ist immer noch recht beeindruckend. Ich werde es Euch später am Abend zeigen.«
8
O bwohl die meisten Menschen behaupten, das Gesetz gestatte es Magiern zu tun, was immer sie wollen, unterliegen wir in Wahrheit doch gewissen Einschränkungen«, sagte Lord Dakon.
Tessia beobachtete ihn, während er in der Bibliothek auf und ab ging, wie er es für gewöhnlich während des Unterrichts tat. In den letzten Wochen hatte sie im Unterricht immer wieder für kurze Zeit versucht, Kontrolle über ihre Magie zu gewinnen, ähnlich wie in ihrer ersten Lektion. Außerdem hatte sie längere Lektionen erhalten, in denen er sie über die Gesetze Kyralias belehrte, oder über die Geschichte des Landes. Diese Dinge hatte sie bereits bei ihrem Vater gelernt, aber es war interessant, sie aus der Perspektive eines Magiers zu hören. Außerdem hatte Lord Dakon ihr erklärt, wie ihr Unterricht im Laufe der nächsten Jahre aussehen würde. Er kam häufig vom Thema ab und sprach über sachakanische Kultur und Politik oder über seine Handelsgeschäfte mit anderen Grundbesitzern auf dem Land oder in der Stadt. Auch erfuhr sie von ihm mehr über die verwickelten Beziehungen der meisten mächtigen Familien Kyralias.
»Die erste Einschränkung liegt darin, dass nichts, was wir tun, Kyralia schaden darf«, fuhr er fort. »Nun, was schadet
oder nicht, kann subjektiv sein. Die Errichtung eines Staudamms kann stromabwärts Hochwasserschäden vermeiden, aber unweigerlich wird dadurch auch das Land unmittelbar oberhalb des Damms in den Fluten des neuen Stausees versinken. Eine Mine, ein Brennofen oder eine Schmiede stromaufwärts können Wohlstand bringen, aber sie können auch stromabwärts das Wasser verunreinigen und Fische, Ernten, Vieh und Menschen vergiften.« Dakon blieb stehen, um sie anzusehen.
»Unterm Strich entscheidet der König, was schädlich ist und was nicht. Aber bevor eine Angelegenheit ihm zur Kenntnis gebracht werden kann, bedarf es eines langen und formellen Prozesses und etlicher Versuche einer Einigung zwischen dem Kläger und dem Angeklagten. Ohne diesen Prozess stünde der König einer nicht zu bewältigenden Zahl von Fällen gegenüber, in denen er eine Entscheidung treffen müsste.« Er verzog das Gesicht. »Ich werde im Augenblick nicht genauer auf den Prozess selbst eingehen, sonst müssten wir uns für den Rest des Nachmittags mit diesem Thema beschäftigen. Hast du irgendwelche Fragen?«
Tessia war auf diese Bitte vorbereitet. Wenn sie keine Fragen stellte, belehrte Dakon sie über die Notwendigkeit, dies zu tun. Keine Frage war zu dumm oder zu unwichtig, hatte er ihr versichert.
Aber Meisterschüler Jayan war offenkundig anderer Meinung. Wann immer sie am Nachmittag Unterricht hatte, um die Stunden wettzumachen, die sie ihrem Vater am Morgen hatte helfen müssen - was glücklicherweise bisher nur dreimal vorgekommen war -, kehrte sie wohlgelaunt zurück, nur um einen unbehaglichen Nachmittag zu verleben; in diesen Stunden war sie sich Jayans nur halb verhohlenen Spottes bewusst, ebenso wie seiner Seufzer und seiner verächtlichen Blicke.
Dies weckte in ihr ein Widerstreben, Fragen zu stellen, und sie war dann entschlossen, nur solche Fragen zu stellen, die nicht töricht klangen.
»Der König ist ein Magier«, sagte sie. »Gelten für ihn dieselben
Einschränkungen? Wer entscheidet darüber, ob das, was er tut, schädlich ist oder nicht?«
Dakon lächelte. »Er ist in der Tat ein Magier, und für ihn gelten durchaus dieselben Einschränkungen. Sollte er jemals bezichtigt werden, Kyralia Schaden zuzufügen, müssen die Lords von Kyralia entscheiden, ob die Anklage zu Recht erhoben wurde - und falls
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