Magie
etwas dagegen unternommen werden soll, müssen wir uns in diesem Punkt alle einig sein.«
»Was könnte man denn dagegen unternehmen?«
»Was immer dem Verbrechen angemessen ist, nehme ich an. Das Gesetz legt keine bestimmte Vorgehensweise oder Strafe fest.«
»Der König ist kein starker Magier, nicht wahr?«
Sie hörte ein Schnauben aus der Ecke, in der Jayan saß, widerstand aber der Versuchung, sich zu ihm umzudrehen.
»Das ist ein Gerücht, und es ist unzutreffend«, erwiderte Dakon. »Die natürliche Fähigkeit eines Magiers mag klein oder groß sein, aber das spielt keine Rolle mehr, sobald jemand höhere Magie erlernt hat. Dann gründet sich seine oder ihre Kraft ausschließlich darauf, wie viel Magie ein Meisterschüler ihm oder ihr gegeben hat. Natürlich kann ein Magier sich dafür entscheiden, keinen Meisterschüler anzunehmen und sich ausschließlich auf seine natürliche Kraft zu verlassen. Nicht jeder Magier hat die Zeit oder die Neigung, Meisterschüler zu unterrichten. Der König zum Beispiel hat keine Zeit dafür, denn seine erste Verantwortung gilt dem Wohl des Landes. Es ist ihm gestattet, Magie von anderen Magiern zu empfangen, im Allgemeinen von einer kleinen Gruppe ergebener Freunde, manchmal als Bezahlung für eine Schuld oder eine Gefälligkeit.«
Tessia dachte schweigend darüber nach. Manchmal klang es so, als sei die Stadt eine ganz andere Welt und nicht einfach nur die Hauptstadt ihres Landes.
Ein leises Hüsteln von Jayan zog Dakons Aufmerksamkeit auf sich. Er lächelte schief. »Ich werde dir ein andermal mehr darüber erzählen. Jetzt denke ich, dass wir genug über Gesetz und Geschichte gesprochen haben. Es wird Zeit, dass wir noch einmal deine Kontrolle prüfen. Nein, nein! Bleib, wo du bist.«
Sie hatte sich bereits halb von ihrem Platz erhoben, hielt jetzt jedoch inne.
»Wir gehen nicht hinaus auf die Felder?«
Er nickte. »Ich denke, du hast das gefährlichste Stadium hinter dir. Kannst du dich daran erinnern, während der letzten Woche überhaupt einmal unbeabsichtigt Magie benutzt zu haben?«
Sie dachte zurück, dann schüttelte sie den Kopf.
»Gut. Dann wollen wir es uns jetzt ein wenig bequemer machen.«
Dies bedeutete im Wesentlichen, dass er sich auf einen Stuhl neben sie setzte und sie beide ihre Stühle so drehten, dass sie einander gegenübersaßen. Jetzt konnte sie auch Jayan sehen, der in einer Ecke des Raumes saß. Er beobachtete sie, eine schwache Falte zwischen den Brauen.
Sie hielt Lord Dakon die Hände hin. Als der Magier sie sanft umfasste, schloss sie die Augen. Dann öffnete sie sie wieder, schaute zu Jayan hinüber und bemerkte, dass er unverhohlen die Lippen verzog - ein höhnisches Grinsen, das Verachtung oder Missvergnügen zeigte und schnell unterdrückt wurde. Ein Stich der Kränkung durchzuckte sie, gefolgt von Neugier.
Er mag mich wirklich nicht, dachte sie. Ich wüsste gern, warum.
Mögliche Gründe gingen ihr durch den Sinn und beeinträchtigten ihre Fähigkeit, ihren Geist zu beruhigen und sich zu konzentrieren. War es ihre bescheidenere Herkunft? Lag es daran, dass sie eine Frau war? Hatte sie irgendeine Angewohnheit, die ihn anwiderte oder ärgerte?
Oder, überlegte sie plötzlich, war es Groll? Hatte er etwas verloren, als sie Dakons Meisterschülerin geworden war? Ansehen? Nein, ihre Anwesenheit hier würde ihn nicht daran hindern, ein Magier zu werden oder den Einfluss, den er über eigene Beziehungen oder die seiner Familie geltend machen konnte, in irgendeiner Weise gefährden.
Was immer es war, es musste von Dakon ausgehen. Der Magier war in Mandryn die einzige Person, die etwas hatte, das Jayan wollte. Dann dämmerte ihr schließlich die Antwort. Dakon
hatte keine Kinder. Falls er keine mehr bekam, so hatte sie angenommen, würde das Lehen einem anderen Verwandten zufallen, so wie es bei Narvelans Vorgänger, Lord Gempel, gewesen war. Aber vielleicht konnten Meisterschüler Lehen erben.
Trotzdem würde Jayan, der älter war und von guten Blutlinien abstammte, ihr gewiss vorgezogen werden. Die Möglichkeit, dass sie ein Lehen erben könnte, war so eigenartig und lächerlich, dass sie um ein Haar laut aufgelacht hätte. Das kann es nicht sein, dachte sie. Es muss etwas anderes sein.
Sie würde später darüber nachdenken müssen. Im Augenblick konnte sie nichts anderes tun, als ihn zu ignorieren. Obwohl auch das nicht möglich war, sollte er ihr mit unverhohlener Bosheit entgegentreten, befand sie. Dann würde sie ihm die
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