Magier des dunklen Pfades 2 - Der Alte Bund (German Edition)
– sie hatte einen Anfall gehabt. Schon wieder.
Burains grimmige Miene war Bestätigung genug.
Die klamme Faust des Schreckens griff nach Turdons Seele und quetschte sie zusammen. Der dritte Anfall binnen zwei Tagen.
Bitte, Iros! – nimm sie mir nicht so schnell weg!
Er atmete tief ein – so tief zumindest, wie es ihm möglich war – und führte sie zu dem Badehaus, wo sie sich kennengelernt hatten.
Eines Tages hatte Turdon dieses Badehaus aufgesucht, um seinem übellaunigen Vater aus dem Weg zu gehen, der keine Gelegenheit ausließ, seine Umwelt zu gängeln. Sei es sein Pfleger Grean, sein eigener Sohn, die Verwandtschaft oder ehemalige Untergebene an der Akademie – jeder bekam eine ordentliche Portion Bärbeißigkeit ab. Gordas war schon immer ein Zeitgenosse gewesen, um den man leisetreten sollte. Der Tod seiner Frau hatte diese unerquickliche Seite weiter verstärkt.
Turdon schwamm sich aus diesen düsteren Gedanken frei. Der Tod seiner Mutter, sein zänkischer Vater, die Angst vor dem eigenen Ende: All dies war bedeutungslos. Aluna war bei ihm – mehr zählte nicht.
Nach dem Umziehen geleitete er sie zum Wasser. Die wabernden Dämpfe nahmen sie auf, und Aluna seufzte befreit, ließ sich ins Becken gleiten und nahm mit einem seligen Lächeln auf einer der Sitzgelegenheiten Platz.
Turdon gesellte sich zu ihr. Das Wasser schwappte ihm lind und sanft über die Brust, und Aluna legte ihre Wange auf seine Schulter. Er verstand das stumme Signal und kraulte ihren Kopf. Nach einiger Zeit wagte er einen Blick in ihr Gesicht. Sie war eingeschlafen.
Vor etwas mehr als einer Woche hatten sie sich hier, genau an dieser Stelle, innig geküsst. Seine Lippen prickelten in wohliger Erinnerung. Gern würde er das wiederholen, doch um nichts in der Welt würde er sie aus dem Schlaf reißen. Es reichte, dass sie da war. Vielleicht ginge es ihr heute Abend besser, und sie käme mit zu ihm aufs Zimmer. Er sehnte sich danach, ihren Körper zu berühren, mit ihr zu schlafen. Die letzten Tage hatte ihr Zustand das nicht zugelassen. Aber egal wie groß sein Verlangen war, er würde sie nicht drängen.
Es ist gut, wie es ist.
Natürlich, ihm wäre lieber, wenn sie ihn anlächeln würde, wenn ihre Küsse der Auftakt zu einer wundervollen Nacht wären, doch er hatte gelernt, sich mit den kleinen Dingen zufriedenzugeben. Wenn man lange Zeit nur durch Dunkelheit wandelte, war man dankbar über jedes Licht, egal ob Kaminfeuer oder Kerzenflamme.
Langsam und ohne seine Position zu verändern, wandte Turdon den Kopf und schaute vorbei an Alunas schwarzem Haar zu dem Sitzring an der Wand des Heilbades. Bis vor wenigen Tagen hatte dort oftmals ein ältlicher Mann gesessen: eingefallenes Gesicht, ungepflegter Bart. Er hatte krank ausgesehen und oft zu Aluna und ihm gestiert, seine Augen kalt wie Eiskristalle und genauso scharf. Wieso die bösen Blicke? Hatte ihr Turteln ihn an etwas erinnert, das er verloren hatte? Oder war er lediglich genauso sittenstreng wie sein Vater? Egal. Gut möglich, dass der Alte gar nicht mehr lebte. Jede Woche breitete man hier das Leichentuch aus, der Lauf der Dinge an einem Ort, an dem das Ringen zwischen Leben und Tod derart häufig ausgetragen wurde. Gut konnte Turdon sich vorstellen, wie der Tod amüsiert auf dieses sinnlose Bestreben herabblickte, sich dabei die Nägel feilte und Pfeife rauchte.
Seine Augen wanderten weiter.
Sein Vater war nicht da. Gut. Nach dessen Auftritt, als Aluna und er sich leidenschaftlich küssten, waren sie heftig aneinandergeraten. Seitdem sprach Gordas nur das Nötigste mit ihm.
Turdon erstickte das Aufflackern von Zorn. Gordas war, wie er war. Den konnte man nicht mehr ändern. Trotzdem verstand er ihn nicht. Warum spuckte jemand Gift und Galle, der in seinem Leben alles erreicht und gehabt hatte? Turdons Eltern hatten eine gute Ehe geführt, auch wenn man sich fragen musste, wie seine Mutter diesen Murrkopf ausgehalten hatte all die Jahre. Nicht nur Eheglück war im beschieden gewesen, nein, er war auch magiebegabt. Über die Jahre brachte er es so an der Akademie zu Beskarim bis zum Großmeister und stellvertretenden Akademieleiter. Warum also dieses ständige Gezeter?
Nun wurde Turdon doch wütend.
Was hast du zu mäkeln und zu meckern, du alter Narr? Bei dir begann die Krankheit mit dreiundsechzig – was soll ich da sagen? Mir winkt mit gerade einmal siebenundzwanzig der Tod bereits zu! Ich verfüge über keinerlei Magie, die mir den Weg geebnet hat! Nein,
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