Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Magier des dunklen Pfades 2 - Der Alte Bund (German Edition)

Magier des dunklen Pfades 2 - Der Alte Bund (German Edition)

Titel: Magier des dunklen Pfades 2 - Der Alte Bund (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Hohmann
Vom Netzwerk:
die verdorrte Hand eines alten Mannes in grünem Gewand, die auf ihn wies, die hohnlächelnde Fratze eines Kindes, das auf einer Zuckerstange herumkaute.
    Etwas Weiches traf Arlo am Kopf und spritzte in sein Gesicht. Der Geruch nach Fäule drang ihm in die Nase. Weitere Geschosse folgten, vergammelte Äpfel, verwelktes Gemüse, sogar ein Stein, der ihn an der Schläfe erwischte und taumeln ließ.
    Das Geräusch von Stiefelabsätzen auf Holz. Man lenkte ihn die Treppe zum Galgen hoch.
    Im Nu stand er neben dem Schemel, umringt von seinen Bewachern. Er blutete an der Schläfe, wo ihn der Stein getroffen hatte. Sein Rücken brannte, Arme und Beine zitterten.
    Aber er stand.
    Und das aufrecht.
    Sich seines Schwurs erinnernd, hob er den Kopf und blickte in die lodernden Augen der Menschen. Dann spuckte er heftig aus, die einzige Geste von Trotz, die ihm blieb. Der Schleimpfriem segelte durch die Luft und erwischte einen bärtigen Mann an der Stirn. Der Getroffene wischte den Speichel fort und sah Arlo an. Es war der einzige Mensch, in dessen Augen keine Vorfreude brannte, kein Hunger auf Qual und Tod.
    Arlo blinzelte. Er kannte den Kerl. Seine Gedanken rasten. Ja, es war Alunas Pfleger, der sie begleitet hatte an jenem Tag, als sie an seiner Tür klopfte und Lorgyn einen Mörder schimpfte.
    »Hab keine Angst, Arlo!«, rief jemand. Die Stimme einer Frau. Sie war schwach, dennoch durchstieß sie wie das feine Klimpern einer Nadel im Bass der Wut das Gelärm.
    »Aluna!«, rief Arlo erstaunt, als er Lorgyns Frau erblickte, die neben dem bärtigen Mann auf einem Stuhl saß. Sie befand sich direkt vor dem Podest in einem für alte, gebrechliche und kranke Menschen abgegrenzten Sitzbereich.
    Was für eine nette Geste der Kirche, Halbtoten den Blick auf einen bald ganz Toten zu ermöglichen.  
    Aluna war blass, ihr Gesicht weiß und brüchig, der Hals dürr wie Reisig.
    »Hab keine Angst!«, wiederholte sie, dann riss sich ein schauerlicher Hustenanfall aus ihrer Kehle. Hätte ihr Pfleger sie nicht abgefangen, wäre sie vom Stuhl gekippt.
    Wenn Aluna hier ist, dann vielleicht auch Lorgyn!
    »Wo ist Lorg…«, begann er, doch ein Schlag auf den Rücken schickte ihn zu Boden.
    »Halt dein Maul, du fettes Schwein!«, knurrte einer der Soldaten.
    Unter seinem eigenen Keuchen und Stöhnen vernahm Arlo wie von fern, dass die Stimmen sich legten. Zum ersten Mal, seit er den Tempel verlassen hatte, hielt Stille Einkehr.
    Benommen raffte er sich auf die Knie. In dieser Pose verharrte er einige Zeit, bis er die Kraft fand, sich trotz seiner auf den Rücken gefesselten Hände wieder zu erheben.
    Alle Augen waren auf die Treppe gerichtet. Begleitet von seiner Leibgarde, deren Rüstungen gülden schimmerten, schien Genthate die Stufen hinabzuschweben, sitzend, als trüge ihn Iros’ Hand. Arlo schüttelte den Kopf.
    Nein, nicht Iros’ Hand. Er saß in einer Sänfte, getragen von vier hochgewachsenen, breitschultrigen Soldaten. Gebannt sahen die Menschen zu ihm, die Einwohner Gruvaks, die Pilger und alle anderen, und selbst Arlo staunte für einige Augenblicke. Nun ist er ganz dem Größenwahn verfallen , dachte er dann, als der Zauber, den all dieses Gepränge gewoben hatte, zerfaserte. Zumindest für ihn. Die anderen Menschen standen weiterhin unter seinem Bann, schauten drein, als wäre Iros persönlich den Himmelssphären entstiegen. 
    Voller Dünkel und Hoffart ist mein volles und doch so leeres Leben , erinnerte Arlo sich an die Eröffnungszeile eines Spottgedichts von Divizio, eines lang verstorbenen, aber immer noch gern zitierten Poeten. 
    Am Fuß der Treppe angelangt, hielten die Träger inne, und Genthate richtete sich auf, die Hände ausgebreitet, wie um das Volk Gruvaks zu segnen.
    Er steckte in einer opulenten Robe, die von Bordüren und anderen Schnörkeln überwuchert war. Hier eine Zierborte, dort ein Schmuckblech, eine goldene Ranke, Sonnensymbole wie Pilze überall. Einfach hässlich. Und sicher unendlich teuer. Wie viele arme Familien man damit wohl durch den nächsten Hartwinter gebracht hätte?
    Wut übertünchte den Schmerz in Arlos Körper. Wut, dass er zu Händen dieses Großkotzes sterben musste, dass dieser selbstverliebte Bastard ihn, Arlo, überleben und sein Amt als Hohepriester unangefochten bekleiden würde. Wahrscheinlich würde Genthate dereinst friedlich entschlafen und als erfolgreicher und geschätzter Hohepriester in die Geschichte eingehen.
    Mir wird man nicht einmal eine Randbemerkung gönnen, ich

Weitere Kostenlose Bücher