Magier unter Verdacht
einen roten Sessel …“
„Sessel nehmen wir nicht mit, das ist Sondermüll“, unterbrach ihn der starke Holger.
„Wir haben mit einem Jungen gesprochen, der behauptet, dass er den Sessel vor Ihnen gerettet hätte“, fuhr Agan fort.
„Vor uns?“ Plötzlich schlug sich Holger vor den Kopf. „Ach, war das so ein kleiner Dicker, der das gesagt hat? So ein Großmaul …“
Jenny nickte. „Der könnte das durchaus gewesen sein. Obwohl – so ein großes Großmaul ist er dann auch wieder nicht.“
„Ja, jetzt erinnere ich mich“, sagte der zweite Müllmann. „Das war vor zwei Tagen. Da stand so ein Sessel die Straße runter direkt neben den Mülltonnen. Und der Dicke saß dadrin und hat Comics gelesen. Als wir kamen, hat er wohl Schiss gekriegt, dass wir ihm seinen Platz an der Sonne streitig machen wollten. Wir hätten uns gar nicht groß drum gekümmert. Den Sessel hatte irgendjemand da in den Hof gestellt, keine Ahnung wer. Wir dachten zuerst, der Junge selbst, und hatten uns schon gewundert, warum er ihn sich direkt neben die Mülltonnen gerückt hatte. So toll riecht es da ja auch nicht immer.“
„Genau!“, fiel jetzt der starke Holger wieder ein. „Ich habe ihn noch gefragt, warum er sich keinen besseren Platz sucht, und da kamen seine Kumpels an!“
„Fußballkumpels?“, fragte Jenny.
„Ja, genau! Fußballkumpels. Der Dicke ist plötzlich aufgesprungen und hat gerufen, wir dürften den Sessel nicht wegwerfen, er bräuchte ihn als Torpfosten …“
„Der hatte wohl Schiss, dass seine Kumpels mitkriegen würden, dass er genau neben dem Müll seinen Lieblingsplatz hatte“, unterbrach ihn der andere Müllmann. „Und dann hat er plötzlich so getan, als ob wir ihm den Sessel wegnehmen wollten … Hätten wir natürlich nie. Denn, wie gesagt, das ist Sondermüll, den muss heutzutage jeder selbst entsorgen.“
„Früher war das anders“, erklärte der starke Holger. „Da standen an den Sperrmülltagen Möbel und jeglicher Krams auf der Straße und die Leute gingen vorbei und haben sich rausgesucht, was sie noch wollten. Manchmal waren das richtige Straßenfeste.“
„Cool“, meinte Jenny. „Da konnte sich jeder nehmen, was er wollte?“
„Ja“, sagte der kleinere Müllmann. „Aber das gibt es nicht mehr. Heute suchen sich nur noch die Müllmänner auf den Sonderstellen raus, was sie wollen, und verkaufen es dann.“
„Oder vor den Müllplätzen stehen irgendwelche Händler und quatschen die Leute an, dass sie ihnen ihre alten Möbel verkaufen“, fügte Holger hinzu. „Jetzt versucht jeder, sich was abzugreifen.“
„Und der Sessel?“, fragte Addi. „Was war jetzt mit dem?“
„Den hat der Junge tatsächlich weggeschleppt. Seine Kumpels fanden das sehr komisch. Aber er hat ihnen erklärt, sie würden alle so einen lahmen Fußball spielen, dass er schon immer einen Sessel als Pfosten gebraucht hätte, um sich von da das Spiel in Ruhe anzusehen …“
Die Müllmänner grinsten Jenny, Addi und Ağan an und wuchteten dann die Tonnen durch den Hausflur zu ihrem Müllwagen.
Eilig gingen ihnen die Freunde hinterher.
„Und wo war das denn nun?“, fragte Ağan aufgeregt.
„Na, dahinten, in einem Hof. Ich glaube, im dritten von der 63“, meinte der kleinere Müllmann. „Aber, sagt mal, was wollt ihr denn mit diesem Sessel? Der sah doch eher alt aus.“
„Wir haben ihn am Straßenrand gesehen“, erklärte Jenny. „Und jetzt versuchen wir, die Spur des Mülls durch die Stadt zu verfolgen. Wo kommt er her und wo geht er hin.“
„Irre“, sagte der starke Holger. „Das ist ja eine irre Idee. Das wüsste ich auch gerne mal von all den Dingen, die ich hier so durch die Straßen fahre. Ich meine, irgendwann ist das alles einmal mit viel Mühe hergestellt worden.“
„Und das hat ’ne Menge Geld gekostet“, fügte sein Kollege hinzu.
„Ja, Arbeit und Geld. Und am Ende landet alles hier in einer ollen Tonne und wird verbrannt … Echt super Idee, die ihr da habt, da wäre ich auch gern mal draufgekommen. Den Weg von all den Dingen von Anfang bis Ende. Und wir sind immer die Letzten, die alles noch mal sehen.“
„Ja“, meinte der zweite Müllmann. „Wir sind die Totengräber des Kapitalismus.“
„Des was?“, fragte Addi.
„Des Geldkreislaufs, wenn du so willst“, erläuterte Holger der Starke. „Am Anfang ist alles teuer und am Ende begraben wir es. So, Kinder, und jetzt müssen wir weiter.“
„Ja“, nickte der andere. „Die nächsten Gebeine
Weitere Kostenlose Bücher