Magier von Moskau
gequält hat. Sie hat meine Standhaftigkeit erprobt. Und ich habe die Prüfung bestanden. Lesen Sie – ›für gut befunden‹! Und ›berufen‹! Ich bin gekommen, um mich zu verabschieden und Ihnen ebensolchen Erfolg zu wünschen. Und ich möchte mich entschuldigen, daß ich manchmal unbeherrscht war. Denken Sie nicht schlecht von Saweli Papuschin, dem nichtswürdigsten aller irdischen Sünder. Das ist mein richtiger Name, wozu ihn noch geheimhalten, er wird ohnehin bald in den Zeitungen stehen. Durch Amnestie begnadigt! Gratulieren Sie mir, meine Herrschaften! Außerdem möchte ich Ihnen danken, verehrter Lehrer.« Er ergriff gefühlvoll Prosperos Hand. »Wären Sie nicht gewesen, so säße ich noch immer in der Irrenanstalt. Ich würde mich am Boden wälzen und jaulen wie ein Hund. Sie haben mir die Hoffnung zurückgegeben und mich nicht getäuscht! Danke!«
Caliban wischte sich mit seiner roten Pranke eine Träne weg und schneuzte sich gerührt.
»Darf ich mal.« Prospero nahm mit skeptischer Miene das Stück Papier und drehte es hin und her.
»Wenn schon prüfen, dann richtig«, sagte er nachdenklich und hielt den Zettel an eine Kerze.
Das Papier fing augenblicklich Feuer, wurde schwarz und rollte sich zusammen.
Caliban heulte auf: »Was haben Sie getan! Das ist eine Botschaft von der Ewigen Braut!«
»Man hat dich gefoppt, armer Caliban.« Der Doge schüttelte den Kopf. »Was soll der grausame Scherz, Herrschaften?«
|231| Caliban traten vor Entsetzen die Augen aus den Höhlen.
»Wie … Wie können Sie nur, mein Lehrer?«
»Beruhige dich«, gebot ihm Prospero streng. »Das ist nicht vom TOD geschrieben, sondern von einem Menschen. In alten Büchern steht ganz eindeutig, daß Briefe des Jenseitigen nicht brennen.«
Da wandte sich der Doge plötzlich an Colombina: »Du sagst, der TOD habe dir schon zweimal geschrieben. Hast du die Botschaften auf ihre Brennbarkeit geprüft?«
»Natürlich«, antwortete Colombina rasch, aber ihr Inneres verkrampfte sich.
Betrug, gemeiner Betrug! Einer von den Anwärtern hatte ihr die Zettel untergeschoben, um sie zu verhöhnen! Er hatte die beiden Dümmsten ausgewählt, sie und den Idioten Caliban.
Sofort wurde ihr siedeheiß von einem Verdacht. Sie warf Gorgo einen sengenden Blick zu – ob die griente. Gorgo antwortete mit einem Blick, in dem noch mehr Feindseligkeit brannte. Ah, damit hatte sie sich verraten!
Vor Kränkung und Enttäuschung biß sich Colombina auf die Lippe. Gemeines Aas!
Zumindest würde die Schurkin nicht wagen, es einzugestehen, denn dann würde Prospero sie mit Schimpf und Schande aus dem Klub jagen.
Colombina sah Gorgo direkt in die Augen und sagte herausfordernd: »Ich habe es mit dem Streichholz und mit der Kerze probiert – sie brennen nicht. Und meine Kobra« (sie faßte Luzifer, der es sich in ihrem warmen Dekolleté gemütlich gemacht hatte, am Hals und zeigte allen seinen rautenförmigen Kopf) »hat mit den Zähnen nach dem Papier geschnappt und ist entsetzt davongekrochen.«
Wenn schon lügen, dann richtig.
|232| »Ich hatte dich gebeten, das widerliche Reptil nicht mit hierherzubringen«, sagte Prospero und blickte voller Abscheu auf die Schlange. Er haßte sie seit jener ersten Nacht, als sie ihn in den Finger gezwickt hatte.
Colombina wollte für ihren Liebling eintreten, aber sie kam nicht dazu.
»Ihre Botschaft brennt nicht, und meine ist verbrannt?« stöhnte Caliban verzweifelt und brüllte dann derartig, daß die Kerzenflammen flackerten: »Das ist unfair! Ungerecht!«
Der vierschrötige Buchhalter schluchzte wie ein kleines Kind.
Während alle ihn trösteten, verließ Colombina leise das Haus.
Jetzt war es an ihr, in Tränen auszubrechen. Was für ein abscheulicher, schändlicher Scherz!
Dahin war die mystische Begeisterung der letzten Tage, das wohlige Stocken des Herzens und vor allem das Gefühl der Auserwähltheit.
Rache, die Seele dürstet nach Rache! Das Beste wäre, Caliban zu hinterbringen, wer von den Klubmitgliedern sich einen Spaß daraus macht, Botschaften zu verfassen. Caliban ist kein Gentleman und wird nicht lange fackeln. Er wird Gorgo das Fuchsschnäuzchen blutig dreschen. Die Nase müßte er ihr brechen oder einen Zahn herausschlagen – solchen Träumereien gab sich das erbitterte Fräulein hin.
»Mademoiselle C-Colombina!« ertönte hinter ihr eine bekannte Stimme. »Gestatten Sie, daß ich Sie begleite?«
Prinz Gendsi hatte wohl mit seinem übernatürlichen Scharfsinn erkannt, was für
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