Magierdämmerung 01. Für die Krone - Perplies, B: Magierdämmerung 01 Krone
»Ah, dann waren es also doch nicht das Opium und der Alkohol. Na, das beruhigt mich. Nach den Kopfschmerzen der letzten Nacht fragte ich mich schon, was für ein billiges Zeug man mir gestern Abend in Limehouse angedreht hat.« Er nickte. »Insofern – um Ihre Frage zu beantworten –, ja, ich habe es in der Tat gespürt, aber ich habe mitnichten die richtigen Schlüsse gezogen. Das wiederum dürfte dem Opium und dem Alkohol geschuldet sein.«
»Was halten Sie davon?«, fragte Randolph.
Sein Gegenüber zuckte mit den Achseln. »Im Moment noch gar nichts, um ehrlich zu sein. Schwankungen gibt es immer mal wieder. Vielleicht ist es dem Einfluss der Sonne geschuldet. Vielleicht stehen die Sterne gerade richtig. Hätte ich nur nicht diese Kopfschmerzen, dann fände ich es eigentlich mal ganz erfrischend, dass ein wenig anarchische Magie durch die steinernen Adern unseres freudlosen Londons rauscht.«
In einer lautlosen Bewegung sprang Watson zwischen ihnen auf den Tisch und gab ein unzufriedenes Miauen von sich. Jonathan hatte auf das unauffällige Tier überhaupt nicht mehr geachtet, und er zuckte leicht zusammen.
»Was sagst du?«, fragte Holmes und wandte der Geisterkatze fragend das Gesicht zu. »Oh, in der Tat, du hast recht. Wir kommen vom Thema ab.« Er klatschte in die Hände. »Zurück zu Dunholm! Was haben wir noch?«
»Ich habe hier etwas Ungewöhnliches«, sagte Randolph und griff in seine linke Manteltasche. »Doktor Westinghouse gab mir diese Kugel und meinte, sie stamme aus keiner gewöhnlichen Schusswaffe.« Er hielt das Projektil in die Höhe.
Jonathan konnte an dem silberfarbenen Geschoss von der Größe einer dicken Erbse nichts Besonderes entdecken. Umso überraschter war er, als er hörte, dass Holmes neben ihm geräuschvoll Luft holte. Er blickte zu ihm und sah, dass dessen Augen schreckgeweitet waren, während er die Hand ausstreckte. »Geben Sie mir das!«, forderte er.
Randolph gehorchte. »Können Sie damit etwas anfangen?«
Andächtig hob Holmes die Kugel vor die Augen und starrte sie an. Unvermittelt senkte er sie wieder und blickte sich um. Er ging um den Tisch herum und wühlte in einem Papierstapel, bis er ein kreisrundes Vergrößerungsglas mit einem Holzgriff gefunden hatte, das auch in das Arbeitszimmer seines literarischen Namensvetters gepasst hätte. Mit gerunzelter Stirn trat er zu einer der Lampen, die das Zimmer erhellten, und musterte das Geschoss. »Das kann doch nicht wahr sein …«
»He, Holmes! Was ist los?«, verlangte Randolph zu erfahren.
»Einen Moment«, entgegnete der Magier und stürmte aus dem Raum. Die beiden anderen hörten, wie er den Flur hinuntereilte und eine Tür aufriss. Es polterte, und Holmes stieß einen Fluch aus, der eines Gentlemans nicht angemessen war.
»Mister Holmes?«, fragte Jonathan vorsichtig, trat zur offenen Tür und lugte um die Ecke.
Er sah, dass die Tür am Ende des Korridors offen stand und Holmes dahinter gerade vom Boden aufstand, nachdem er offensichtlich über einen achtlos abgestellten Reisekoffer gestolpert war. »Alles in Ordnung, alles bestens«, rief er mit verkniffenem Lächeln, während er eine ins Gesicht gefallene Haarsträhne zurückstrich. »Ich bin gleich wieder bei Ihnen.« Er verschwand tiefer in den Raum hinein und öffnete etwas, das sich wie eine Schreibtischschublade anhörte, und im nächsten Augenblick war das geräuschvolle Rascheln von Papier zu hören. »Aha!«, schrie Holmes triumphierend, bevor er wieder im Türrahmen auftauchte und zu seinen Gästen zurückeilte. »Sehen Sie hier!« Er hielt ihnen eine zweite Kugel entgegen. Sie war der ersten täuschend ähnlich.
Randolph blinzelte verwirrt. »Wo haben Sie die denn her?«
»Aus meiner linken Schulter«, erklärte Holmes.
Nun blinzelte auch Jonathan verwirrt. »Ihrer Schulter?«
»So ist es. Genau dorthin schoss ein Mann sie mir vor sechs Jahren, der in einschlägigen Kreisen – und damit meine ich all jene Kreise, denen daran gelegen ist, unsereins tot zu sehen – als Der Franzose bekannt ist. Er ist ein Söldner, ein hoch bezahlter, weil bedauerlicherweise nicht weniger hoch talentierter Attentäter, der sich auf die Jagd nach Magieanwendern spezialisiert hat. Der Teufel allein weiß, was der Mann für ein Problem hat. Dunholm und ich sind ihm damals während einer … Reise nach Frankreich begegnet. Das spielt hier jetzt keine Rolle. Jedenfalls ist sein Markenzeichen – neben einem ganz furchtbar hässlichen Hut und einer Brille mit
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