Magierdämmerung 01. Für die Krone - Perplies, B: Magierdämmerung 01 Krone
gehörte zu den leichteren Übungen des Fadenwebens. Dort, zwischen den Dutzenden kleinen Ständen der Londoner Fleischhändler würde er sich verbergen und seinen Verfolgern auflauern.
Der Angriff kam ohne Vorwarnung. Unvermittelt fühlte er sich gewaltsam in die Höhe gerissen und zur gewölbten Decke der Grand Avenue hinaufgeschleudert. Der Hut flog ihm vom Kopf, und Dunholm schrie überrascht auf. Instinktiv streckte er die Hände nach beiden Seiten aus und ließ zwei dicke, schimmernde Fadenbündel daraus hervorschießen. Peitschenartig wickelten sie sich um die brünierten Metallarme der Laternen, und mit einer raschen Geste straffte Dunholm die Fäden wie ein Bergwanderer seine Sicherheitsleinen. Der Erste Lordmagier ächzte, als er mitten in der Luft zum Stehen kam.
Er blickte an sich hinunter und sah, dass sich ein Bündel starker Fäden um seinen Leib gewickelt hatte. Schlängelnd wie Otterngezücht versuchte es, ihn zu binden. Mit jahrzehntelang eingeübten Bewegungen verknüpfte er die beiden Haltestränge mit einem Arm. Dann löste er den anderen und durchtrennte mit flinken Fingern seine Fesseln. Es gab einen Ruck, und er stürzte dem Boden entgegen. Die Haltestränge gaben nach und entglitten seiner Linken. Geistesgegenwärtig packte Dunholm einen von der gusseisernen Bogenstrebe über ihm herabhängenden Faden, der ihn vor einem ohne Zweifel fatalen Sturz auf das Kopfsteinpflaster der Straße bewahrte. Es gelang ihm allerdings nicht ganz, die Wucht abzufangen, und er verzog vor Schmerz das Gesicht, als er mit seinem linken Fuß unglücklich aufkam und umknickte. Dunholm mochte ein Meister der Magie sein, aber er war auch ein alter Mann, dessen Körper Strapazen gleich welcher Art nicht mehr so gut wegsteckte wie noch vor fünfzig Jahren.
Er ging in die Hocke und zog die Fäden, die seinen braunen Wollsocken mit dem Knöchel verbanden, etwas fester, um diesen zu stützen. Gleichzeitig huschte sein Blick zu den Deckenträgern der Halle, denn da der Angriff von oben gekommen war, musste sich sein Gegner irgendwo dort aufhalten. Tatsächlich bemerkte er die charakteristische Fadenaura eines Mannes von mittlerer Größe, die sich, auf einem der Eisenträger liegend, im Schatten der gewölbten Decke verborgen hatte. Die Art, wie er die Fäden, die von Dunholms Blicken ausgingen, kokonartig um sich herumleitete, ließ darauf schließen, dass er sich in der Normalsicht in einen Schattenmantel oder gar einen Unsichtbarkeitszauber gehüllt hatte.
Eine Bewegung zur Linken erregte die Aufmerksamkeit des Ersten Lordmagiers, und er entdeckte eine zweite Silhouette direkt unter dem Dach. Er fluchte innerlich. Der Fallensteller hatte sich selbst in eine Falle gelockt. Offensichtlich war es alles andere als ein Zufall gewesen, dass er sich nur wenige Schritte vom Smithfield entfernt seiner Verfolger bewusst geworden war. Das gedämpfte Trappeln von Ledersohlen auf dem Kopfsteinpflaster in seinem Rücken kündete davon, dass auch sie jetzt jede Heimlichkeit aufgegeben hatten. Sie suchten die Konfrontation – hier und jetzt. Doch so leicht sollt ihr mich nicht haben.
All diese Gedanken waren ihm binnen eines Lidschlags durch den Kopf geschossen, und bevor auch nur einer der Unbekannten zu einem erneuten Angriff ansetzen konnte, klatschte Dunholm einmal kräftig in die Hände. Der helle Schlag, der durch die tunnelartige Grand Avenue hallte, erzeugte eine grelle Fadenexplosion in der Wahrsicht, die von dem Ersten Lordmagier durch einige rasche Gesten noch verstärkt wurde. Im Grunde handelte es sich um einen lächerlich einfachen Störzauber gegen Magieanwender, aber manchmal waren die einfachen Dinge die wirksamsten.
Im Schutz der entstandenen Unruhe hechtete Dunholm auf die vergitterte Tür zum Ostmarkt zu. Kurz wünschte er sich, er hätte die Zeit, um das Schloss zu knacken. Dann hätte er die Möglichkeit gehabt, die Tür anschließend wieder zu verriegeln und sich dadurch einen kleinen Vorsprung zu verschaffen. Doch die Angreifer waren keine Novizen mehr, und der Störzauber würde sie höchstens für Sekunden aufhalten. Daher entschied sich der Erste Lordmagier für die schnellere Lösung und riss die Tür mit magischer Gewalt einfach aus den Angeln. Geistesgegenwärtig nutzte er sie als Geschoss gegen seine unter der Decke kauernden Feinde. Es schepperte und krachte hinter ihm, während er durch den Eingang hastete, aber er hörte keine schmerzerfüllten Schreie, also ging er davon aus, dass er seine Ziele
Weitere Kostenlose Bücher