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Magierdämmerung 03 - In den Abgrund

Magierdämmerung 03 - In den Abgrund

Titel: Magierdämmerung 03 - In den Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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Erinnerungen und Talente sich auch irgendwie in seiner Fadenaura niederschlugen.
    »Was treiben Sie da, Sir?«, verlangte Robert zu wissen. »Spionieren Sie in unseren Köpfen herum? Das verbitte ich mir!«
    »Ganz ruhig, Robert«, sagte Jonathan. »Er betrachtet nur unsere Fadenauren. Das ist für Magier nichts Ungewöhnliches – wenngleich solch ein Blick schon ein wenig mehr über den Menschen preisgibt als das mit den gewöhnlichen Sinnen erfassbare Äußere.«
    »Es sei denn, der Magieanwender ist imstande, seine Fadenaura so zu manipulieren, dass man ihr nur wenig entnehmen kann«, schränkte der Holländer ein. »Oder gar Falsches.« Ein schmales Lächeln zeigte sich auf seinen Lippen.
    Jonathan erinnerte sich daran, dass Holmes während ihrer Gefangenschaft in der Lage gewesen war, Hyde-White zu täuschen. Wie es den Anschein hatte, war auch der Holländer dazu imstande. Jonathan sparte sich daher einen eigenen Blick in die Wahrsicht, zumal er ohnehin kaum Sinnvolles aus dem wimmelnden Chaos von Fäden, das jeden Menschen umgab, herauszulesen vermochte.
    »Na schön«, knurrte Jonathans Freund. »Wohl ist mir dabei trotzdem nicht. Es will mir scheinen, als würden Sie sich mit dieser Begabung uns gegenüber einen unsportlichen Vorteil verschaffen.«
    »Vielleicht, aber ich verwende ihn nicht gegen Sie, sondern in Ihrem Sinne.« Ihr Gastgeber blickte Jonathan an. »Ich denke, jetzt wäre der richtige Zeitpunkt, um Ihnen ein Mitglied meiner kleinen Mannschaft vorzustellen. Womöglich kann Meister Fu Ihnen helfen. Nach dem Essen dürfen Sie ihn kennenlernen.«
    »Das ist Meister Fus Kabine.« Der Holländer machte eine auffordernde Geste. »Gehen Sie ruhig hinein. Er erwartet Sie bereits.«
    Jonathan warf Kendra einen fragenden Blick zu und sah, wie sie entschlossen nickte. Er hob die Rechte und klopfte an die niedrige Holztür. Einen Moment später öffnete er sie und trat leicht gebückt ins Innere. Kendra folgte ihm. Robert hatte sich nach dem Essen zurückgezogen. »Ich bin kein Magier, zumindest noch nicht«, hatte er Jonathan unter vier Augen gesagt. »Verschwenden wir Meister Fus Zeit nicht mit einem blutigen Anfänger wie mir. Abgesehen davon fühle ich mich etwas unwohl. Nichts gegen die Küche unseres Gastgebers, aber einige der Speisen waren recht eigenwillig gewürzt.« Also waren Jonathan und McKellens Enkelin zu zweit dem Holländer in die Tiefen des Schiffsbauchs gefolgt, wo die Kabinen der Mannschaft lagen.
    Die Kammer des ominösen Meister Fu war ein länglicher Raum, der sich direkt an die bauchige Hülle des Schiffes schmiegte. Diese Vermutung legte zumindest die sanfte Neigung der rückwärtigen Wand nahe. Von einigen Kerzen abgesehen, die in tönernen Behältnissen brannten und kaum Licht spendeten, war der Raum in tiefe Schatten getaucht. Ein Geruch von Räucherwerk hing in der Luft, und von irgendwo zur Linken drang ein Geräusch an ihre Ohren, das an ein leise klirrendes Windspiel erinnerte, was insofern seltsam war, als dass das fliegende Schiff des Holländers vollkommen ruhig durch das Nebelmeer schwamm, in dessen Schutz es sich fortbewegte.
    »Meister Fu?«, fragte Jonathan. »Sind Sie da?«
    »Bin ich da, Sun Wukong?«, vernahmen sie eine Stimme mit unüberhörbar asiatischem Akzent aus dem Dunkel. »Ich weiß es nicht. Sagt Ihr es mir.« Der Mann, dem die Stimme gehörte – zweifellos Fu selbst – lachte leise.
    Kendra sah sich aufmerksam im Raum um. »Er versteckt sich irgendwo«, raunte sie Jonathan zu. »Er spielt mit uns.«
    Fu lachte erneut. Er schien gute Ohren zu haben. »Ah, Miss McKellen. Spiel ist die Art des Kindes zu lernen. Werden Sie wieder das Kind, das Sie waren, als Sie noch im Mondlicht Ihrer Heimat badeten.«
    »Er ist auch in unserem Kopf«, zischte Kendra, und Jonathan sah, dass sie die Fäuste ballte. »Lassen Sie das!«, schrie sie. Wutentbrannt wirbelte sie einmal im Kreis herum. Eine Stoßwelle aus unsichtbaren Fäden brandete durch den Raum, trieb Jonathan zwei Schritte zurück, löschte zwei der Kerzen aus und brachte die im Schatten liegende Einrichtung zum Wackeln. Ein kleiner pelziger Schatten flüchtete kreischend in eine dunkle Ecke, und das Windspiel klirrte, wie von einer kräftigen Brise erfasst.
    »Kendra, nein«, rief Jonathan, sprang hinzu und packte die junge Frau an den Schultern. »Er will uns doch nur helfen.«
    Ihr Gesicht ruckte zu ihm herum. In ihren Augen irrlichterte das gelbliche Feuer der Wahrsicht. Für einen kurzen Moment glaubte

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