Magiermacht (Mithgar 05)
Kelch.
Talarin stand auf und füllte ihre Becher neu. »Das ist unsere Geschichte«, meinte Tipperton, »und es ist eine traurige dazu. Wir haben unsere Ponys verloren, samt unserem ganzen Hab und Gut, und sind mehr als einmal so knapp dem Tode entronnen, dass ich lieber nicht mehr darüber nachdenken möchte.«
Talarin hielt kurz inne und hob eine Braue. »Dass Ihr überhaupt überlebt habt, zeugt von Eurer Klugheit. Denn zu Fuß durch den ganzen Ödwald zu reisen, in diesen Zeiten, und dieses Abenteuer ohne eine starke Eskorte zu bestehen, grenzt nahezu an ein Wunder.«
»Adon muss seine Hand dabei im Spiel gehabt haben«, meinte Rael.
»Allerdings«, bestätigte Tipperton.
»Heda, wo wir gerade von Adon sprechen«, meinte Beau. »Was hat es eigentlich mit diesem Gyphon auf sich? Wer ist dieser Modru und warum zieht er gegen Hochkönig Blaine in den Krieg?«
Alle sahen Talarin an, doch der richtete seinen Blick auf Rael. »Chieran?«
Rael holte tief Luft. »Ich werde Eure letzte Frage zuerst beantworten, Herr Beau, und Eure erste zuletzt.«
Sie wartete, bis Talarin ihren Kelch gefüllt hatte. Während dessen murmelte Loric: »Macht es Euch bequem, meine kleinen Freunde, denn die Geschichte der Kristallseherin könnte recht ausführlich werden.«
Tipperton schaute verwirrt von Loric zu Rael, aber bevor er etwas sagen konnte, begann sie zu sprechen.
»Modru ist das, was manche einen Schwarzen Magier nennen …«
»Huh!«, fiel Beau ihr ins Wort. »Das klingt ja unheimlich.«
Rael nickte.
»Was genau ist denn ein … Schwarzer Magier?«, fragte Tipperton neugierig.
»Einer, der seine magische Kunst dem Bösen weiht«, antwortete Rael. »Der sie pervertiert und mit allen Mitteln, ob gut oder schlecht, seine eigenen Gelüste zu befriedigen sucht. Vielleicht das deutlichste Kennzeichen eines Schwarzmagiers ist seine vollkommene Missachtung der Bedürfnisse anderer, es sei denn, sie dienen ihm selbst und seiner Gier nach Herrschaft über alle anderen Lebewesen.«
»Meiner Treu!«, stieß Beau hervor.
»Gibt es viele Schwarze Magier?«, wollte Tipperton wissen.
Rael senkte den Kopf. »Dara Arin hat mir einst erzählt …«
»Dara Arin?«, unterbrach Tipperton sie. »Die Lady Arin aus den Balladen? Lady Arin, die mit Egil Einauge reiste und den Grünen Stein von Xian suchte?«
Rael setzte schon zu einer Antwort an, aber Loric mischte sich ein. »Kleiner Mann, wenn Ihr weiter so viele Zwischenfragen stellt, könnte es bis zum Ende des Frühlings dauern, bis die Kristallseherin ihre Geschichte beendet hat.«
Tipperton sah Beau an, der mit Daumen und Zeigefinger eine Bewegung machte, als würde er seine Lippen zuknöpfen. Danach drehte sich der Müller zu Rael herum und sagte: »Loric hat recht, Milady. Bitte sprecht weiter. Wir werden versuchen, Euch nicht weiter zu unterbrechen.«
Rael lächelte. »Gut, aber diese eine Frage werde ich noch beantworten, kleiner Mann. Dara Arin ist tatsächlich die Lady aus den Balladen, die gemeinsam mit ihren Gefährten den Grünen Stein gesucht hat, den Drachenstein mit den ungeheuren Kräften. Bei dieser Suche fand sie auch heraus, dass es eine Vielzahl Schwarzer Magier in Mithgar gibt, obwohl sie nicht sagen konnte, wie viele es genau sind.
Doch wie dem auch sei, Modru ist gewiss einer von ihnen. Er hockt wie eine schwarze Spinne in seinem kalten Eisenturm in Gron und sucht, die Herrschaft über die Welt zu erringen. Jedenfalls glauben wir das.
In den vergangenen paar Jahreszeiten, so nehmen wir an, hat er finstere Kreaturen um sich gesammelt, die Rûpt, wie wir sie nennen, die durch die Zwischenwelt hierher gelangen. Sie stammen aus Untargarda, und der Eisenturm ist einer der wichtigsten Übergangspunkte zwischen der Neddra und Mithgar, oder zumindest glauben wir das. Im Ödland scheint sich allem Anschein nach ein weiterer Übergangspunkt zu verbergen.« Rael hielt inne, weil die beiden Bokker sie verwirrt anschauten.
»Ihr habt noch weitere Fragen?«
Beau nickte Tipperton zu und tat, als knöpfte er seine Lippen wieder auf. »Diese ›Untargarda‹ und diese ›Übergangspunkte‹ und die ›Zwischenwelt‹, Lady Rael«, sagte der Heiler. »Ich weiß ungefähr, worüber Ihr redet, aber nur vage. Könntet Ihr es uns genauer erklären?«
»Ich würde es auch gern wissen«, meinte Tipperton. »Mein Vater hat mir ein bisschen darüber erzählt, aber er wusste selbst nicht viel. Allerdings hat er behauptet, das Gezücht käme von der Neddra, von unten, die Elfen
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