Magietochter
die Idee kam vor ihr davonzulaufen. Es waren zwei Eisenringe,
die mit einer dicken Kette miteinander verbunden waren. Beim Anlegen hatte
Belladonna die Ringe absichtlich zu fest um meine Hände gezogen, sodass meine
Haut sie bei jeder Bewegung berührte. Mittlerweile hatten sie sich tief in
meine Handgelenke gefressen.
Während ich tagsüber Belladonnas Aufgaben erledigte, ließ sie mich
nachts in den Kerker sperren. Es war ein kleiner, feuchter Raum, ohne Licht
oder eine Schlafmöglichkeit. An den Wänden und in den Ecken hatte sich durch
die Feuchtigkeit eine dicke Schimmelschicht gebildet. Ich bekam jedoch nicht
nur wegen der Kälte kaum Schlaf, sondern musste mich auch vor den Ratten
schützen die mich fast jede Nacht besuchten und sich über ein frisches Stück
Fleisch freuen würden.
Es war nicht nur im Kerker, sondern auch im restlichen Teil des
Palastes ziemlich kalt, doch Belladonna gab mir nur ein altes, verschmutztes
Gewand, dass gerade noch meine Knie verdeckte und dünne, ausgelaufene Schuhe,
die mir gerade bis zu den Knöcheln gingen.
Obwohl ich mich erst seit einigen Tagen wieder in Belladonnas Fängen
befand, hatte ich viel Gewicht verloren. Ich bekam einmal am Tag ein hartes
Stück Brot und etwas Wasser, weshalb mein Körper mittlerweile sehr abgemagert
aussah. Durch Zufall hatte ich mein Gesicht in einem Spiegel erblickt und mich
kaum wiedererkannt.
Meine Haut hatte eine gräuliche Farbe und dunkle Ringe prangten unter
meinen Augen, die viel zu tief in den Augenhöhlen lagen. Sie wirkten matt und
gebrochen. Meine Lippe war geschwollen und aufgeplatzt und an meiner Stirn und
meiner Wange waren grünliche und bläuliche Verfärbungen zu sehen. Ich war am
ganzen Körper verdreckt und meine Haare waren verknotet und standen wirr vom
Kopf ab.
Ich hatte mich abgewandt und obwohl ich meine Freunde vermisste, war
ich froh, dass sie mich in diesem Zustand nicht sehen konnten. Seit ich mit
Timono mitgegangen war, hatte ich nichts von ihnen gehört und versuchte so
weinig wie möglich an sie zu denken, was mir leider teilweise nicht gelang. Und
doch hatte ich mich langsam damit abgefunden sie nicht wiederzusehen, obwohl
ich wusste, dass wenn Kalon seine Pläne verwirklichen wollte, ich wenigstens
Liv und Eldoras noch einmal sehen musste.
Je mehr Zeit verstrich, desto unruhiger wurde ich. Morgen war die
Vermählung von Kalon und Belladonna und ich fragte mich nicht zum ersten Mal
wie lange Kalon sich noch zurückhalten würde und wie genau sein Plan aussah.
Immerhin ging er ein gewisses Risiko ein, wenn er mich wieder mit meinen
Freunden zusammenbringen würde, wo er doch wusste, welche Macht ich benutzen
konnte, sobald sie in meiner Nähe waren.
Ein lautes Klopfen an der Tür riss mich aus meinen Gedanken. Hastig
legte ich den Putzlappen zur Seite und eilte zur Tür, wobei die Kette wieder
jenes unheimliches Klirren von sich gab an das ich mich fast schon gewöhnt
hatte. In der Annahme es sei eine der Schneiderinnen für die Vermählung oder
einer der anderen Diener, die Belladonnas Schmuck hereinbringen wollten, öffnete
ich die Tür.
Und erstarrte.
Ohne meinen Blick zu heben wusste ich sofort wer dort stand. Ich
vernahm den Geruch von Wald und Leder und blickte auf die mir bekannten
Lederstiefel. Mein Herz schlug mir plötzlich bis zum Hals und ich war unfähig
mich zu rühren.
Meine ausdruckslose Maske bröckelte unter dem Gefühlssturm der in mir
tobte. Ich war so erleichtert ihn zu sehen und doch wollte ich nicht, dass er
mich so sah. Ich wollte ihm in die Arme fallen und gleichzeitig davonlaufen. Erleichterung
und Angst packten mich gleichermaßen. Warum war er hier? Wo waren die anderen?
Als ich es nicht mehr aushielt blickte ich zu ihm auf und bereute es
sofort.
Er sah noch genauso aus wie ich ihn in Erinnerung hatte, die zerzausten
schwarzen Haare, die grünen Augen, sein gebräuntes, markantes Gesicht und seine
weichen Lippen. Ich hatte mich vor einem mitleidigen oder entsetzten Blick
gefürchtet, doch stattdessen betrachtete er mich wie ein widerwärtiges Insekt,
dass er jeden Moment zerquetschen wollte.
Ehe ich darauf reagieren konnte, stand Belladonna hinter mir und stieß
mich unsanft zur Seite, sodass ich auf dem Boden landete. Schmerz durchzuckte
mich, doch er war nichts im Vergleich zu dem Schmerz, den mir Kogans abfälliges
Schnauben zufügte, als er mich dort am Boden liegen sah. Mein Inneres zog sich
Schmerzhaft zusammen und ich war so verwirrt, dass ich einige Sekunden
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