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Magische Insel

Titel: Magische Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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nochmals von Anfang an beginnen oder mich in den Hintern beißen sollte. Mindestens ein halbes Jahr hatte ich die Antworten auf viele meiner Fragen im Tornister herumgeschleppt. Natürlich setzte das voraus, dass das Niedergeschriebene irgendeinen Sinn ergab und dass man ihn tatsächlich anwenden konnte. Doch weder biss ich mich in den Hintern, noch fing ich am Anfang an. Stattdessen vertiefte ich mich in den Abschnitt über das Heilen, da ich mich nicht langweilen wollte.
    Nicht nur die Worte ergaben Sinn, sondern auch die Gedanken. Ich verstand nach und nach, was tatsächlich geschehen war, als wir die Schafe untersucht hatten, und was Justen mit seinen Bemerkungen über die Wichtigkeit der inneren Ordnung des Körpers gemeint hatte.
    »Du prüfst also endlich nach, ob das Buch einen Sinn ergibt.«
    Ich sprang beinahe vom Bett hoch, als der Graue Magier die Tür öffnete. Erst jetzt merkte ich, wie spät es war. Die Kerze war beinahe niedergebrannt. Mein Genick fühlte sich ganz steif an, so lang hatte ich mich in den Text über das Heilen vertieft.
    »So weit bist du schon?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich habe über das Heilen gelesen«, bekannte ich.
    »Die Einleitung war zuviel für dich, nehme ich an.«
    »Nein … ich habe es dreimal versucht, aber auch nach einem halben Jahr ist sie immer noch langweilig.«
    Justen gähnte und streifte die Tunika ab. »Blättre zurück, wenn du irgendwie kannst. Ich habe es nicht getan und bezahle dafür noch heute teuer.« Er drehte mir den Rücken zu und zog die Stiefel aus. »Zeit zu schlafen.«
    Ich schloss das Buch und zog ebenfalls die Stiefel aus.
    Nach den langen Tagen im Sattel und dem angestrengten Lesen dachte ich, ich schliefe in dem bequemen Bett sofort ein.
    Aber … die Dinge arbeiteten in meinem Hinterkopf. Warum hatten Justens Erklärungen nicht all meine Fragen beantwortet? Dann waren da noch Tamra und Krystal. Von Krystal hatte ich gehört, aber eigentlich hätte Tamra viel mehr auffallen müssen. Irgendwie hätte ich etwas über sie hören müssen … irgendwie …
    Ich konnte nicht glauben, dass sie einfach verschwunden war; aber in Candar verbreiteten sich Neuigkeiten nicht gerade wie ein Lauffeuer von einem Herzogtum ins nächste.
    Irgendwann schlief ich ein … und blickte in die Dunkelheit … bis ich schauderte … ein eiskalter Schauder …
    Ich wollte mich auf die Seite drehen, aber ich konnte mich nicht bewegen.
    Weiß!
    Ein weißer Nebel umwirbelte mich so dicht, dass ich nichts zu erkennen vermochte und mich nicht bewegen konnte. Ich konnte nicht sprechen; ich war irgendwo im Nichts gefangen, in einem Nichts, das grell leuchtete und meine Gedanken versengte.
    Du hast versprochen … Die Worte hallten lautlos durch meinen Kopf, aber ich vermochte nicht zu antworten, nicht zu sehen, obgleich ich mich innerhalb meines Schädels drehte und wendete. Doch die Person, welche die Weiße spürte, war nicht ich, obgleich mir das Gefühl sehr vertraut war.
    Träumte ich? Oder hatte Justen mich wieder in dieses weiße Gefängnis gesteckt? Ich konnte nicht einmal meine Arme sehen, sie auch nicht bewegen, ja, nicht einmal spüren, ob sich meine Muskeln bewegten. Trotzdem war ich nicht in meinem Bett – das wusste ich genau.
    Du hast versprochen, mir den Weg zu zeigen … den Weg … den Weg …
    In dem weißen Nebel, der meinen Verstand auszublenden drohte, tauchten plötzlich gelbe, rote, blaue und violette Strahlen auf, die mich durchbohrten, mir einen Gedanken nach dem anderen raubten …
    Die Tür schloss sich, und die Weiße war verschwunden.
    Schweiß strömte über meine Stirn, als ich mich in der sauberen Dunkelheit aufsetzte.
    »Du hast versprochen …« Unausgesprochen hallten die Worte in meinem Kopf wider. Irgendwie klang die Stimme vertraut. Aber ich hatte nie etwas versprochen. Ich hatte nicht einmal an ein Versprechen gedacht.
    Dann wusste ich plötzlich, warum mir die Worte vertraut waren. Mein Magen verkrampfte sich. Ich hoffte, alles sei nur ein Traum gewesen und Tamra nicht in der gleichen weißen Hölle gefangen, die Justen mir soeben gezeigt hatte. Aber ich war nicht sicher. Überhaupt nicht sicher.

 
XXXV
     
    V Vhiiiiihaaa …
    Gairloch wieherte empört, als ich nach dem Frühstück, das aus drei überteuerten aufgebackenen Maisbrötchen bestand, die ich neben den beiden verkaterten und finster dreinschauenden Kavalleristen verzehren musste, bei ihm vorbeischaute. Wie üblich war Justen nirgends zu entdecken. Er war bei

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